1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Mit dem Kühlschrank zu Luther

Kabarett Mit dem Kühlschrank zu Luther

In Magdeburg hat die Freilufttheatersaison begonnen. Am Donnerstag startete das Kabarett „… nach Hengtsmanns“ in die Saison.

Von Klaus-Peter Voigt 09.06.2017, 23:01

Magdeburg l Kultur pur im Technikmuseum der Landeshauptstadt. Vor dem Besuch des Programms der Hengstmänner gibt es stets ausreichend Zeit für einen Exkurs in die Historie von Fahrzeugen, Maschinen und anderen Exponaten. Das wird gern genutzt, die Symbiose zwischen Bühne und Museum funktioniert bereits zum achten Mal. Gewiss gibt es schönere Spielplätze. Doch dieser Charme des alten Produktionsgebäudes und der Staffage aus den Brettern, die die Welt bedeuten, Dampflok, einem DDR-Wohnwagen als Sitz der Technik sowie anderem Zubehör hat etwas für sich. Ein Vorteil der Spielstätte auf Zeit ist die Unabhängigkeit vom Wetter. Die Zuschauer sitzen unter einem mächtigen Vordach, da kann selbst ein heftiger Platzregen keine Vorstellung verhindern.

„Die Zeitmaschine“ haben die Macher das diesjährige Sommer-Open-Air-Kabarettstück genannt. An der Definition des Projektes wird deutlich, dass hier das klassische politisch-satirische Kabarett ein Stück weit in den Hintergrund tritt. Die Hengstmänner, Vater Frank mit beiden Söhnen Sebastian und Tobias, setzen auf ein gerüttelt Maß an Slapstick. Sie erzählen stets eine skurrile Geschichte, lassen die Musik nicht zu kurz kommen. Texte und Noten werden in der Dreierbande erstellt. Opulent ist die Handlung, sparsam die Ausstattung. Man glaubt gar nicht, was man alles nicht braucht. Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr ein schlichter Kühlschrank, der Zeitreisen ermöglicht. Dazu kommen herrliche Kostüme, die die vielen Verwandlungen sichtbar machen.

Regisseur Bernd Kurt Goetz setzt auf Tempo. Die sechs Akteure rasen regelrecht durch die Handlung, schnelle Wechsel und überraschende Szenen kommen an. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die drei Hengstmänner, die sich konsequent ihren Vorzeigefiguren Manni Fest (Frank Hengstmann), Matze (Tobias Hengstmann) und Malte (Sebastian Hengstmann) widmen. Während Manni und Matze im feinsten Magdeburger Dialekt agieren, gibt Matze den intellektuellen Langzeitstudenten. Die drei beweisen Wortwitz, herrliche Pointen und Spielfreude während ihrer Suche nach der plötzlich verschwundenen Elbestadt. Wo ist sie hin? Klaus Schaefer als verwirrter Professor Eusebius Harn von Stein steckt dahinter. Er schaffte es auch, Telemann (Marie Matthäus) und Luther (Christian Karius) in die Gegenwart zu holen. Bei seiner persönlichen Zeitreise kommt Manni nach Texas, hofft dort den Indianer-Häuptling Tokei-ihto zu finden, und schließlich auf das Raumschiff „Sonderpreis“.

Marie Matthäus, der „Neuzugang“ beim diesjährigen Sommerspektakel, beweist eine sehenswerte Wandlungsfähigkeit. Ihre fraulich betonte Miss Kitti im Westernsaloon und die herrische Tamara Jagelovskaja, die sich von Bord des Raumschiffs „Orion“ in den falschen Film beamte, setzen Glanzpunkte des Abends.

Insgesamt ein unterhaltsamer Abend, der gerade im ersten Teil auch noch aktuelle Politik satirisch einbezieht und dort den meisten Tiefgang beweist. Dann steht Unterhaltung mit ein wenig – positiv verstanden – Klamauk im Mittelpunkt. Sehenswert, wie die Hengstmänner am Premierenabend kleine Textaussetzer überspielten und improvisierten. Das Publikum sparte schließlich, zufrieden mit der Inszenierung, nicht mit Beifall.