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Leipziger Kunsttempel mit Superlativ Ein Riesengemälde zum Jubiläum

2004 bekam das Museum der bildenden Künste Leipzig ein modernes Domizil.
Der Beton-Stahl-Glas-Kubus in der City brachte ihm mehr Aufmerksamkeit.
Nun lockt zusätzlich eine Kunst-Attraktion.

06.12.2014, 01:03

Leipzig (dpa) l Ein Himmel zum Jubiläum: Besucher des Museums der bildenden Künste Leipzig (MdbK) brauchen ab sofort starke Nackenmuskeln. Das jüngste Werk des Malers Ben Willikens überspannt in rund 17 Metern Höhe ein Foyer des Kunsttempels.

Der 75-Jährige hat das mit 462 Quadratmetern überdimensionale Deckengemälde für seine Geburtsstadt geschaffen, ein schwäbischer Unternehmer stiftete es zum zehnjährigen Jubiläum des Museumsneubaus. Das "Leipziger Firmament" zeigt einen Blick in den Himmel und Ergebnis der Auseinandersetzung des Künstlers mit seinem Leben und Schaffen.

Willikens erlebte als Kind 1943 die Bombardierung der Stadt, 1947 ging die Familie in den Westen. Die Erinnerung sei eine "schwere Hypothek" bei der Schaffung des Deckengemäldes gewesen, sagt der 75-Jährige. "Eine Herausforderung."

In dem Spätwerk finden sich auch Zitate früherer Werke: die Bahnhofsuhr aus einem Triptychon von 1972, der weiße abstrahierte Wolkenkratzer bezieht sich auf die schwebenden weißen Fensterscheiben aus der Hommage an El Lissitzkys Hygieneraum (2002) und das Abendmahl ist das Zitat einer späteren Version dieses Themas von 2009.

Das aus 38 mit Acryl bemalten Aluminiumplatten bestehende Bild lockte schon vor der offiziellen Übergabe mehr Besucher an, darunter viele nicht kunstaffine, wie ein Museumssprecher sagte. Damit das Bild in Ruhe betrachtet werden kann, wurden Liegen angeschafft. "Und es kostet keinen Eintritt." Museumsdirektor Hans-Werner Schmidt hält den jüngsten Neuzugang für "unvergleichbar" und spricht von "wunderbarer Fügung". Er kenne kein Museum mit so einer Arbeit und kein anderes Deckenbild dieses Formats, abgesehen von der Sixtinischen Kapelle.

"Leipzig war ja nie vergessen", sagt Willikens, der bekannt ist für seine Darstellungen menschenleerer Innenräume. Die Collage als Essenz biografischer Nähe, der Erinnerungen und bis 2004 gepflegten Distanz zu Leipzig, sei "eine Art Enzyklopädie der eigenen Bilderwelt". Die bei einer Ausstellung seiner Werke 2011 im MdbK geborene Idee dazu war ihm auch wegen der Architektur des Gebäudes sofort sympathisch, wie er erzählt.

Der 2004 eröffnete Neubau brachte einer der ältesten und wichtigsten bürgerlichen Kunstsammlungen Deutschlands neue Würdigung und Bereicherung. "Die Kunstwelt ist aufmerksamer auf uns geworden", sagt Direktor Schmidt. Leipzig sei auf die Landkarte der großen Museen zurückgekehrt. Für Thomas Müller-Bahlke, Sprecher der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen, ist das MdbK zu einem "kulturellen Mittelpunkt mit internationaler Anziehungskraft" geworden.

Dafür sprechen bisher mehr als 1,3 Millionen Besucher und ein stärkeres Interesse von Kollegen, Künstlern und Sammlern. Mit mehr Unterstützung könnte das Museum "noch mehr strahlen", sagt Schmidt und verweist auf die personelle und finanzielle Ausstattung. "Wir bräuchten ein oder zwei große Sonderschauen pro Jahr, um mehr Leute ans Haus zu binden."