1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Gericht urteilt zu Anschlusszwang

Fernwärme Gericht urteilt zu Anschlusszwang

Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat die erste Halberstädter Klimasatzung endgültig abgelehnt.

Von Theo Weisenburger 26.02.2017, 00:01

Halberstadt l Die erste Runde hat einen eindeutigen Gewinner, doch die zweite kommt mit Sicherheit. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Magdeburg hat entschieden, dass der von der Stadt Halberstadt im Jahr 2012 erlassene Anschlusszwang an das Fernwärmenetz nicht rechtens ist. Die Wohnungsbau- genossenschaft Halberstadt (WGH) hatte gegen die Satzung geklagt.

Das Urteil war zu erwarten, schließlich hatte das OVG in erster Instanz schon einmal ähnlich geurteilt. Spannend indes ist die Urteilsbegründung. Die für einige Teile der Stadt geltende Klimasatzung sieht vor, dass bei einem Neubau oder einer Erneuerung der Heizungsanlage zwingend die Fernwärme der Halberstadtwerke zu nutzen ist. In seinem ersten Urteil hatte das Gericht das Rathaus zurückgepfiffen. Die Stadt dürfe zwar einen Zwangsanschluss durchsetzen, müsse aber den konkreten Nutzen nachweisen. Das sei aber nicht geschehen.

In ihrem Anfang der Woche gefällten Beschluss argumentieren die Richter anders. Ein Anschluss- und Benutzerzwang sei grundsätzlich rechtens. Doch er müsse einer öffentlichen Einrichtung zugute kommen, so der stellvertretende OVG-Sprecher Lars Bechler. Im Fall der Halberstadtwerke, um deren Fernwärme es geht, haben die Richter Zweifel. Der Grund: Die Halberstadtwerke gehören zu 75 Prozent der städtischen Nosa, aber zu 25 Prozent der Thüga, einem Zusammenschluss von Stadtwerken. Nach Meinung der Richter sei nicht klar geworden, wie groß der Einfluss der Stadt auf die Betriebsführung der Halberstadtwerke ist. Allein auf die 75 Prozent Gesellschafteranteile zu verweisen, genüge nicht. Dazu müssten andere, vertragliche Regelungen getroffen werden.

Im Prinzip ist dieser vom OVG getroffene Beschluss rechtskräftig, eine Revision ist nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung dieser Revision kann die Stadt aber Beschwerde einlegen.

Zum Ausgang des Verfahrens wollte sich Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) am Freitag nicht weiter äußern. Er habe bislang nur unbestätigte mündliche Informationen über die ablehnende Entscheidung des OVG im schriftlichen Verfahren. „Wir können es zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren, da wir nicht wissen, worauf das OVG seine endgültige Entscheidung gestützt hat.“

Das Urteil des OVG hat zunächst keine weiteren Auswirkungen. Bereits aus dem ersten Urteil hatte die Stadt die Konsequenzen gezogen und eine neue, bis heute geltende Satzung erlassen. Wichtigste Änderung: Die Stadt holte ein Klimagutachten ein, das den konkreten Nutzen einer flächendeckenden Versorgung mit Fernwärme nachweist. Auf dieser Grundlage wurde die zweite Satzung vom Stadtrat verabschiedet. Wer im Geltungsbereich der Satzung ein Haus baut oder seine Heizungsanlage auswechselt, muss sich ans Fernwärmenetz der Halberstadtwerke anschließen. Es gibt aber auch eine Befreiungsklausel.

Auch gegen diese Satzung geht die WGH vor, die Klage ist ebenfalls vor dem OVG anhängig. Das war in dieser Angelegenheit bislang untätig geblieben, wollte den Ausgang des ersten Verfahrens abwarten. Wie lange sich der Rechtsstreit um die zweite Satzung hinziehen wird, ist offen.

Wichtig für den Ausgang dieses Verfahrens dürfte sein, wie das Rathaus auf das aktuelle Urteil reagiert. WGH-Chef Karl-Heinz Schönfeld geht davon aus, dass er mit seiner zweiten Klage ebenfalls gute Chancen auf Erfolg hat. Zum einen zeige ein Gutachten der WGH, dass die von den Richtern verlangten Mindestanforderungen auch jetzt nicht erfüllt würden, der Anschlusszwang also weiterhin nicht mit Klimaschutz zu begründen sei. Zum anderen geht er davon aus, dass die zweite Satzung Passagen enthält, die vor Gericht keinen Bestand haben. Der Streit um den Anschlusszwang dürfte sich also noch hinziehen.