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Albert Hammond Eine Woche Chili von Johnny Cash

Hit-Schreiber und Sänger Albert Hammond tritt am 26. Oktober in Magdeburg auf. Vorher traf die Volksstimme ihn zum Interview.

Von Elisa Sowieja 19.10.2016, 01:01

Albert Hammond bastelte Hits für Whitney Houston, Tina Turner und Joe Cocker. Nun singt er sie selbst auf Tour, auch in Magdeburg. Zum Volksstimme-Interview mit Elisa Sowieja kommt er in Jeansjacke und Chucks. Passend zum Lässig-Look plaudert er über Songideen auf dem Flugzeugklo und die Kochkünste von Johnny Cash.

Volksstimme: Mister Hammond, wie fühlt es sich an, wenn Sie im Radio Whitney Houston mit „One Moment In Time“ hören?

Albert Hammond: Ich sitze im Auto, schalte das Radio an und auf einmal singt diese großartige Künstlerin deinen Song. Das fühlt sich wundervoll an.

Auch nach so vielen Jahren?

Das Lied und die Performance berühren mich bis heute. Ich erinnere mich noch, wie ich ihre Version des Songs zum ersten Mal gehört habe: Mir kamen die Tränen. Denn als ich das Lied schrieb, hatte ich eigentlich einen männlichen Sänger im Kopf. Ich dachte an Elvis Presley. Immer, wenn ich es heute höre, habe ich dieses Gefühl, als hätte ich Tränen in den Augen – auch, wenn ich es selbst auf der Bühne singe.

„One Moment In Time“ läuft bis heute im Abspann der deutschen TV-Show „Schlag den Star“. Wie schreibt man Songs, die auch nach fast 30 Jahren noch modern sind?

Das weiß ich nicht. Ich sage immer, Songs sind wie Kinder. Manche entwickeln sich besser als andere. Du liebst sie alle, und du gibst dir mit allen Mühe, aber du weißt nicht, welche besonders gut werden.

Wie lange haben Sie an diesem Lied gearbeitet?

Daran geschrieben habe ich an einem Tag eine halbe Stunde und an einem anderen Tag noch mal zehn Minuten. Die Inspiration dauert manchmal nur 20 Sekunden. Dann muss man sofort aufnehmen, was man im Kopf hat, ansonsten vergisst man es wieder.

Brauchen Sie zur Inspiration einen besonderen Ort?

Das funktioniert überall. Ich habe auch schon einen Song auf einer Flugzeugtoilette geschrieben. Ich sang damals in mein Handy. Danach öffnete ich vorsichtig die Tür und schaute, ob mich irgendwer gehört hat – es hat wohl keiner gemerkt.

Was inspiriert Sie?

Das Leben. Das Gute und das Schlechte. Du gehst zum Beispiel ins Internet und siehst, was einige Menschen Tieren antun. Das macht dich traurig. Ein Maler würde dann malen. Ich schreibe – nicht über Tiere, sondern über mein Gefühl.

Nicht jeder kann aus Gefühlen Hits machen. Ist das auch Übungssache?

Nein. Ich denke, es ist eine Gabe. Ich fühle, dass mich etwas beschützt und leitet. Ich nenne es meinen Schutzengel.

Vielen Stars, für die Sie Songs geschrieben haben, sind Sie auch begegnet. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Als Berufsmusiker geht es eher darum, wie man miteinander zurechtkommt. Besonders stimmte die Chemie zum Beispiel bei Tina Turner, Johnny Cash und Neil Diamond.

Erinnern Sie sich an eine besonders witzige Situation mit einem Sänger?

Ja, mit Johnny Cash. Ich hatte ihm einen Song geschrieben und er bat mich, mit ihm nach Nashville zu fliegen, um ihn zu produzieren. Er sagte, er würde dort für mich kochen. Allerdings beherrschte er nur ein Gericht – Chili con Carne. Also habe ich eine Woche lang nur Chili con Carne gegessen.

Hat‘s denn wenigstens geschmeckt?

Es war wunderbar. Aber Chili con Carne zum Frühstück, Mittag und Abendbrot – das ist schwierig.

Sie sind nicht nur Songschreiber, sondern auch Sänger. Gibt es ein Lied aus Ihrer Feder, das Sie im Nachhinein gern selbst gesungen hätten?

Nein. Ich singe die Songs ja jetzt auf meiner Tour, und ich habe sie vor kurzem für ein Album eingesungen.

Aber Sie hätten damals den Ruhm einheimsen können.

Ich hätte auch scheitern können. Man braucht nicht all den Erfolg für sich. Ich finde es großartig, dass Künstler mit meinen Songs Erfolg haben und dass Hunderte Millionen Menschen meine Lieder mögen. Menschen Freude zu bereiten, ist das Wunderbarste, was man im Leben machen kann.

Sie standen jahrzentelang nicht auf der Bühne. Warum sind Sie zurückgekehrt?

Früher hatte ich es satt, auf Tour zu gehen. Vor ein paar Jahren hatte ich es satt, zu Hause zu bleiben. Es war schon etwas verrückt für einen 70-jährigen Mann, nach fast 40 Jahren auf die Bühne zurückzukehren. Aber ich wollte sehen, wie es sich anfühlt. Und wissen Sie was? Ich mag es so sehr, dass ich nicht mehr aufhören möchte. Ich liebe das Lächeln der Fans. Außerdem hält mich das Tourleben jung.

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an deutsche Fans denken?

Nach meinen Konzerten warten die Leute draußen in der Kälte, nur um mich zu umarmen. Und zwar nicht, weil ich ein berühmter Typ bin, sondern weil ich den Soundtrack ihres Lebens geschrieben habe.

Singen Sie in Ihren Konzerten eigentlich mehr eigene Hits wie „It Never Rains In Southern California“ oder mehr Songs, die Sie für andere geschrieben haben?

Das hält sich die Waage. Wenn ich nicht wie jetzt mit dem Orchester, sondern mit meiner Band auf Tour bin, hängt es immer auch vom Publikum ab. Dann wähle ich spontan aus einer Liste mit rund 70 Songs aus.

Francis Rossi von Status Quo sagte mir mal im Interview, er überlege, bald nur noch Akustik-Konzerte zu geben, weil er dann die meiste Zeit sitzen könne. Sie sind jetzt 72. Denken Sie auch über Stühle auf der Bühne nach?

Wenn ich mit dem Orchester auftrete, habe ich einen Hocker, zum Beispiel für Balladen. Aber in Shows mit der Band sitze ich gar nicht. Im Moment bin ich ziemlich fit. Ich laufe zehn Kilometer in 50 Minuten. Wenn ich das, was ich tue, bis zum Lebensende weitermachen kann, bin ich der glücklichste Mann der Welt.

Am 26. Oktober spielt Hammond mit dem Leipziger Symphonieorchester im Amo Magdeburg.