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Feuerwehreinsatz „Schlund der Hölle“ mitten in Jerichow

Qualm- und Dampfschwadenam Jerichower Feuerwehrgerätehaus: Fast 50 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Es war aber kein Ernstfall.

Von Sigrun Tausche 08.11.2016, 00:01

Jerichow l Zum zweiten Mal hatte die Feuerwehr Jerichow einen mobilen Brandcontainer vor Ort. Sie teilten sich dieses teure Trainingsgerät wie schon im vorigen Jahr mit der Stadt Tangermünde und ihren Ortsfeuerwehren. Zuvor war es umgekehrt: Kameraden der Feuerwehren der Einheitsgemeinde Stadt Jerichow waren nach Tangermünde gefahren und hatten dort diese sehr intensive Ausbildung schätzen gelernt.

Im Herbst ist Hochsaison für den Brandcontainer, sagt Juan Gomez, der mit dem Brandcontainer, montiert auf einen Sattelzug, aus Burgstädt bei Chemnitz nach Jerichow gekommen ist.

Juan Gomez ist Spanier und war 14 Jahre bei der Berufsfeuerwehr Madrid. „Wir wollten uns mal verändern“, schmunzelt er bei der Frage, was ihn aus dem warmen Spanien ins nasskalte Deutschland lockte. Seit zwei Jahren ist er nun hier und bei der Firme Blaul & Seifert GmbH in Burgstädt beschäftigt – als einer der „Brandstifter“, wie das Team auf der eigenen Internetseite scherzhaft vorgestellt wird.

Was er und seine Kollegen tun, ist aber alles andere als ein Spaß. Denn für Feuerwehrleute kann es eine Frage von Leben und Tod sein, im Brandfall richtig zu reagieren. Und das heißt auch, die Nerven zu behalten. Die beste Ausbildung nützt nichts, wenn eine Panik­attacke, ausgelöst von Feuer, Hitze, Dunkelheit und dem Gefühl, in der Falle zu sitzen, alles Gelernte schlagartig vergessen lässt.

Wer dagegen eine solche Situation bereits einmal hautnah erlebt hat, kann besser reagieren. Er weiß nun aus eigener Erfahrung, warum das Absichern nach hinten beim Eindringen in ein brennendes Gebäude so extrem wichtig ist. Denn nichts ist schlimmer, als von den Flammen eingeschlossen zu werden. Und wenn dann auch noch der Wasserschlauch zerstört wird ...

Juan Gomez steuert die Anlage mit Computerunterstützung von einem Leitstand aus. Zum Brandraum auf beiden Seiten hat er direkten Sichtkontakt durch Spezialscheiben. Er kann so nicht nur direkte Gefahrensituationen verhindern, sondern auch Effekte simulieren, wenn die Kameraden einen Fehler machen. Dann knallt es zum Beispiel mal öfter... Anschließend bespricht er mit ihnen den simulierten Einsatz, sagt, was sie gut gemacht haben, wo sie mehr Acht geben müssen, wo Gefahren lauern und was im Ernstfall hätte passieren können. Besser, hier einen Fehler zu machen als bei einem tatsächlichen Einsatz. Hier lässt er sich korrigieren.

Jeweils zwei Kameraden gehen gleichzeitig in den Brandcontainer. Am Sonnabend von 8 bis etwa 12 Uhr waren Kameraden der Stadt Tangermünde und von deren Ortsfeuerwehren an der Reihe, danach 20 Kameraden der Stadt Jerichow, und zwar von den Ortsfeuerwehren Scharteucke, Brettin, Roßdorf, Kleinwulkow, Großwulkow, Neuenklitsche, Kade, Jerichow und Schlagenthin.

Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Training ist, dass die Kameraden Atemschutzgeräteträger sind. Alle anderen dürften auch beim Einsatz nie in ein brennendes Gebäude.

Start jedes Durchgangs war auf dem Dach des Containers. Hier ist eine Tür mit Zugang nach unten über eine Treppe angebracht. Die erste Herausforderung ist schon das Öffnen der Tür: Das ist unvermeidlich mit Sauerstoffzufuhr zum Feuer verbunden, was den Brand weiter entfacht, im schlimmsten Fall explosionsartig. Größte Vorsicht ist also geboten. Den Weg nach unten müssen sich die beiden dann mit gezieltem Löschwassereinsatz erstmal freikämpfen, bevor sie die anderen „Tücken“ im Brandcontainer meistern können und sich die Tür auf der anderen Seite wieder öffnet.

Durchgeschwitzt, ziemlich geschafft, aber strahlend verlassen als letzte Anja Gesch und Robert Merten von der Ortsfeuerwehr Schlagenthin den Brandcontainer. Begeistert sind die Feuerwehrleute alle, dass sie diese Erfahrung unter Trainingsbedingungen einmal machen durften. Und Anja bewies, dass auch Frauen dieser Herausforderung bestens gewachsen sind.