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Umfrageergebnis Demokratie kann man erlernen

In Genthin sehen Akteure aus Bildung und Jugendarbeit die Ergebnisse des sogenannten Kinderreportes kritisch.

Von Mike Fleske 08.02.2017, 07:09

Genthin l Der so genannte Kinderreport 2017 des Deutschen Kinderhilfswerkes macht deutlich, dass 33 Prozent der 1700 Befragten (unter ihnen 623 Kinder und Jugendliche) den jungen Menschen von heute nicht zutrauen, die Demokratie zu bewahren. Allerdings wird die vom Meinungsforschungsinstut Infratest Dimap durchgeführte Umfrage in der Praxis mit großer Zurückhaltung bewertet. Das Bild in der Region zeige sich nach Meinung der im Bildungs- und Jugendbereich Verantwortlichen deutlich anders.

„Ich sehe in der Region viele engagierte junge Leute, die Interesse an der Demokratie und am Engagement haben“, meint Gabriele Herrmann von der Koordinations- und Fachstelle für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, das bis 2019 in Genthin, Jerichow und Elbe-Parey umgesetzt wird. „Man muss den jungen Leuten die Möglichkeit geben, sich in demokratischen Prozessen zu üben.“ Das geschieht beispielsweise im Jugendforum des Bundesprogrammes, in dem sich Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren engagieren.

„Wir belegen, dass man durchaus etwas erreichen kann“, meint beispielsweise Sarah Eckold, Mitglied im Jugendforum. „Wir diskutieren Projekte und stimmen über die Umsetzung ab, Dinge wie das Graffiti-Projekt oder das Jugendfestival, die viele Stimmen bekommen, werden bevorzugt umgesetzt.“ Das sei ein Üben im Diskutieren und im Kompromisse finden“, meint die 17-Jährige. Sie muss aber auch einräumen, dass es schwer ist, Gleichaltrige für dieses Engagement zu begeistern.

Alexander Otto ist Kopf des Projektes Genthin 2020, in dem sich junge Leute für ihre Heimatregion engagieren. Er meint: „Was die Jugend der Generation Z angeht (die ab dem Jahr 2000 Geborenen), bin ich auch skeptisch, aber nicht verängstigt. Jede Generation hat ihre Eigenarten und Vorteile.“ Auch er nimmt die Umfrage mit Zurückhaltung zur Kenntnis, meint aber, dass es deutschland- und europaweit eine große Unsicherheit gibt, die auch die junge Generation erfasse. Jeder könne für eine bessere Zukunftsperspektive sorgen. „Eine Chance liegt dabei im Ehrenamt.“ Hier müsse die Gesellschaft offen zeigen: „Wenn du dich mit Herzblut engagierst, dann wollen wir dich auch hier halten und fördern.“ Diese Wertschätzung hält Alexander Otto für sehr wichtig.

Respekt und Wertschätzung bringt auch die Genthiner Streetworkerin Petra Schiele den Jugendlichen entgegen. „Mir ist nicht bange um die künftige Generation, es gibt in der Region viel Einsatz von jungen Menschen.“ In den vergangenen Jahren hat Schiele das Jugendforum betreut und dort ein erfolgreiches Miteinander erlebt. Sie dreht das Ergebnis der Umfrage um und meint: „Es bedeutet doch, dass zwei Drittel der Befragten den Jugendlichen durchaus zutrauen, die Demokratie zu verteidigen.“

Eine ähnliche Position bezieht die Stadt Genthin. „Kinder und Jugendliche müssen die Demokratiefähigkeit in einem langen Bildungsprozess erlangen, Erwachsene müssen diesen Prozess initiieren und lenken“, erläutert Alexandra Adel vom Fachbereich Verwaltung/Bürgerservice. Es komme darauf an, die jungen Menschen weder zu gängeln, noch zu überfordern. „Verantwortlich ist die gesamte Gesellschaft, und zwar jeder dort, wo er in Kontakt mit der jungen Generation steht“, fordert Adel.

Elternhäuser, Sportvereine, der Regionale Arbeitskreis Jugendarbeit sind dabei gefordert. Auch die Schulen. Volker Schütte, Schulleiter des Genthiner Bismarck-Gymnasiums, ist, was die Umfrage angeht, ebenfalls skeptisch. „Aus meiner Sicht sind die Ergebnisse und noch wichtiger die Schlussfolgerungen aus solchen Umfragen mit größter Vorsicht zu betrachten“, meint er. Während der Eröffnung der Ausstellung „Justiz im Nationalsozialismus“ hatte er gesagt, dass es auf die junge Generation ankomme, wenn die Demokratie künftig verteidigt werden soll. Das Gymnasium nehme dies auch als Teil des Bildungsauftrages an.

„Wir arbeiten immer auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, so dass dies zu einem Wesenszug des Gymnasiums zählt, der keiner gesonderten Betonung bedarf.“