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Schokolade und Chips Heißhunger: Woher er kommt und wie wir ihn überwinden

Schokolade oder Chips - und zwar sofort! Viele Menschen kennen den Heißhunger auf Süßes, Salziges oder Fettiges. Wie gelingt ein gesunder Umgang damit?

Von Christina Bachmann, dpa 26.02.2024, 03:31
Jetzt eine ordentliche Handvoll Chips! Wenn wir Heißhunger haben, essen wir oft besonders viel.
Jetzt eine ordentliche Handvoll Chips! Wenn wir Heißhunger haben, essen wir oft besonders viel. Christin Klose/dpa-tmn/dpa

München/Leipzig - Heißhunger ist kein medizinischer Begriff, sondern ein umgangssprachlicher. Aber jeder weiß, was gemeint ist: eine Gier nach Essen, die sich nur schwer unterdrücken lässt, oft nach etwas ganz Bestimmtem. Der Körper signalisiert: Ich brauche eine Handvoll Gummibärchen, jetzt! Oder gegrilltes Hähnchen!

„Es ist ein Mechanismus des Organismus, der sich über Millionen Jahre bewährt hat“, sagt Prof. Johannes Wechsler, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM). Eine Hungerattacke gab unseren Vorfahren den überlebensnotwendigen Hinweis, Nahrung aufzunehmen.

Doch: In unserer heutigen Gesellschaft herrscht eigentlich kein Mangel an Essen. Manche haben sogar eher zu viel auf den Hüften. Wie also umgehen mit solchen Attacken? 

Worauf haben wir Heißhunger und woher kommt er? 

Heißhunger gibt es auf Süßes, Fettiges oder Salziges, sagt Lars Selig, Leiter des Ernährungsteams an der Uniklinik Leipzig. „Er wird aber meist mit etwas Süßem verbunden.“ Johannes Wechsler bestätigt: „Die klassischen Heißhungerattacken entstehen, wenn der Blutzucker zu niedrig ist. Der Körper meldet dem Hirn: Das System ist im Defizit.“ Der Magen knurrt und tut weh, wenn er leer ist und zu viel Säure hat. 

Aber, und das ist der Knackpunkt: Heißhunger kann auch ein angewöhntes Gefühl sein. In bestimmten Situationen oder zu ähnlichen Uhrzeiten meldet er sich. Zum Beispiel die Lust auf Chips, wenn wir abends auf der Couch sitzen. Oder der Schokoladenhunger, wenn wir am Computer arbeiten. 

„Wer öfter Heißhungerattacken hat, sollte in sich hineinhorchen“, rät Lars Selig. „Ist es Appetit, der vielleicht mit einer Situation oder Tageszeit verbunden ist, oder ein richtiges Hungergefühl?“ 

Wie bekomme ich das heraus? 

Es hilft, sich die eigenen Muster anzusehen und dabei ein paar Notizen zu machen. Zum Beispiel mithilfe folgender Fragen: Wann und wo tauchen die Hungerattacken in der Regel auf? Wie lange liegt die letzte Mahlzeit dann zurück? Was habe ich zuletzt gegessen? Was hat mein Körper seitdem geleistet? 

Sind auf der Arbeit etwa schon ein paar Stunden seit dem Frühstück vergangen, kann der Körper durchaus einen echten Mangel signalisieren. 

Was man im Hinterkopf behalten sollte: Auch Krankheiten können Hungerattacken auslösen, Diabetes oder eine Schilddrüsenüberfunktion etwa. Wer während des Hungergefühls weitere Symptome wie Schwitzen oder Zittern erlebt, sollte die Ursache daher bei einem Arzt oder bei einer Ärztin abklären lassen. 

Bekommen schwangere Frauen eher Heißhunger? 

