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Genuss Kanadier braut Craft-Bier im Harz

Die Bierbraukunst will Kolin Kroskis mit neuen Ideen beleben. Dazu ist der Kanadier nach Halberstadt gekommen.

23.07.2017, 06:12

Halberstadt l Viele Deutsche träumen von einer beruflichen Karriere in den USA oder Kanada. Kolin Kroskis hat genau den umgekehrten Weg genommen. Der gebürtige Kanadier aus Edmonton im Bundesstaat Alberta lebt seine Berufung in Deutschland aus. Der 38-Jährige ist seit Februar diesen Jahres festangestellter Braumeister im Restaurant Villa Heine in Halberstadt. „Dass ich die Chance hier bekommen habe, eigene Bier-Kreationen zu brauen, macht mich stolz und glücklich“, sagt der Bier-Fan in einem fast tadellosem Deutsch.

Deutschlandweit hat sich der Mann aus Kanada um einen Braumeister-Job beworben. Dass es sofort in Halberstadt in der Villa Heine klappt, hätte Kolin Kroskis nie zu träumen gewagt. „Praktisch vor meiner Haustür“, freut sich der Brauer, der mit seiner Familie in Wernigerode lebt.

Seit 1999 steht im Restaurant des Vier-Sterne-Superior-Hauses eine kleine Brauerei. Die Stelle des Braumeisters war lange vakant. Nicht, weil es keine Interessenten gab. Die Unternehmensführung sah keine Notwendigkeit, den Job hauptberuflich zu besetzen. Stattdessen setzte man auf Wechsel und Zeitverträge. Das hat sich gründlich geändert. Geschäftsführerin Silke Erdmann-Nitsch hat das Brauhaus aus dem Schlaf geweckt. „Zum guten Essen gehört gutes Bier“, lautet ihr Anspruch. Ihre Hoffnungen setzt sie dabei auf Kolin Kroskis.

Während eines Deutsch­kurses als Teenager an der heimatlichen High School in Kanada verliebte sich Kolin Kroskis in Deutschland. Ein Gefühl, das sich durch eine erste Deutschland-Reise nach München verstärkte. Dass er in Germany auch seine große Liebe, seine spätere Frau findet, ahnte er damals nicht. Mit der gebürtigen Wernigeröderin, die er 2006 in Berlin während eines Studiums an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauereiwesen kennenlernte, ist Kolin Kroskis mittlerweile verheiratet. Beide haben eine zweieinhalbjährige Tochter.

Die Deutschlandpläne reiften bei Kolin Kroskis erst später. Nach dem München-Tripp flog er über den großen Teich erst einmal zurück nach Edmonton und studierte Chemie.

„Erst dabei habe ich meine große Leidenschaft für Bier und zur Braukunst entdeckt“, erzählt der Kanadier und erklärt: „Als Chemiker muss man sehr präzise sein, genau wie beim Brauen, wenn es ein gutes Bier werden soll.“ Und genau da­rauf legt er sehr großen Wert. „In Deutschland gibt es zwar viele, sehr viele Biersorten. Da­runter befindet sich allerdings eine Menge Industrie-Bier, das für einen Massengeschmack hergestellt wird.“ Kolin Kroskis setzt auf Craft-Bier. „Das sind krea­tive, hochwertige Biere mit verschiedenen Aromen. Praktisch eine Gegenbewegung zum Industrie-Bier.“ Und wo lässt sich dieser Anspruch besser umsetzen, als in einer kleinen aber feinen Brauerei in Halberstadt, betont der Fachmann.

Seinen ersten Job in der Bierbranche bekam Kolin Kroskis in einer Brauerei in Calgary. „Praktisch gleich um die Ecke, zumindest für kanadische Verhältnisse, 300 Kilometer von meinem Heimatort entfernt.“ Sechs Monate sammelte er in der Craftbier-Brauerei Erfahrungen, die sein Berufsbild entscheidend prägten. „Die Arbeit in Calgary war eine wichtige Zeit. Dort wird ein sehr gutes Bier gebraut. Handwerk wird ebenfalls ganz groß geschrieben – was nach meiner Ansicht wichtig ist, wenn man ein gutes Craft-Bier brauen will.“ Das viel gepriesene deutsche Reinheitsgebot, das die Zutaten für ein Bier auf Wasser, Malz, Hopfen und Hefe beschränkt, sei eine Hürde. Der Kanadier tritt dagegen für ein Natürlichkeitsgebot ein. „Ich würde gern mehr mit Früchten arbeiten. Aromatische Biere sind sehr ­lecker“, schwärmt der Kanadier.

Seit Ende Mai braut Kolin Kroskis in seinem Brauhaus nicht nur ein Edel-Pilz, sondern auch ein Schwarzbier. „Das Schwarzbier nach einem eigenen Rezept“, sagt er stolz. Das sei erst ein Anfang. Erklärtes Ziel von ihm ist, Obstbiere zu brauen, ein gutes dunkles Starkbier und ein Hopfen-Weizen-Bier gehören ebenfalls dazu. Ziel sei außerdem, dass sein Bier nicht nur im Restaurant und Hotel Villa Heine ausgeschenkt wird. „Es soll in ausgewählten Märkten erhältlich sein.“ Das Brauhaus sei mit einer Kapazität von 1500 Hektolitern (150 000 Liter) dazu in der Lage.

Mit der Liebe zur Braukunst möchte Kolin Kroskis in Halberstadt ein breiteres Publikum infizieren. Dafür hat er einen Stamm-Tisch für Hobby-Brauer im Restaurant Villa Heine aus der Taufe gehoben. Mit sechs Interessierten sei die Resonanz bescheiden ausgefallen. „Dabei ist es so einfach, ein leckeres Bier selbst herzustellen. Dazu benötigt man im Grunde nur einen Topf und einen Eimer.“ In Kanada sitzen 70 bis 80 Leute an so einem Stamm-Tisch. Eine Größenordnung, die sich der Mann aus Kanada für Halberstadt wünscht. Guten Morgen