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Kirche Scharteucke Geschichte einer Rettung

Interessante Festtage erlebten Scharteucker und Gäste anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Fördervereins der Kirche.

Von Sigrun Tausche 09.09.2015, 19:23

Scharteucke l Das Material reicht aus, um ein Buch darüber zu schreiben. Denn es sind nicht nur Zahlen und Fakten, die Monika von Tresckow in ihrem Rückblick aneinander reihte. Um jede einzelne Etappe auf dem Weg von der dem Abriss schon fast preisgegeben Kirche zum heutigen Schmuckstück ranken sich Erinnerungen und Anekdoten. Hartnäckigkeit, Optimismus, aber auch Zufälle prägen den hürdenreichen Weg. Ein solcher Zufall war, dass Chorfreunde der Tresckows die Tante von Christine Schmidt kannten. Sie besuchten sie 1990 bei ihrer ersten Reise hierher und übernachten nun seit 25 Jahren bei jedem Aufenthalt hier bei Schmidts in Roßdorf. Und Monika Schmidt wurde das siebente Gründungsmitglied des Vereins.

Hartwig und Monika von Tresckow erinnern sich noch gut, wie es damals in den Anfängen war. Es gab auch viel Skepsis: „Jetzt kommen die aus dem Westen wieder und wollen alles zurückhaben!“ Wollten sie aber gar nicht. An den Eigentumsverhältnissen der Kirche hat sich nichts geändert. Es gab da nur den Wunsch, ein Stück Familiengeschichte, die auch Geschichte der Region ist, nicht dem Verfall preiszugeben, und die Kirche nicht nur für Gottesdienste, sondern auch für Konzerte und andere Veranstaltungen wieder nutzbar zu machen.

Mit ganz viel Fingerspitzengefühl haben sich Tres­ckows dieser Aufgabe gestellt. Was nur irgend ging, wurde erhalten, restauriert, wieder eingebaut. Damit sei man vor allem in den ersten Jahren auf einiges Unverständnis bei den Handwerkern gestoßen, erinnert sich Monika von Tresckow. So sei sie eines Tages zum Beispiel gerade noch rechtzeitig gekommen, um die alten Kirchenbänke, die teilweise schon im Container gelandet waren, zu retten.

Nur, was völlig kaputt und verrottet war, wurde ganz erneuert. Neue Dachziegel zum Beispiel mussten her: Biberschwänze, die damals ringsum nirgends zu bekommen waren. So wurden sie aus Frankreich geliefert. Neu ist auch die Treppe zur Empore – die alte war zusammengebrochen. Auch andere Holzteile waren verfault, während einige sogar noch von der Vorgängerkirche stammen. Auch der damalige Erbauer Levin Friedrich von Tresckow sei schon sparsam gewesen, schmunzeln seine Nachfahren.

Wer heute in die Kirche geht, muss nach wenigen Schritten eine Stufe hinaufsteigen. Es ist eine unliebsame Stolperstelle, war aber nicht zu vermeiden, erklärt Monika von Tresckow. Denn die ganze Kirchenseite in diesem Bereich hatte sich um etwa 30 Zentimeter gesenkt. So musste alles neu angepasst werden: die Balken der Patronatsloge, Fenster, Fußboden. Was die Ursache für diese Absenkung war, ist nicht bekannt. Ob es mit der vermuteten Gruft, die vielleicht teilweise eingestürzt ist, zu tun hat, bleibt Spekulation.

Sorgfältig restaurierte Epitaphien und Adelswappen, Altar und Kanzel, restaurierte Reste der ursprünglichen barocken Ausmalung, der besondere Tauf­engel und vieles mehr ziehen heute die Blicke in der schmucken kleinen Kirche auf sich.

Wieviel Geld insgesamt in die Sanierung geflossen ist, weiß­ niemand so ganz genau. Etwa 350 000 bis 400 000 Euro werden es gewesen sein, schätzt Hartwig von Tresckow. Für mehrere Sanierungsabschnitte konnten Fördermittel in Anspruch genommen werden.

Ein sehr schönes Beispiel für ein Konzert in der schmucken kleinen Kirche, wie es ruhig öfter stattfinden könnte, erlebten die Besucher am Sonnabend. Das Trinitatis-Ensemble Genthin unter der Leitung von Kantor Gottfried Spiegel spielte Werke von Anderssen, Vivaldi, Johann Sebastian Bach, Händel, Telemann, Edward Jones und Walter Donaldson. Als kleines Extra vor dem flotteren Teil fügte Gottfried Spiegel noch ein Stück für Klavier zu vier Händen von Diabelli ein und spielte es gemeinsam mit Cornelia Frenkel auf seiner mitgebrachten Truhenorgel.

Am Sonntag sorgte, wie schon seit vielen Jahren des öfteren, die Burger Trachtengruppe nicht nur für Unterhaltung, sondern Hanna Lüdtke hatte auch zum Jubiläum ein Stück Geschichte der Kirche und von Tresckows in Verse gebracht. Leider konnte die Gruppe diesmal nur in kleiner Besetzung auftreten.

Hartwig und Monika von Tresckow (72 beziehungsweise 62 Jahre alt) wollen sich auch weiterhin hier engagieren, hoffen aber auch, Nachfolger für ihre Arbeit zu finden.