„Evolutionsbiologisch betrachtet ist es bei einer Schwangeren besonders wichtig, dass sie nicht in einen Mangelzustand kommt“, sagt Johannes Wechsler. Der schwangere Körper müsse für das ungeborene Baby mitdenken und melde sich möglicherweise verstärkt. Ob dann der Appetit auf Schokolade oder saure Gurken - oder beides in Kombination - größer ist, hängt aber mit den eigenen Vorlieben zusammen.

Wie reagiere ich bei Heißhunger? 

Echter Hunger sollte gestillt werden. Allerdings zeichnet sich Heißhunger meist durch einen starken Essdrang aus. Wer ihn erlebt, isst oft schnell und unbedacht - und daher oft zu viel und zu ungesund. 

Vorbereitet zu sein, hilft. „Wir empfehlen Patienten, sich in klaren Situationen genau zu überlegen, was sie bei Heißhungerattacken essen können“, sagt Lars Selig. „Es hilft nichts, etwas zu diktieren. Am besten funktioniert, was selbst überlegt und an die eigenen Vorlieben angepasst wurde.“

Grundsätzlich gilt: Mischkost ist besser als eine einseitige Mahlzeit. So liefert ein belegtes Brötchen zum Beispiel neben Kohlenhydraten auch Fett und Eiweiß. Übrigens: Eiweiß sättigt anhaltender als Kohlenhydrate, gesunde Lieferanten sind Quark oder Naturjoghurt. 

In manchem Obst und Gemüse stecken zudem appetithemmende Bitterstoffe: zum Beispiel in Chicorée, Grünkohl, Grapefruit oder Granatapfel. Eine Banane liefert „besseren“ Zucker als Süßes: Er wird vom Körper verzögert aufgenommen und lässt den Blutzucker nicht hochschnellen. 

Tipp: Bereiten Sie sich Zwischenmahlzeiten vor, ob für unterwegs oder zu Hause. „Darunter kann durchaus auch mal etwas Süßes sein“, sagt Lars Selig. „Aber nicht eine ganze Packung Gummibärchen, sondern zum Beispiel zwanzig Stück, die man dann auch bewusst genießt.“ 

Und was tun, wenn der Heißhunger nur ein großer Appetit ist?

Wer eine gute Stunde nach dem Mittagessen schon wieder Heißhunger verspürt, hat vermutlich eher ein Appetitgefühl. Heißt: Eine Energiezufuhr ist noch nicht nötig. Erst recht nicht, wenn man ohnehin auf sein Gewicht achten möchte. Dann kann es laut Ernährungsmediziner Wechsler helfen, einen halben Liter warmes Wasser, Tee oder verdünnten Fruchtsaft zu trinken. „Das stellt den Magen ruhig, weil er etwas zu tun hat.“ 

Wie kann ich Heißhungerattacken vorbeugen? 

Die beste Vorsorge gegen Heißhunger ist, regelmäßig und ausgewogen zu essen. „Sodass der Körper das Signal erhält: Es kommt regelmäßig Energie herein“, sagt Lars Selig. 

Das sind im Idealfall drei nicht zu große ausgewogene Mahlzeiten am Tag plus zwei kleine Zwischenmahlzeiten. „Damit schießen weder der Fett- noch der Eiweiß- oder Zuckerspiegel zu hoch und Sie haben einen ausgeglichenen Stoffwechsel“, sagt Johannes Wechsler. Als wissenschaftlich unsinnig bezeichnet er dagegen sogenannte Mangel-Tabellen, die angeblich aussagen, welche konkreten Nährstoffe einem bei welcher Art Hungerattacke fehlen. 

Natürlich müssen die konkreten Lebensumstände einbezogen werden. „Bei manchen Patienten mit stressigem Alltag bin ich froh, wenn sie drei Mahlzeiten am Tag schaffen“, sagt Lars Selig, „andere müssen erstmal auf fünf herunterkommen.“ Wichtig sei, kein Snack-Verhalten zu entwickeln, also ständig ein bisschen zu essen. Das vermeidet zwar Hungerattacken, kann aber zu Übergewicht führen.