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Feuerwehr Berufswunsch: Lebensretter

Der Wernigeröder Stephan Tamke absolviert eine Ausbildung zum Feuerwehrmann - nicht bei einer freiwilligen Wehr, sondern hauptberuflich.

Von Sandra Reulecke 31.07.2016, 01:01

Harz l Binnen Sekunden müssen sie startklar sein. Die Kommandos sind knapp. Jeder Handgriff muss sitzen. Ertönt das Signal, steht vielleicht ein Leben auf dem Spiel: Feuerwehrleute tragen eine hohe Verantwortung. In Wernigerode sorgen nicht nur freiwillige Kameraden für den Brandschutz, es gibt zudem eine hauptamtliche Wache. Sechzehn Männer sind dort beschäftigt, zwei davon sind Auszubildende.

Zu ihnen gehört seit März 2015 Stephan Tamke. Dass er als Feuerwehrmann seinen Traumberuf gefunden hat, überrasche ihn selbst, verrät der 31-Jährige. Wie kam es dazu? Er lacht. „Das fragen alle – zumal ich vorher nie etwas mit Feuerwehr zu tun hatte.“ Nach der Schule absolvierte er eine Zimmermannslehre, verpflichtete sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr, war dort Ausbilder. „Es ist schwierig, nach so langer Zeit in den alten Beruf zurückzufinden“, sagt der Wernigeröder. „Zumal man mit 16 ganz andere Vorstellungen von einem Job hat, als ich es heute habe.“

Durch einen Freund – Berufsfeuerwehrmann in Halle – kam er auf die Idee, sich den Floriansjüngern anzuschließen. Ein Praktikum verstärkte den Wunsch. „Der Job beinhaltet Teamarbeit und Kameradschaft, wie ich es bei der Bundeswehr zwölf Jahre lang kennengelernt und gepflegt habe, das war ein starkes Argument.“ Seine Eltern und seine Freundin seien stolz, dass er sich für diesen Beruf entschieden habe. „Der Job hat ein gutes Ansehen. Wir sind da, wenn jemand Hilfe braucht. Dafür sind die meisten dankbar.“ Zudem gefalle ihm die Abwechslung, da kein Tag wie der andere sei. „Ich könnte mir nicht vorstellen, am Fließband zu stehen und nur Knöpfe zu drücken – selbst, wenn ich damit mehr verdiene“, betont Tamke.

Finanziell muss er sich zunächst keine Sorgen machen. Für die Dauer der Ausbildung erhält er von der Bundeswehr weiterhin sein Gehalt. „Das ist üblich, damit man sich nach der Zeit wieder in das normale Leben integrieren kann“, berichtet der Wernigeröder.

Seine handwerkliche Ausbildung war ein Vorteil bei der Bewerbung als Feuerwehrmann. Eine vergleichbare Lehre ist eine der Voraussetzungen – ebenso körperliche Fitness, Belastbarkeit, ein Führerschein und ein gutes Allgemeinwissen. Neben dem klassischen Bewerbungsgespräch müssen die Anwärter einen schriftlichen Test, ärztliche und psychologische Untersuchungen, eine Sportprüfung und einen Test, ob sie die 30-Meter-Drehleiter überstehen, absolvieren.

Gut zwei Jahre dauert seine Ausbildung. Sie beinhaltet einen sechsmonatigen Grundlehrgang in Bremerhaven und Dienst in der Feuerwache. Ein Bestandteil hat bei Stephan Tamke besonders Eindruck hinterlassen: Die Ausbildung zum Rettungssanitäter – inklusive Dienst im Rettungswagen, in der Notaufnahme und bei Operationen. „Ich war zum Beispiel bei einer Amputation dabei“, berichtet der 31-Jährige. „Das war krass, gleichzeitig interessant. Es ist gut, dass ich so etwas mal gesehen habe. Ich weiß nicht, wie ich sonst im Einsatz auf solche Verletzungen reagieren würde.“

Berufsfeuerwehrleute sind nicht nur gefordert, wenn es brennt oder einen Unfall gibt. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem Tierrettung; Amtshilfe für die Polizei und der Bauhof; die Kontrolle von Brandschutztüren, Feuerlöschern und Hydranten sowie die Instandhaltung der Feuerwehrfahrzeuge.

Sein neuer Job hat ihn auch privat beeinflusst. „Ich bin vorsichtiger geworden und rate meinen Freunden und der Familie dazu, langsamer zu fahren, umsichtiger zu sein.“ Wenn er und seine Kameraden jedoch zum Einsatz gerufen werden, ist keine Zeit für Sorgen oder gar Angst. „Man ist konzentriert und arbeitet das ab, was man gelernt hat.“ Teamarbeit sei dabei das oberste Gebot. „Beim Einsatz muss man sich blind verstehen, es spielt keine Rolle, ob hauptberufliche oder ehrenamtliche Feuerwehrleute vor Ort sind. Die Arbeit geht Hand in Hand.“

Das bestätigt auch sein Chef Matthias Treuthardt. „Ich bin dankbar für jeden Ehrenamtler, ohne sie könnten wir den Brandschutz in der Form nicht absichern“, betont der Sachgebietsleiter für Brand- und Katastrophenschutz der Stadt Wernigerode.

Warum gibt es dann aber die hauptberufliche Feuerwache? „Es werden immer weniger Freiwillige. Gerade tagsüber ist es schwer, nur mit Ehrenamtlern in so kurzer Zeit zum Brandort zu kommen – viele arbeiten außerhalb der Stadt. Außerdem übernehmen wir mehr Aufgaben, als ‚nur‘ Brände zu löschen.“ Zudem ist Wernigerode eine Fachwerkstadt mit enger Bebauung, es gibt ein großes Krankenhaus und viel Industrie – da sei jede Sekunde, die es dauert, zum Einsatzort zu kommen, entscheidend. Deshalb ist die Wache in Wernigerode werktags dauerhaft besetzt. Die Kameraden arbeiten in zwei Schichten, 24 Stunden pro Arbeitstag.