1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Klemke-Schau in Stendal

Ausstellung Klemke-Schau in Stendal

Werner Klemke gilt als der wichtigste Buchgestalter der DDR. Eine Schau in Stendal zeigt sein Schaffen.

Von Claudia Klupsch 22.08.2016, 23:01

Stendal l Das Stendaler Winckelmann-Museum schafft es immer wieder, mit bemerkenswerten Ausstellungen aufzutrumpfen. Derzeit rückt es den national wie international geschätzten Illustrator und Grafiker Werner Klemke in den Mittelpunkt. Mit dieser Schau prescht das Museum voran, den Künstler anlässlich seines 100. Geburtstages im kommenden Jahr zu würdigen.

Werner Klemke gilt als der wichtigste Buchgestalter der DDR. „Er bezeichnete sich als Gebrauchsgrafiker und war stolz darauf“, so Kuratorin Agnes Kunze. Ein Kunststudium hatte der Krieg verhindert. In dunkelsten Zeiten nutzte er sein Talent, um 300 holländischen Juden Ausweispapiere zu fälschen. Er selbst sprach nie von diesen Rettungstaten. Nach dem Krieg fand er den Weg zur Buchgestaltung. Zeitzeugen erinnern sich an einen „Büchernarr“, der im Besitz einer gewaltigen Bibliothek mit kostbarsten Bänden war. Die Bücher-Leidenschaft entwickelte Klemke zur beruflichen Obsession in positivem Sinne.

Der künstlerische Nachlass des 1994 verstorbenen Künstlers ist gigantisch. Er hat 800 Bücher mit 10 000 Illustrationen bebildert. Neben Bücherillustrationen schuf er über 300 Plakate, hinzu kommen Exlibris, Plattencover, Postkarten und Briefmarken. Er arbeitete für Zeitschriften und in der Werbung.

Klemke – das ist Masse mit Klasse, Quantität und Qualität gleichermaßen. Viele seiner Bücher erhielten Preise, wurden „schönste Bücher des Jahres“. Er muss ein Arbeitstier gewesen sein. Kuratorin Agnes Kunze verrät, dass so mancher Auftraggeber ungeduldig an der Türe wartete, während Klemke drinnen das Kunstwerk noch fertigzeichnete.

Die Stendaler Ausstellung setzt sich zusammen aus privaten Leihgaben und Exponaten der Pirckheimer Gesellschaft, einem Zusammenschluss von Buchkunstfreunden, dessen Mitbegründer Klemke war. Wer den Ausstellungsraum im Museum betritt, begibt sich auf Wiederentdeckungs-Reise. Werner Klemke hat mit Vorliebe Bücher aus dem Kinderbuchverlag der DDR illustriert.

Der dicke Wälzer der Grimmschen Märchen, der in keinem Haushalt fehlen durfte, ist dabei – um die 30 Mal aufgelegt und in sechs weiteren Ländern erschienen. „Hirsch Heinrich“, „Bootsmann auf der Scholle“ und „Das Wolkenschaf“ sind weitere bekannte Titel mit den fröhlichen Klemke-Zeichnungen. Die gute alte Fibel aus den 70er-Jahren – auch sie findet sich in einer der Vitrinen. Ebenso machte Klemke Russisch- und Mathe-Lehrbücher für Schüler freundlicher.

Eine Augenweide sind die illustrativen Meisterwerke zu Werken der Weltliteratur, so etwa zu „Bekenntnisse des Felix Krull“ und „Decamerone“, zu Werken von Kleist, Kästner und Brecht, von Diderot, Balzac und Voltaire. Auch fremdsprachige Ausgaben können Besucher in Augenschein nehmen.

Das Museum zeigt legendäre Umschläge der Zeitschrift „Das Magazin“, für die Werner Klemke 1955 bis 1990 die Titel zeichnete. Wo nahm er nur all diese Ideen her? Und dieser feine Humor! 423 Coverbilder sind insgesamt zu zählen.

Obwohl ein „Grafikselbstlerner“, zeichnete den Künstler das meisterhafte Beherrschen seines Handwerks aus. Er wendete unterschiedliche Techniken an – einfache Zeichnungen mit Stift oder Feder bis hin zum Aquarell, er griff zu Tusche, Wachs- und Filzstiften. Das Winckelmann-Museum gibt Einblicke in die aufwändige Holzschnittkunst Klemkes. „Er sagte, er würde sogar für den Genuss bezahlen, in Holz stechen zu dürfen“, weiß Agnes Kunze. Unerschöpflich sind seine Bildideen in bunten Farben, aus vielen blickt Schalk und geistreicher Witz.

Bereits in seiner Schulzeit ließ sich Werner Klemke von der Welt der Antike inspirieren. Er bemerkte oft über sich: „Eigentlich bin ich ein alter Grieche“, was bestens als Ausstellungstitel im Winckelmann-Museum passt.

So sind etwa Illustrationen aus Petronius sowie Theaterpublikationen zu „Androklus und der Löwe“ und zu „Der Raub der Sabinerinnen“ zu sehen. „Das Werk Klemkes gleicht einem Ozean“, bemerkte ein Freund des Künstlers. Bis Ende Oktober besteht die Möglichkeit, einen kleinen Teil davon zu sehen.