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"Schuld und Söhne" hatte Premiere im Kabarett "... nach Hengstmanns" Das gefährliche Tun der Söhne und väterliche Erziehungsmittel

05.03.2011, 04:25

Die drei Hengstmänner, Vater Frank und die Söhne Sebastian und Tobias, setzen die Familientradition, die einst Großvater Erich Hengstmann begründete, fort: Ihr Metier ist das politisch-satirische Kabarett. Am Donnerstag hatte das dritte Programm, in dem alle drei gemeinsam spielen, im Kabarettlokal am Magdeburger Breiten Weg 37 Premiere.

Von Liane Bornholdt

Magdeburg. Neben den zahlreichen Erinnerungsstücken, welche die Wände des Kabaretts schmücken, hängen nun noch zwei Fahndungsplakate. Die Hengstmannbrüder Sebastian und Tobias sind auf ihnen abgelichtet in sehenswert finsterer Miene. Sie werden von allerhöchsten Stellen gesucht, weil sie mit ihren öffentlichen Äußerungen doch allzu vielen und allzu hochgestellten Personen zu heftig und zu andauernd auf den Schlips getreten sind. Dies gefährde die demokratische Grundordnung in Deutschland, heißt es in dem Fahndungsaufruf, den die Jungen als Nachrichtensprecher kundtun.

Das ist nicht lustig, so findet zumindest Tobias, den Zweifel anfliegen wollen, ob es richtig gewesen sei, von einer "dreiknöpfigen Templiner Blendgranate" zu sprechen. Sebastian beschwichtigt den Aufgeregten, die Freiheit der Meinungsäußerung sei doch vom Grundgesetz geschützt. Die Wahrheit zu sagen, muss er jedoch einräumen, sei allerdings traditionell immer schon tödlich gewesen.

Kein Hang zur Volksmusik

Vater Hengstmann ist erst einmal sehr begeistert. Die Jungen sind auf allen Sendern präsent, und eine bessere Werbung könne man sich nicht vorstellen. Als er sich allerdings vor allerhöchstem Untersuchungsausschuss für die politisch-satirischen Entgleisungen seiner Söhne rechtfertigen muss, wendet sich auch für den Senior das Blatt. Er habe diese schließlich indoktriniert und solle erst einmal bei sich richtig aufräumen. Kein Wunder, dass Frank Hengstmann versucht, die Söhne von solch gefährlichem Tun abzubringen, und er nutzt dabei alle väterlichen Erziehungsmittel von Taschengeld- und Fernsehentzug bis, ach, zu der Drohung, die Jungs mit der Straßenbahn in die Schule zu schicken. Nutzlos! Er, Vater Frank, könnte bald selbst der Taschengeldempfänger von Sebastian und Tobias sein.

Auch der Versuch, die talentierten "Knaben" auf die Schiene der Volksmusik zu bringen, einträglich und völlig gefahrlos, wie er findet, misslingt. Zwar führen alle drei hervorragende Pfefferminzterzen zu Stube-Kammer-Küche-Harmonien vor, aber die Unlust der beiden am Gebirgsfrohsinn führt zu solcherart Textentgleisungen, dass auch das bloß wieder Satire wird und nur rostiges Silbereisen oder das Napalm-Duo im Kampfeinsatz herauskommt.

Virtuose Sprachspiele, wunderbare Mimik

Alle drei Hengstmänner haben bis hierher bereits ziemlich viele kabarettistische Mittel vorgeführt, angefangen von virtuosen Sprachspielen, Wortverdrehern, Kalauern über wunderbare Mimik und sonstige Spielereien, und natürlich fehlte es auch an aktuell-politischen Anspielungen und Frechheiten nicht.

Sie haben musiziert und gesungen einschließlich Klavierspiel zu vier Fingern an vier Händen, und sie haben den Kreis ihrer Mitspieler erweitert, zuerst durch drei freche Klappmaulpuppen welche die aktuellen Spitzenpolitiker im Untersuchungsausschuss darstellten. Allerdings gab es auch aus dem Premierenpublikum "Mitspieler". Zum Entsetzen von Regisseur Bernd Kurt Goetz und mit der Folge einiger, allerdings geschickt und amüsant überspielter "Hänger", wurde kaum eine Gelegenheit zu Extempore und Improvisation ausgelassen.

Das Programm um Hengstmann-Vater und Söhne spielt mit allen Mitteln und Charakteren, die schon in früheren Programmen entwickelt wurden.

Im zweiten Teil erscheinen sie alle. Tobias verwandelt sich in den alten, grantigen und sehr deutsch-nationalen Franz Brandwein, Sebastian wird Malte, der mittlerweile im 36. Semester studiert und immer wieder noch von Mutti ausgehalten wird, und natürlich durften auch Manni Fest (Frank Hengstmann) und Sohn Matze (Tobias Hengstmann) mit ihren Blechbrötchen und der machteborjischen Aussprache nicht fehlen.

Diese Charaktere wurden natürlich mit einigem Jubel begrüßt, aber was sie vorführten, war doch am Ende sehr persönlich. Die Ausgangssituation um die "Schuld" des Vaters an den Söhnen erwies sich als ehrliche Freude über eine tolle Familie, die fröhlich von den Gästen und Freunden im Publikum geteilt wurde.