1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. 17 Stunden von London nach Solpke

Brieftauben 17 Stunden von London nach Solpke

Mit elf Brieftauben reiste Günter Meinecke vor vier Wochen nach London. Am Abend war seine schnellste im Solpker Stall zurück.

Von Antonius Wollmann 01.09.2016, 21:00

Solpke/London l Berührungsängste mit Tauben? Für Günter Meinecke ist das kein Thema. Zum Beweis geht in den Stall und kehrt mit einem Tier in seinen Händen zurück. Seit fast 40 Jahren ist der 55-Jährige Mitglied im Brieftaubenverein Gardelegen. „1977 bin ich in den Verein eingetreten und seitdem züchte ich die Tiere“, erzählt er. 100 Exemplare leben derzeit auf seinem Hof in Solpke.

Mit ihnen fährt er zu Wettkämpfen in ganz Europa. Zuletzt führte ihn sein Hobby am 6. August nach London zum sogenannten Weitstreckenflug. Zum vierten Mal nahm er an diesem Wettbewerb teil und erzielte in diesem Jahr das beste Ergebnis seines Vereins. Insgesamt nahmen Taubenzüchter aus sieben europäischen Ländern teil.

Elf Tauben schickte Günther Meinecke auf die Distanz von 813 Kilometern von der britischen Hauptstadt in die Altmark. „Morgens sind sie gestartet, abends war meine schnellste wieder zuhause in Solpke“, erzählt der ehemalige Hufschmied. Genau 17 Stunden, 43 Minuten und 23 Minuten flog der Vogel mit der Nummer 908, der keinen eigenen Namen hat. Das macht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwas mehr als 47 Kilometern pro Stunde. Ein Transponderring, der an den Füßen angebracht wird, zeichnet die Daten auf. Nach und nach landeten auch seine anderen Vögel wieder in der Altmark. Von den elf Startern sind bisher neun zurückgekehrt. „Sie starten zusammen im Schwarm, im weiteren Verlauf löst sich dann der Verband auf. Das ist wie bei jedem anderen Langstreckensport“, sagt der Taubenzüchter. Ohne Pausen sei eine Strecke von mehr als 800 Kilometern für die Tiere nicht zu schaffen, merkt Meinecke an: „Sie halten sicherlich mal zwischendurch an, um zu trinken.“

Aber wie finden die Tauben überhaupt den Weg zurück in den heimatlichen Stall? Warum sind sie in der Lage, sich so gut zu orientieren? „Sie haben ihr eigenes Navigationssystem“, erklärt Günter Meinecke. Dabei orientierten sie sich einerseits am Magnetfeld der Erde, andererseits am Stand der Sonne. Deshalb hofft er vor jedem Start auf gutes Wetter, sagt Meinecke: „Ist es bewölkt, sind die Tiere auf jeden Fall länger unterwegs.“ Sind sie in der Luft, brauchen sie ungefähr drei Minuten, um den richtigen Weg einzuschlagen.

Doch ist der Orientierungssinn nicht bei allen Tieren in gleicher Weise ausgeprägt. Nicht jede Taube ist dafür geeignet, an Wettbewerben teilzunehmen. Ob sie auf die Reise geschickt wird und sich weit entfernt vom heimatlichen Schlag zurechtfindet, hängt zuallererst von ihren Genen ab. „Entscheidend ist die Zucht. Es ist nötig, scharf zu selektieren“, sagt der Solpker Taubenexperte.

Kreuze man dann die besten Tiere miteinander, würde sich der Navigationssinn kontinuierlich verbessern. Dennoch kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sich die Tauben während eines Fluges verirren. Deshalb tragen sie stets einen zweiten, roten Ring. Darauf verzeichnet: Die Identifikationsnummer und die Telefonnummer des Züchters. Der Hauptgrund für die vorübergehende Orientierungslosigkeit sei Erschöpfung, sagt der Solpker Taubenexperte. „Gibt man ihnen etwas zu trinken und Nahrung, finden sie den Weg schnell wieder zurück.“