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Fachwerk-Sanierung Mexikaner lüftet Geheimnis

Geheimnisumwittert waren bislang die Eigentumsverhältnisse um das Fachwerkhaus Grudenberg 7 in Halberstadt. Der Besitzer ist ein Mexikaner.

Von Jörg Endries 14.08.2016, 07:00

Halberstadt l Sombrero auf dem Kopf, braungebrannt und Spanisch sprechend – so stellt man sich landläufig wohl den klassischen Mexikaner vor. So erging es auch Jens Klaus, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, als er zum ersten Mal hörte, dass der Besitzer des Fachwerkhauses Grudenberg 7 ein Mexikaner ist. Dass sich das nach Jens Klaus Einschätzung wohl wichtigste Fachwerkhaus Halberstadts in den Händen eines Mannes befindet, der am anderen Ende der Welt lebt, ­bereitete anfangs nicht unbedingt nur Freude. Zumal angesichts des großen Sanierungsbedarfes zur Rettung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes. Bedenken, die sich jedoch schnell in Luft aufgelöst haben. Der Mexikaner trägt einen sehr deutschen Namen – Otto Plettner. Und er kümmert sich nach seinen Möglichkeiten um sein Eigentum.

Wer ist dieser Mexikaner mit deutschen Namen? Bislang ein großes Rätsel. Im exklusiven Volksstimme-Gespräch lüftet der Mann das Geheimnis.

„Drei Tage nach der Wiedervereinigung habe ich zum ersten Mal Halberstadt besucht“, erinnert sich der 76-Jährige. Sein Vater hatte ihn gebeten, sich um die Liegenschaften der Familie zu kümmern – das besagte Haus Grudenberg 7. „Das befindet sich immerhin seit 1854 in Familienbesitz“, sagt Otto Plettner. Die Stadt, die ihm sehr gut gefällt, hat den Mexikaner, der stolz auf seine doppelte Staatsbürgerschaft ist, nicht wieder losgelassen. „Ich bin jedes Jahr einmal hier, um mich nach Kräften um den Grudenberg 7 zu kümmern.“ Arbeit gibt es genug am und im seit etwa 30 Jahren verwaisten Fachwerkhaus.

Das über 300 Jahre alte Gebäude (um 1700 erbaut) ist stark sanierungsbedüftig. Otto Plettner wollte es schon verkaufen. „Doch angesichts der im Keller befindlichen Immobilienpreise bringe ich es nicht übers Herz, den Familienbesitz für ein Butterbrot zu verscherbeln.“ Es gebe zu viele Erinnerungen und Verbindungen. Der Mann aus Mexiko erzählt, dass sein Vater in den 1930er Jahren einer Tante in Halberstadt, der das Haus damals gehörte, mit 20 000 Goldmark (heute etwa 300 000 Euro) geholfen habe eine Hypothek abzulösen. „Sie befand sich in finanzieller Not und hätte sonst den Grudenberg 7 verloren“, so Otto Plettner.

Jetzt sucht er nach einem Weg, das Haus endlich zu sanieren. Allein kann Otto Plettner die Kosten dafür nicht tragen. 1991 habe er ein Architekturbüro aus Braunschweig mit einer Kostenstudie beauftragt. Sie besagt, dass Investitionen von etwa 1,9 Millionen D-Mark fällig wären. 25 Jahre später könnten dies heute locker 1,9 Millionen Euro sein, vorsichtig geschätzt. Denn der Verfall und damit der Zahn der Zeit nagt bis heute unaufhörlich an der historischen Substanz. Trotz der von Otto Plettner beauftragten Sicherungsschritte.

„Ich bin froh, dass im Rahmen der Niedersachsenhilfe der Grudenberg 7 nach der politischen Wende eine neue Dacheindeckung erhalten hat. Sonst wäre das Haus mittlerweile wohl verloren“, stellt Jens Klaus fest. Die Stadtverwaltung will dem Besitzer helfen und beantragt Fördermittel für die Rettung und Sanierung. „Uns sind aus den unterschiedlichsten Gründen in den zurückliegenden Jahrzehnten so viele Fachwerkhäuser verloren gegangen. Den Grudenberg 7 darf dieses Schicksal nicht ereilen. Das Haus ist immerhin stadtbildprägend und eines der wichtigsten Gebäude in der Altstadt“, so der Fachmann. Die Chancen, dass die Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, schätzt Jens Klaus als gut ein.

Claudia Hennrich, Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrums Quedlinburg, signalisiert Unterstützung beim Vorhaben Sanierung Grudenberg 7.