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Im Porträt Der Steinmetz im Museumsbüro

Ein Wissenschaftler mit praktischem Geschick kam dem Team des Städtischen Museums Halberstadt zupass. Ein Jahr lang ist André Pohl dabei.

Von Sabine Scholz 31.08.2016, 11:03

Halberstadt l Seine Herkunft kann er nicht leugnen. André Pohl sächselt hörbar. Er ist gebürtiger Leipziger, aufgewachsen im Raum südlich der Metropole. Nun ist er schon seit einem Jahr in Halberstadt tätig – im Städtischen Museum. „Am 1. September 2015 war mein erster Arbeitstag hier“, sagt der 42-Jährige. Als „Mitarbeiter Sammlung“ wird er in den Personalakten geführt. Doch der Arbeitsplatz des Museologen ist nicht nur das Magazin des Museums oder der Dachraum im Gartenhaus hinter der ehemaligen Spiegelschen Kurie.

Kennengelernt haben „den Neuen“ bereits die Mitglieder des Geschichtsvereins für Halberstadt und das nördliche Harzvorland, denn Pohl hat ihnen bei einer Exkursion die Geschehnisse der Völkerschlacht bei Leipzig und den noch heute sichtbaren Spuren nähergebracht. Pohl haben zahlreiche Halberstädter auch als Steinmetz erlebt. Beim jüngsten Fest Ton am Dom demonstrierte er die Arbeit eines Steinmetz‘, ließ Kinder und Erwachsene selbst zu Knüpfel und Meißel greifen. „Ich bin ja gelernter Steinmetz“, sagt der verheiratete Familienvater. „Übrigens, Maurer bin ich auch“, fügt er lachend an.

Nach seiner Schulzeit erlernte er den Maurerberuf, berufsbegleitend folgte eine Ausbildung zum Steinmetz. Dass er an der HTKW, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig seinen Studienabschluss als Museologe erwarb, habe er seiner Frau zu verdanken, erzählt er. „Sie gab mir den Anstoß. Weil sie mein Interesse für Geschichte und Kunst kannte, ermutigte sie mich, ein Fachabitur Gestaltung abzulegen und dann zu studieren.“

Gemeinsam mit seiner Frau, einer Diplombibliothekarin, „tingelte“ er nach dem Studium durch Sachsen. Wie fast überall in der deutschen Museumslandschaft, sind auch dort die meisten Stellen befristet. „Ich habe dabei viel gelernt. Als Volontär war ich in der Kunstsammlung Chemnitz tätig, habe den gesamten Bestand kennengelernt, weil Chemnitz bei der Umstellung des städtischen Haushalts auf die Doppik eine Bestandsaufnahme der Sammlung benötigte“, berichtet der Museologe, der noch immer mit Leidenschaft zeichnet. Asterix und Obelix hat er in der Gestalten-Ausbildung gezeichnet, das kleine bunte Bild setzt in dem sonst eher schmucklosen Raum einen Farbtupfer. Neben der Tür hängen zwei Bleistiftzeichnungen von Kapitellen. „Wenn man das zeichnet, weiß man als Steinmetz, wie man den Stein schlagen muss“, erklärt er. Wer Stein bearbeitet, braucht Geduld, Vorstellungskraft und Ausdauer.

Das kommt ihm beim Arbeiten für das Städtische Museum Halberstadt zugute. Halberstadt war für den Sachsen kein unbekannter Name. Nicht nur, weil ihm Halberstädter Würstchen schon als Kind ein Begriff waren. Im Studium befasste er sich mit Kunstgeschichte, da waren die Chorschranken der Liebfrauenkirche ein Thema, aber auch der Dom, den er schon in der Steinmetzlehre kennenlernte. Dass er einmal vis-à-vis „des wunderbaren Doms arbeite, hätte ich nie zu träumen gewagt“, sagt er.

Überhaupt, Halberstadt hat viel zu bieten für jemanden, der Kunst, Geschichte und alte Bauten mag. Wenn sich für seine Frau beruflich etwas in der Nähe ergibt, wolle er mit Frau und fünfjährigem Sohn gerne hier in der Region sesshaft werden. Wobei André Pohl nicht nur die Geschichte reizt. Die Verbindung von Moderne und Überliefertem schätzt er ebenso. Die zeige sich nicht nur baulich in Halberstadt, sondern sei auch Teil seiner Arbeit. „Ich darf das Archiv von Werner Hartmann in unsere Sammlung einarbeiten“, berichtet er. Das Inventarisieren erfolgt heute digital, der Computer ist wichtiges Arbeitsinstrument.

Auch für die kleine Porzellandose, die in dem Päckchen auf seinem Tisch liegt. Den Deckel des herzförmigen Döschens ziert eine Ansicht des alten Halberstädter Ratshauses vom Fischmarkt aus gesehen. Ein Mann aus Lörzweiler hat sie im Nachlass seiner Mutter gefunden und samt Heiratsurkunde nach Halberstadt geschickt. Seine Eltern hatten in den 1930er Jahren in Halberstadt geheiratet und die Dose damals geschenkt bekommen. Nun wird sie – fotografiert, beschrieben, mit Inventarnummer versehen – erst in der Datenbank erfasst und dann ins Magazin gebracht.