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Kreisreform Heimatgefühl ist mehr wert als Finanzen

Brandenburger CDU-Fraktion informiert sich in Genthin über Kreisgebietsreform.

Von Natalie Häuser 20.08.2015, 19:46

Genthin l Ein Austausch über die Landesgrenzen hinweg gab es am Dienstag im Genthiner Rathaus. Zu Gast waren Mitglieder der Brandenburger CDU-Landtagsfraktion. Hintergrund ist ein Leitbildes zu den Plänen einer Kreisgebietsreform im Land Brandenburg, der vorsieht, aus 14 Landkreisen zehn zu machen und nur Potsdam als letzte kreisfreie Stadt zu halten.

Da der Landkreis Jerichower Land in seiner heutigen Form mit Burg als Kreisstadt auch aus zwei Kreisgebietsreformen (1994 und 2007) entstand, fanden die Brandenburger Politiker in Bürgermeister Thomas Barz, Landrat Steffen Burchhardt und den langjährigen Genthiner CDU-Stadträten Gerd Mangelsdorf und Claus Voth Ansprechpartner, um sich zu informieren, was sie erwarten könnte, wenn die Reform in dieser Art 2019 rechtskräftig würde.

Der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Ingo Senftleben, war an der Größe der Verwaltungseinheiten und ihrer Funktionalität interessiert. Außerdem erkundigte er sich, wie es um die emotionalen Bindungen der Bewohner in einem Landkreis von Größe und Einwohnerzahl des Jerichower Landes steht.

„Die Gebietsreform hat damals viele Furchen geschlagen“, erinnert sich der Genthiner Bürgermeister Thomas Barz, der bei der zweiten Umstrukturierung 2007 Bürgermeister der Gemeinde Schopsdorf war. Zwei Dinge seien jedoch vorher genau abzuwägen: die Funktionalität der vorgesehenen Aufteilung und die regionale Integrität. „Eine große Rolle spielen natürlich auch immer die Finanzen“, betonte Barz.

So seien Zusammenschlüsse in Kommunen dann sinnvoll, wenn es Gebiete sind, die mehr finanziellen Spielraum erhalten oder allein nicht lebensfähig sind. Außerdem muss klar sein, welche Verwaltungseinheit was finanziert. Die Nähe zu Verwaltungsstandorten ist für die Einwohner wichtig. Es gilt transparent und mit flachen Hierarchien zu arbeiten.

Der Landrat des Jerichower Landes Steffen Burchhardt schilderte aus seiner Sicht, als wie fatal sich solch eine Gebietsreform ohne die Bevölkerung im Rücken äußern kann. „Wenn zwei Partner auf Augenhöhe zusammengeschlossen werden, wie beispielsweise Loburg 2009 an die Einheitsgemeinde Stadt Möckern angegliedert wurde, sieht man zum Beispiel bei Wahlen, dass es hier nicht um gemeinsame Arbeit geht, sondern nur darum, wer die Geschicke der Gemeinde bestimmt.“

Als die Gemeinde Elbe-Parey im Jahr 2001 aus mehreren selbständigen Gemeinden zu einer zusammengeschlossen wurde, entstand eine ähnliche Situation mit „Gerangel der kleineren Ortschaften“, die alle „am zu kurzen Tischtuch“ zogen, so Burchhardt.

Gerade deshalb sei der Landrat auch so überrascht, mit welcher bemerkenswerten Leichtigkeit die Stadt Genthin mit seinen Ortsteilen als Partnern agiert. „Es gilt beim Schaffen neuer Landkreise zu entscheiden, wen muss ich mitnehmen oder welches sind Konstrukte, die auch von den Bürgern gar nicht gewollt sind.“ Der Faktor Zugehörigkeit sei hier mehr wert als die Finanzen. „Die Bürger wollen am Ende wissen, wo etwas entsteht und nicht wo das Geld letztlich herkommt“, so Burchhardt.

Distanzen sind ebenso ein Killer zwischen den Ortschaften und Gemeinde. Viele Kommunalpolitiker haben Mandate in mehreren Gremien auf Ortschafts-, Gemeinde- oder Kreisebene, da schlagen zwei Herzen in einer Brust. Eine Verschmelzung mit der emotionaler Ebene ist hier kaum möglich oder von der Ratsarbeit trennbar, sagt Burchhardt

Dr. Jan Redmann, stellvertretender Brandenburger CDU-Landesvorsitzender wollte mehr über das Zusammenspiel von Einwohnerzahl und Verwaltungsmitarbeiter wissen: „Wie schaffen sie es, die Verwaltungen für die gut 90 000 Landkreisbewohner dauerhaft effizient zu besetzen?“ Dies im Hinblick darauf, dass das Leitbild des Brandenburger Landtages Einwohnerzahlen von bis zu 175 000 vorsieht. „Wenn das Gebiet zu groß wird, entwickeln sich Subzentren“, antwortete Burchhardt.

„Es gab ein mehr oder weniger freies Werben um einige Ortschaften“, sagte Burchhardt. Letztlich sei so zum Beispiel mit der Stadt Jerichow auch ein Kragen um die Einheitsgemeinde Stadt Genthin entstanden.