1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Spannung bis zum Abstimmen

Genthiner Stadtrat Spannung bis zum Abstimmen

Mit 13-Ja, 10-Gegenstimmen und zwei Enthaltungen segnete der Genthiner Stadtrat Steuererhöhungen ab 2017 ab.

Von Simone Pötschke 24.09.2016, 01:01

Genthin l Unter unzählige Stunden voller kontroversen Diskussionen, die in Vorberatungen in den Ortschaftsräten, in Fachausschüssen und in den Fraktionen anfielen, zog der Stadtrat mit seinem knappen Ja für Steuererhöhungen einen Schlussstrich. Prognosen, wie die Entscheidung ausgehen könnte, glichen dabei einem Blick in die Glaskugel. Letztlich verschaffte einen starke CDU-Fraktion und die Fraktion Pro-Genthin eine notwendige Stimmenmehrheit.

Stadtratsvorsitzender Gerd Mangelsdorf (CDU) drängte auf eine zügige Entscheidung auch im Hinblick auf über 20 Tagesordnungspunkte, als er den TOP Hebesätze aufrief. „Wir müssen zu Ergebnissen kommen.“ Nach den Vorberatungen sei es nicht mehr notwendig, die „große politische Wetterlage zu beleuchten“.

Genau das aber wollte der Grüne Lutz Nitz nicht, als er zum Rundumschlag ausholte. Er erinnerte daran dass das Land Sachsen-Anhalt per 30. Juni einen Haushaltsüberschuss von 83 Millionen Euro verzeichnete und die Finanzlage im Land damit so schlecht nicht sein könne. Steuererhöhungen in der Stadt Genthin seien nach Auffassung von Nitz keine nachhaltige Politik, damit könne man letztlich den Haushalt nicht ausgleichen. Sie treffen nur den Bürger, das letzte Glied in der Kette. Er werde für die verfehlte Landespolitik verantwortlich gemacht.

Nitz sagte, dass es „anmaßend und nicht zielführend“ vom jetzigen Bürgermeister gewesen sei, den Altbürgermeister und die langjährigen Stadträte für die entstandene Finanzmisere verantwortlich zu machen.

Der Stadtrat habe einerseits im Interesse der wirtschaftlichen Ansiedlung Grundstücke zu niedrigeren Preisen verkauft als vorgesehen. Andererseits habe die Kommunalaufsicht trotz Haushaltskonsolidierungskonzept den Stadtrat gedrängt, aus Mitteln der Rücklage den Haushaltsausgleich herzustellen. Nitz zielte dabei auf das Argument des Bürgermeisters ab, dass die Finanzschwierigkeiten der Stadt auch auf den Umstand zurückzuführen seien, dass Genthin über Jahre die Rücklage aufgebraucht habe.

Lutz Nitz, der ankündigte, dass die Grünen gegen Erhöhungen stimmen werden, versicherte aber auch, dass seine Fraktion die Mehrheitsentscheidung des Stadtrates akzeptieren werde.

Dem Statements Nitz folge der Antrag von Alexander Otto (CDU) die Abstimmung namentlich durchzuführen, was eigentlich darauf deutete, dass die Abstimmung zügig vonstatten gehen würde.

Klaus Voth (CDU-Fraktionsvorsitzender) und Franz Schuster (Ländliche Wählergemeinschaft Fiener) unternahmen dann noch einmal einen Versuch, die Fiener-Ortsteile mit Schopsdorf auf der Grundlage der Gebietsänderungsverträge aus der Steuererhöhung auszuklammern.

Franz Schuster brachte den Antrag ein, die Erhöhung der Steuern nach den in den Gebietsvereinbarungen getroffenen Festlegungen jährlich zu staffeln. Dieser Antrag scheiterte allerdings.

Bürgermeister Thomas Barz versuchte gegenzusteuern: „Wir müssen die Steuern in Gänze anheben. Als die Gebietsänderungsverträge zustande kamen, gab es eine ganz andere Sicht der Dinge. Mit den Steuererhöhungen haben wir gute Aussichten, in zwei bis drei Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.“

Der Fraktionschef der Partei die Linken, Harry Czeke, ging auf die öffentliche Wirkung der Debatte um die Steuerhöhung ein. „Die Bürger müssen denken, dass es vor der Amtszeit von Thomas Barz im Stadtrat nur kommunalpolitische Tiefflieger gegeben hat.“

Zahlungen aus dem Ausgleichsstock, aus dem die Stadt finanzielle Unterstützung erhalten wolle, warnte Harry Czeke seine Stadtratskollegen, sei kein Rechstsanspruch. An den Bürgermeister gerichtet: „Ich hoffe nur, dass ihre Rechnung aufgeht.“

Czeke ging mit Barz ins Gericht: „Sie haben in den vergangenen Wochen Neid und Missgunst zwischen Vereinen und Trägern gesät. Steuererhöhungen hätten langfristig diskutiert werden müssen.“ Czeke hatte im Vorfeld bei den Beratungen stets eine Bürgerbeteiligung favorisiert.

Andy Martius (CDU-Fraktion) erwiderte im Verlaufe der Stadtratssitzung, das es nun nach seinem Dafürhalten dringend geboten sei, die Steuern anzuheben. „Je später wir entscheiden, je größer werden die Lasten.“

Martius versuchte in diesem Sinne den Streitgesprächen zwischen den Fraktionen die Luft zu nehmen, als er später anmerkte, dass ihn nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft interessiere.

Der Fraktionschef der SPD, Horst Leiste, bedauerte, dass die Diskussionen im Stadtrat zur Profilierungssucht missbraucht werden.

Eine Welle der Empörung trat das Statement von Alexander Otto (CDU) los, als er sagte, dass die Stadträte, die gegen Steuererhöhungen stimmen und dabei keine Spar-Alternativen vorschlagen, verantwortungslos handelten.

Das provozierte Birgit Vasen (Die Linke), die ihrem jungen Stadtratskollegen leidenschaftlich widersprach. „Unsere Fraktion hatte vorgeschlagen, das Sitzungsgeld für die Stadträte zu streichen, weil sie ein Zeichen setzen wollte. Dieser Antrag (er fand keine Mehrheit) hätte eine Ersparnis von 10 000 Euro gebracht. Otto sagte daraufhin, dass diese Ersparnis nicht nachhaltig sei. „Du meinst also das sind Peanuts“, entgegnete Vasen. Diese Diskussion sei unfair, war Vasen verärgert. Otto habe sich mit seinem Verhalten disqualifiziert, sagte sie. Dem schloss sich auch Günter Sander von der Fraktion die Grünen an, der Otto noch schärfer attackierte: Er stelle einige Stadträte als unfähig in die Ecke. Damit habe er sein Rederecht missbraucht, sagte Sander. Otto stimmte übrigens unter anderem der Kürzung der Mittel für Vereine in Höhe von 7500 Euro zu.