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Zweiter Weltkrieg Lüttgenziatz für drei Tage in Ostpreußen

Knapp drei Tage lang herrschte in Lüttgenziatz Zweiter Weltkrieg. Ein Filmteam drehte in einem zerfallenen Gutshof für einen Spielfilm.

Von Stephen Zechendorf 11.04.2016, 05:00

Lüttgenziatz l Soviel war im beschaulichen Lüttgenziatz wohl schon ewig nicht mehr los: Über 150 Komparsen, an die 100 Schaulustige, dazu lauter alte Militärfahrzeuge und ein moderner Bierwagen an der Bushaltestelle. Das Team um Regisseur Heintje Peter dreht Szenen über die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges. Dazu verwandelt sich Lüttgenziatz in die ostpreußische Stadt Lauban. Hier fand im Februar 1945 die letzte siegreiche Schlacht für die Deutschen statt, erklärt Regisseur Peter.

Seit März 2014 dreht er an dem Film. Erzählt wird die authentische Geschichte von Helmut Böttcher, einem heute 92-Jährigen, der sich damals freiwillig zum Krieg meldete. Es ist Heintje Peters erster langer Spielfilm, nachdem unter dem Namen „war-movie“ schon einige Kurzfilme entstanden sind. Und es ist ein Filmprojekt auf Sparflamme, auch deshalb dauert alles etwas länger. Die Komparsen sind Ehrenamtliche und Laiendarsteller. Sie stammen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland. Für die Drehtage nehmen sie Urlaub, sämtliche Ausrüstung gehört ihnen selbst. Auch Bernd H. aus der Nähe von Hannover gehört dazu. Der 40-Jährige hat seine eigene Uniform mitgebracht, ebenso seine eigene Dekorationswaffe. Er will nicht in eine „gewisse“ Ecke gestellt werden, er sei einfach geschichtsinteressiert, erklärt er. Bei früheren Drehs war er auch schon russischer Soldat, starb da aber bei einem Gefecht. Als Mitglied einer deutschen Einheit darf er in Lüttgenziatz wieder auf Lauban marschieren.

Diesesmal sind andere die Russen. Haben sich mit Maschinengewehren und roter Fahne hinter den Mauern eines zerfallenen Gehöfts verschanzt. Als die Deutschen dann auf Kommando des Regisseurs den Hof (also eigentlich ja Lauban) erstürmen, lassen es die Sprengmeister im Team mächtig krachen. Um den pyrotechnischen Effekten auch optisch Nachdruck zu verleihen, werden die Sprengsätze unter Betonsäcken platziert. Es staubt mächtig. Die an die 100 Schaulustigen sind beeindruckt – und etwas angestaubt.

Mit in der ersten Reihe der Zuschauer steht der Ortsbürgermeister Holger Blumhagel. Er ist hin- und hergerissen, denn es war ja anfangs nicht klar, worauf man sich da einlässt. Wer sind die Leute, die diesen Film drehen, welches Publikum werden die Dreharbeiten anlocken, was vom Dorf steht noch, wenn die Hobby-Soldaten wieder abgezogen sind? Blumhagel ist einerseits stolz, dass in seinem Ort etwas los ist, andererseits wurmt es ihn, dass Leute ihn jetzt fragen „Was, so sieht es bei Euch im noch Dorf aus, dass man da Kriegsszenen drehen kann?“

Fest steht: Es sind viele Leute nach Lüttgenziatz gekommen, die der Ortschef nicht kannte. Aber dafür kennen jetzt viele Leute Lüttgenziatz. Fest steht auch: An dem Gehöft ist auch nachher nicht mehr kaputt, als vorher. Und der Rest von Lüttgenziatz ist nachher genauso hübsch wie vorher.

Regisseur Heintje Peter ist von den Lüttgenziatzern begeistert: „Sie sind grandiose Gastgeber. Das hatten wir so noch nie. Die Freiwillige Feuerwehr hat die Straßen abgesichert, einige Bürger haben sich als Komparsen erfolgreich beworben.“

So auch der neunjährige Jamy Jansky aus Lübars und Katrin Brußmann aus Reesen. In zeitgemäßer Bekleidung, die sie durch Vermittlung vom Genthiner Museum erhalten hat, sitzt die Reesenerin auf ihrem Holzkoffer und wartet darauf, dass sie von einem Russen gerettet wird. So verlangt es das Drehbuch.

Gut dreiviertel des Filmes sind inzwischen fertig. Wenn alle Szenen im Kasten sind, soll die Premiere in Genthin stattfinden. Ortsbürgermeister Holger Blumhagel hat aber auch schon eine Aufführung in Hohenziatz ins Auge gefasst.

In Deutschland erscheint der Film „Wir waren Kameraden“ wohl nur auf DVD. In China soll er sogar in Kinos laufen, heißt es. Viele der bereits gedrehten Filmszenen sind schon jetzt im Internet zu sehen unter www.war-movie.de