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Schulschach Größte Lehrstunde Deutschlands

Halberstadt findet vom 11. bis 13. November der 9. Schulschachkongress statt. Mit Lehrstunde, Simultanspiel und Boxen.

Von Gerald Eggert 12.11.2016, 14:49

Halberstadt l „Schach ist in seinem Geist ein Spiel, in seiner Form eine Kunst und in seiner Ausführung eine Wissenschaft“, mit diesem Spruch von Baron Tassilo eröffnete Schulleiterin Regina Zimmermann am Freitagmorgen den Schulschachkongress in der Aula des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums und hieß alle „Spieler, Künstler und Wissenschaftler“ willkommen. Für 80 Schülerinnen und Schüler begann damit die „Größte Schachlehrstunde Deutschlands“, geleitet vom Hamburger Schulleiter und Schachexperten Björn Lengwenus und dem Halberstädter Schachlehrer Heiko Schlamm.

Die folgenden 60 Minuten waren durchaus keine leisen wie sonst beim Schachspiel, denn die beiden Moderatoren, die jeweils eine Hälfte der Schülerschaft als ihre Mannschaft übernahmen, präsentierten in der Folgezeit knifflige und spannende Schachaufgaben, die es in Sechser-Teams zu lösen galt. Zunächst wurde es lustig beim „Keks und dem Krümelmonster“, dann galt es zu erkennen, mit wievielen Zügen Schwarz siegen oder mit zwei Zügen Weiß matt setzen kann. Dem „Turm-Läufer-Matt“ folgten zehn Aufgaben, die in jeweils zehn Sekunden zu lösen waren. Die Kinder machten begeistert mit. Die Stunde endete mit einem Blitzduell, ausgeführt von Fabienne Wolf und Robin Delgado. Letzterer gewann das von Björn Lengwenus professionell kommentierte Spiel.

Robin Delgado gelang es, beim anschließenden ­Simultanschach in der Turnhalle, bei dem die Frauengroßmeisterin Tatjana Melamed gegen 30 Spieler antrat, eines der beiden Remis zu erzielen. In der Runde spielte auch der schachbegeisterte Chef der Harzsparkasse, Werner Reinhardt. Eine außergewöhnliche Begegnung lockte noch einmal in die Aula. Dort traten Manal Jakish und Kevin Jäger bei der Schach-Box-Show unter dem Motto „Geist oder Faust, wer gewinnt?“ an. Der erfolgreiche Judoka Jäger besiegte den besser schachspielenden Jakish in der dritten Runde mit K.O.

Überall in der Schule wurde Schach gespielt, in den Spieleräumen, aber auch im Flur auf dem Fußboden. Dort machte zum Beispiel Tuan Thanh Truong seine Mitschüler Jan-Niklas Schüler und Felix Stock mit dem Chinesischen Schachspiel vertraut. In den beiden Bibliotheken lernten Schülerinnen und Schüler von schachkundigen Senioren.

Das Ströbecker Lebend­schach­ensemble empfing am Nachmittag die Kongressteilnehmer in der Schule. In der Aula hieß Regina Zimmermann die Gäste aus ganz Deutschland willkommen, bevor Chor und Singekreis des Gymnasiums, unterstützt von Ströbecker Grundschülern, das musikalische Willkommen anstimmten. Letztere machten ihr Publikum mit der tausendjährigen Schachgeschichte Ströbecks bekannt, berichteten von der Legende um den adligen Gefangenen Gunzelin, der seinen Bewachern das Spiel beigebracht haben soll, und machten auf ihre Schulschachtradition aufmerksam.

Das griff Staatssekretärin Edwina Koch-Kupfer (CDU) auf und benannte die vielen guten Erfahrungen und Erfolge im Schulschach in Halberstadt. Sie machte darauf aufmerksam, dass am selben Tag in New York die Schachweltmeisterschaft begonnen hat. „New York und Halberstadt sind Schachstädte dieser Tage“, sagte sie und wünschte allen Teilnehmern spannende, erlebnis- und erkenntnisreiche Tage.

Jörg Schulz, Geschäftsführer der Deutschen Schachjugend, hatte eine Überraschung parat. Er verlieh der Ströbecker Grundschule „Dr. Emanuel Lasker“ das Qualitätssiegel des Deutschen Schachbundes „Deutsche Schachschule“. Halberstadt könne stolz sein auf nun drei Schulen, die diesen Titel tragen. Übrigens die einzigen drei im Land Sachsen-Anhalt. Schach müsse lebendig und ein fester Bestandteil der Schule sein, sagte er. Deutschlandweit spiele Schach in der Schule eine immer größere Rolle. Den Bildungspolitikern empfahl er, diese Entwicklung noch besser zu unterstützen.

Ströbeck sei die „Wiege des Schulschachs“ unterstrich Schulz. Eigentlich hätte die Schule das Siegel schon viel eher verdient. Doch es gebe nicht nur Kriterien zu erfüllen, sondern einen Antrag zu stellen. Ströbecks Bürgermeister Jens Müller (SPD) gratulierte Schulleiter Volker Heinold und Schachlehrerin Isa Hauf, die den Antrag gestellt haben, sowie Hans-Jürgen Dwornik, der die Schacharbeitsgemeinschaft betreut, und wünschte weiterhin große Erfolge.

Was Ströbeck und seine Schule zu bieten haben, davon konnten sich die Kongressteilnehmer am Nachmittag überzeugen. Andere besuchten den Domschatz oder unternahmen eine thematische Straßenbahnfahrt durch Halberstadt. Das umfangreiche kulturelle Programm ist vor allem der Schachlehrerin Christel Kliefoth zu verdanken, die für ihre Verdienste vom Landesschachverband mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet wurde.