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Bauernfahne Ein Banner mit 340 Jahren Geschichte

Die Dannefelder Bauernfahne kann am 13. September in der Kirche besichtigt werden. Sie wurde von Restauratorinnen untersucht.

Von Ilka Marten 20.08.2015, 03:00

Dannefeld l Ganz vorsichtig schiebt Textilrestauratorin Andrea Knüpfer am Dienstag ihre Finger unter die Seidencrêpeline, die wie eine Schutzschicht über der Dannefelder Bauernfahne liegt. Es ist das erste Mal, dass Knüpfer und ihre Kollegin, Gemälderestauratorin Andrea Himpel, die Dannefelder Bauernfahne, die aus dem Jahr 1675 stammt, näher untersuchen können, um den Reparaturbedarf zu ermitteln. Zweimal waren die freiberuflichen Restauratorinnen schon in Dannefeld und hatten dieses Stück Zeitgeschichte in Augenschein genommen. Finanziert wurde die Voruntersuchung vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. „Für uns ist das ein sehr positives Zeichen“, betonte der Vorsitzende des Dannefelder Heimatvereins Bauernfahne, Andreas Finger.

Die Fahne, die im Rahmen des Tages des offenen Denkmals am Sonntag, 13. September, von 10 bis 14 Uhr in der Kirche zu sehen sein wird, ist ein Stück Heimatgeschichte. Die Drömlingsbauern erhielten sie im Jahr 1675 vom brandenburgischen Kurfürsten, weil sie zuvor verhindert hatten, dass die Schweden die Region erobern konnten. Bei einer Parade 1677 in Gardelegen zogen die Drömlingsbauern mit der Fahne am Kurfürsten vorbei. „Die Fahne hat damals der Dorfschulze bekommen“, erläutert Andreas Finger. Bis etwa zum Jahr 2000 hing sie in der Dannefelder Kirche, dann kam sie unter Glas, weil sich ihr Zustand im Laufe der Jahrhunderte verschlechtert hatte. Seitdem ziert das Duplikat den Innenraum der Kirche.

Gemeinsam mit Knüpfer und Himpel wurde vor eineinhalb Jahren das erste Mal der Kasten geöffnet, worin das Original lagerte. Schutzmaßnahmen für das historische Stück hatte es schon in den 70er Jahren gegeben, als sie mit der Seidencrêpeline stabilisiert worden war. Mit einer hauchdünnen Nadel testet Knüpfer den Zustand des Stoffs, der besonders im unteren Bereich einige Schäden aufweist. Andrea Himpel sagt, dass „es bemerkenswertes Können des Künstlers war, wie ausdrucksvoll das Gesicht des Adlers gestaltet wurde“. Das Banner ist übrigens von beiden Seiten bemalt und beschriftet, zwar mit dem gleichen Inhalt, aber unterschiedlicher Schreibweise.

Zu DDR-Zeiten sollte die Bauernfahne in West-Berlin groß rauskommen, „doch der Gemeindekirchenrat gab sie nicht heraus“, so Finger. Pfarrer war damals Otto Lüdecke. Im West-Berliner Zeughaus gab es Mitte der 1980er Jahre die Ausstellung „Großer Kurfürst“ – und dort hätte man das Dannefelder Original-Banner nur zu gern gezeigt. Nachdem die Dannefelder beim Nein blieben, „wurde sogar angeboten, dass zwei Leute 14 Tage mit nach Westberlin fahren können“, so Finger. Doch auch das stimmte den Gemeindekirchenrat nicht um. Die Bauernfahne von 1675 fuhr nicht nach West-Berlin und die DDR konnte dafür keine Devisen kassieren, obwohl sich sogar noch Manfred Stolpe, damals Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und späterer Ministerpräsident und Bundesminister, eingeschaltet hatte.

Von 10 bis 14 Uhr können Besucher am 13. September die Fahne besichtigen und sich zudem weitere geschichtliche Anekdoten zum spätgotischen Altar aus Calvörde, der Renaissance-Kanzel und dem barocken Taufengel in der Kirche erzählen lassen. Um 14 Uhr beginnt an diesem Tag der zentrale Schulanfängergottesdienst des Pfarrbereiches Mieste in der Dannefelder Kirche.