1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Der geheimnisvolle Zeuge

Finzelberg-Prozess Der geheimnisvolle Zeuge

Lange blieb unklar, wer am Verhandlungstag der zweite Zeuge im Prozess gegen Ex-Landrat Lothar Finzelberg sein sollte.

Von Franziska Ellrich 24.08.2016, 12:09

Magdeburg/Möckern l Nach der Mittagspause lüftete der Vorsitzende Richter Gerhard Köneke am Montag das Geheimnis: Ein Sachverständiger, der sämtliche Kontobewegungen von Lothar Finzelberg und seiner Familie genauestens unter die Lupe genommen hat, war im Prozess gegen den ehemaligen Landrat geladen. Der 54-Jährige arbeitet beim Wirtschaftsprüfdienst des Landeskriminalamtes (LKA).

Nachdem der LKA-Mann zu seinen Personalien befragt wurde, entsteht sofort Unruhe auf der Anklagebank. Man hört die Verteidiger mürrisch murmeln: Der Ermittler sei kein Sachverständiger. Als er beginnt die verschiedenen Konten im Umfeld von Finzelberg aufzuzählen - insgesamt sind es 72 an der Zahl - beginnen die vier Verteidiger zu diskutieren. Man will die Öffentlichkeit ausschließen.

Die Staatsanwaltschaft hatte für ihre Ermittlungen so eine Vermögensübersicht in Auftrag gegeben. Der Sachverständige sollte offen legen, wo das Geld im Hause Finzelberg herkam und wo es hinfloss. Denn Lothar Finzelberg sitzt wegen Bestechlichkeit vor Gericht. Mehr als 260 000 Euro soll er der Anklage zufolge von den ehemaligen Tongruben-Betreibern angenommen haben. Könnte es dafür ein Motiv gegeben haben? Brauchte Finzelberg vielleicht dringend Geld?

Der LKA-Mann spricht von auffällig hohen Bargeld-Einzahlungen auf Konten des damaligen Landrates. Er spricht auch von Monaten, in denen der von ihm errechnete Bargeld-Bestand unter Null lag. Der Sachverständige formuliert offene Fragen: Vielleicht kam in dieser Zeit Geld von dritter Seite oder es gibt noch Konten, die wir nicht kennen?

Zahlen und Daten darf der LKA-Mann nicht nennen. Aufgrund des angekündigten Antrags der Verteidigung: Die finanzielle Situation solle nicht öffentlich erörtert werden, weil sonst die schutzwürdigen Interessen der Angehörigen von Finzelberg verletzt würden. Bei der Staatsanwaltschaft sieht man das allerdings anders. Das öffentliche Interesse müsse bei der Entscheidung unbedingt berücksichtigt werden, die Fakten seien wichtig mit Blick auf die Tatvorwürfe. Es reiche deswegen nicht aus, wenn jemanden etwas unangenehm ist, um die Öffentlichkeit auszuschließen.

Ob Zuhörer und Presse bei der Befragung des Sachverständigen dabei sein dürfen, will das Gericht bis zum nächsten Verhandlungstag am 5. September entscheiden. Worüber sich das Gericht auch noch abstimmen muss: Wird Möckerns Bürgermeister Frank von Holly als Zeuge im Finzelberg-Prozess geladen? Die Staatsanwaltschaft wollte gerade erst mit einem Beweisantrag auf die Verbindung zwischen Finzelberg und dem Kronzeugen Uwe S., der das Bestechungsgeld übergeben haben will, aufmerksam machen.

Finzelberg soll sich als Landrat intensiv um das Projekt ‚Saunaclaub in Theeßen‘ von Uwe S. gekümmert haben. Bei einer Besprechung zum Bauvorhaben sei auch Bürgermeister von Holly dabei gewesen. Der könne der Verteidigung zufolge bezeugen, dass das alles „völlig normales Verwaltungshandeln“ gewesen sei. Dass er „zu keinem Zeitpunkt rechtswidrig gehandelt habe“, erklärte Finzelberg am Montag ausführlich in einer acht Seiten langen Einlassung. Darin steht auch: Finzelberg habe beim ersten Treffen mit Uwe S. im Jahr 2005 bereits um dessen „schlechten Ruf“ gewusst. Warum kam es trotzdem zu mehreren privaten Pkw-Geschäften zwischen dem damaligen Genthiner Autohausbesitzer Uwe S. und Finzelberg? Diese Antwort lässt der Angeklagte offen. Uwe S. ist bereits mehrfach veruteilt - unter anderem wegen Brandstiftung und Subventionsbetrug.

In seiner Erklärung stellt der ehemalige Landrat auch noch mal klar, dass er den damaligen Wirtschaftsminister und heutigen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff bereits im Jahr 2007 eindringlich auf den umstrittenen Müll in den Tongruben hingewiesen habe. Ohne das anschließend jemand reagiert habe. Woran sich Haseloff diesbezüglich erinnern kann, wird vermutlich der Richter am 14. September wissen wollen. Dann ist der Ministerpräsident nämlich als Zeuge geladen.