1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Thema des Abends ist der Wolf

Wald Thema des Abends ist der Wolf

Die Genthiner Jäger kamen am Freitag zu ihrer Jahreshauptversammlung zusammen. Das Thema des Abends war der Wolf.

Von Kristin Schulze 10.04.2017, 01:01

Genthin l Die Genthiner Jägerschaft traf sich passenderweise im Stadtkulturhaus. Einige Wochen zuvor wurde vor eben diesem Kulturhaus ein Wolf beobachtet. Die Rückkehr des Wolfes in die Wälder des Kreises war neben „explodierenden Schwarzwild-beständen“ und illegalen Fahrten auf Waldwegen eines der dominierenden Themen des Abends. Eine Übersicht:

Wie viele Wölfe genau in den Wäldern des Jerichower Landes momentan leben, wisse man nicht, sagte der Vorsitzende der Genthiner Jägerschaft Richard Friedrich. Fest stehe aber: „Sie haben sich flächendeckend im Landkreis verbreitet.“ Die Übergriffe auf Nutztiere würden sich weiter vergrößern.

Das in Iden geschaffene Wolfskompetenzzentrum kritisierte Friedrich. „Wir hatten im Landkreis mit Thomas Bich und Stefan Latussek zwei Ansprechpartner vor Ort, diese Kräfte hat man abgezogen. Was soll das?“

Friedrich thematisierte vor allem die Folgen für die Nutztierhalter. „Sie bleiben mit ihren Kosten im Regen stehen.“ Die Weidewirtschaft würde mit den zunehmenden Übergriffen durch den Wolf grundsätzlich in Frage gestellt. Eine wolfssichere Umzäunung der Flächen sei nahezu unmöglich. Von einer Gefährdung des Wolfsbestandes könne nicht mehr gesprochen werden. „Im Gegenteil. Die Wolfspopulation explodiert.“ Was Friedrich davon hält, machte er sehr deutlich: „Der Wolf hat in unserer Kulturlandschaft, mit den zerklüfteten Wald- und Feldflächen, nichts verloren.“

Genthins Bürgermeister Thomas Barz sagte, man dürfe das Thema nicht kleinreden. „Der Wolf mag es hier. Er verteilt sich nicht, wie es prognostiziert wurde.“ Barz forderte „schnelle und unkomplizierte Entschädigungen“ und kritisierte, dass das Land nur einen kleinen fünfstelligen Betrag in den Haushalt eingestellt hätte. Er wies auch auf die Schäden für die Verpächter hin. „Die Preise für die Jagden werden sinken, wenn hier mehr als ein Jäger unterwegs ist.“

Der Wolf bestimmte auch die anschließende Diskussion. So sagte ein Teilnehmer: „Auf dem Papier des Landesverwaltungsamtes gibt es zwölf Wölfe im Jerichower Land. In der Realität sind es 50.“ Er kritisierte, dass Jungwölfe nicht gezählt werden. An die Jäger gewandt sagte er: „Auch wir können unseren Beitrag leisten und aufklären. Wer einen Wolf sieht, muss ein Foto oder Video machen und das melden. Nur so kann man etwas bewegen.“

Ein weiterer Redebeitrag widmete sich der Aufnahme des Wolfes ins Jagdgesetz. „Kommt der Jäger dann für die Schäden auf, die ein Wolf in seinem Revier anrichtet? Kein Jäger kann überall sein, im Gegensatz zum Wolf, der den ganzen Tag Zeit hat.“ Hier müssten politische Lösungen her.

Richard Friedrich widmete sich in seiner Rede außerdem den Schwarzwildbeständen. Sie seien „besorgniserregend angewachsen.“ Auch hier sprach der Vorsitzende der Genthiner Jägerschaft von einer „Explosion“. Zurückzuführen sei das auf die globale Erwärmung und die „fast jedes Jahr nahezu komplett ausfallende Wintersterblichkeit von Frischlingen.“ Viele der in den milden Wintern überlebenden Frischlinge würden schon mit fünf Monaten geschlechtsreif. Die Frühreife sei unter anderem auf das überreiche Fraßangebot der industrialisierten Landwirtschaft zurückzuführen. Große zusammenhängende und hochgewachsene Mais- und Rapsfelder würden die Bejagung erschweren. „Rotten ziehen im Frühjahr ein und kommen erst mit der Ernte wieder raus. Der Wildschaden steigt und wir Jäger werden allein gelassen.“ Friedrich forderte eine neue Wildschadensregelung mit den Landwirten.

Das Thema Trichinenschau kam erst in der Diskussion auf den Tisch. Die Trichinenschau ist für Haus- und Wildschweine, Füchse oder Dachse nach der Schlachtung Pflicht. Dabei wird das Fleisch auf Trichinen, das sind winzige Fadenwürmer, untersucht.

„Die Regeln im Jerichower Land sind zu kompliziert“, sagte ein Jäger. Außerdem sei die Untersuchung zu teuer. Während man hier um die 13 Euro zahle, würden in Magdeburg nur 7 Euro fällig.

Kreisjägermeister Hartmut Meyer versprach, das Thema im Kreis zu diskutieren. Er verwies aber auch darauf, dass die Trichinenschau in Möckern rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr möglich sei. „Das gibt es woanders nicht.“ Ein abschließendes Urteil wollte er sich zum Thema an diesem Abend nicht erlauben.

Deutlich äußerte Meyer seine Meinung zu einer Drückjagd, die im April im Landkreis stattgefunden haben soll. „Das ist ein Verstoß gegen die Waidgerechtigkeit und scharf zu verurteilen.“ Er appellierte an die Genthiner Jägerschaft, sich von diesem Verhalten in aller Form zu distanzieren. Ein Verfahren läuft. Wo die Drückjagd stattgefunden hat, sagte Meyer nicht. Dem Vernehmen nach handelt es sich aber um eine Jagd bei Karow. Hintergrund: Drückjagden dürfen nur im Winterhalbjahr durchgeführt werden. Im April sind viele Wildtiere hochtragend, die Jagd ist verboten.

Auf ein anderes Problem machte Richard Friedrich aufmerksam, als er das „illegale und rowdyhafte Befahren von Waldstücken und der Feldmark“ ansprach. In jüngerer Vergangenheit seien Jäger beschimpft und bedroht worden. Die Polizei müsse hier noch konsequenter vorgehen.