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Schlager Sechs Stunden pure Begeisterung

Tausende Schlagerfans haben in der Magdeburger Getec-Arena die 16. Große Schlager-Starparade gefeiert.

Von Rolf-Dietmar Schmidt 13.10.2015, 06:48

Magdeburg l Sechs Stunden lang gab es von neun Schlagerbarden und einer Alpin-Rockgruppe sehr viel Rhythmus auf die Ohren, aber kaum einer der zum Teil von sehr weit her angereisten Fans verließ vor dem letzten Ton die Halle. MDR-Rundfunkmoderatorin Sabine Küster, die durch das Programm führte, hörte von den Künstlern viele lobende Worte über die tolle Stimmung in Magdeburg, die in der Tat kaum der Anfeuerung bedurfte. Schon nach wenigen Takten des Tiroler Sängers Gilbert schunkelten die ersten Zuschauer, wurde zwischen den Reihen getanzt, gewunken und mitgesungen.

Der Schlager habe sein 150jähriges Jubiläum hieß es von Sabine Küster, wobei sicher niemand genau sagen kann, wie alt der Schlager wirklich ist, noch weniger, was eigentlich einen Schlager ausmacht. Fest steht allerdings, und das wurde in der Getec-Arena überdeutlich – er hat nichts von seiner Anziehungskraft verloren, scheint vielmehr eine Renaissance zu erleben, denn Jung und Alt stimmten gemeinsam in die Begeisterung ein.

Da reihte sich Gilbert aus dem Ötztal, der das erste Mal in Magdeburg auftrat, mit „Weil Du mein Leben bist“ nahtlos ein und offerierte gleich sein neues Album.

Immer wieder forderten die Interpreten ihr Publikum auf, in die Hände zu klatschen, aufzustehen oder Schlusssprünge zu absolvieren. Stellenweise erinnerte das ein wenig an gemeinsame Aerobikstunden, schien aber den Zuschauern außerordentlich Spaß zu machen.

Einst ein Kinderstar, dann mit einer längeren Auszeit, ist Andrea Jürgens jetzt wieder auf der Bühne. „Kleine Lügen schaden nicht“ sang sie neben anderen Titeln, wie „Komm, lass uns reden „ oder „Es reicht für mehr als eine Nacht“. So viel Zeit räumte ihr aber das Starparaden-Management nicht ein, denn hinter der Bühne wartete schon GG Anderson auf seinen Auftritt. Die 65 Jahre sieht man ihm kaum an, und spätestens mit seiner „Sommernacht in Rom“ hielt es auch in Magdeburg die Fans nicht mehr auf den Plätzen. Blumen über Blumen musste der beliebte Sänger aufsammeln.

Erstaunlich, dass sich die Interpreten der laut Veranstalter größten deutschen Show des Schlagers untereinander großzügig Titel ausliehen. So sang GG Anderson „Lieb mich ein letztes Mal“, ein Titel von Roland Kaiser, der sich kurze Zeit später der Begeisterung seiner Anhänger kaum erwehren konnte. Man hatte sich, so hieß es, beim Kaffee darauf geeinigt, auch mal den Titel eines anderen Künstlers zu singen.

Ein höchst erfreulicher musikalischer Farbtupfer in dem bis dahin nicht sehr viel Neues bietenden Programm waren die voXXclub-Musiker aus Österreich, der Schweiz und Bayern. Die unkonventionellen jungen Männer in Lederhosen, wie man sie in den Alpen trägt, haben alle eine Musicalausbildung genossen und machen überaus frische Musik, die Elemente der Volksmusik mit Rock und Pop verbindet. Das Ergebnis ist ein Alpin-Rock-Schlager-Mix, mit dem sie in den zurückliegenden Monaten überall Furore machten, und der schon als neues Musikgenre VolxxPop bezeichnet wird. In Magdeburg stellten sie in kürzester Zeit die Getec-Arena „auf den Kopf“, wobei ihnen durchaus nicht nur die jungen Zuschauer zujubelten. „Heute wird´s a bisserl laut“ kündigten sie schon im Titel an, obwohl ihre neues Album „Ziwiu“ heißt, was so viel wie Vogelgezwitscher bedeutet.

Ein Multitalent ist Jörn Schlönvoigt, Schauspieler in der Fernsehserie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ seit mehr als zehn Jahren, Inhaber einer eigenen Modelinie und nun auch Schlagersänger. Er schaffte es immerhin, die nach Stunden schon leicht ermatteten Zuschauer in Schwung zu bringen. Ebenso die Schweizerin Beatrice Egli, die mit „Auf die Plätze, los“ nochmal nachlegte, um dann DJ Ötzi den abschließenden Höhepunkt zu überlassen. Viele der Zuschauer hatten genau auf ihn und seinen Titel vom „Stern, der niemals untergeht“ gewartet.

Lange, stehende Ovationen der vielen Unentwegten beendeten den Schlager-Marathon von über sechs Stunden, nicht ohne sich in die Hand zu versprechen, bei der nächsten Starparade dabei sein zu wollen.