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Filmmusik Großes Kino für die Ohren

Das Solina-Cello-Ensemble hat ganz großes Kino nach Haldensleben gebracht - und eine Auswahl der bekanntesten Filmmusiken.

Von Jens Kusian 27.03.2017, 01:01

Haldensleben l Pfeifend schlendert Michael Gundlach durch die Zuhörerreihen. „Klar kenne ich die Melodie. Aber aus welchem Film stammt sie?“ – das ist die Frage, die das Publikum am Freitagabend im Dachgeschoss der Kulturfabrik in den folgenden 90 Minuten vorrangig beschäftigen wird.

Manchmal nimmt Michael Gundlach, der Mann am Klavier, schon vorher die Spannung heraus, wenn er verkündet, welche Filmmusik er und die drei Damen – nein, nicht die vom Grill – als nächstes spielen. Katrin Banhierl, Ulrike Müller und Lisa Pokorny lassen den Bogen über ihre Violoncelli fliegen und folgen der Anweisung von Sergio Leone: „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Auf insgesamt 12 Saiten und 88 Tasten treibt das Quartett gnadenlos Rocky Balboa durch den Boxring und den Gladiator durchs Kolloseum, nur um es dann mit Mogli und Balu zu halten – „Probier‘s mal mit Gemütlichkeit“. Die Musiker öffnen Forrest Gumps Pralinenschachtel und verhindern das Armageddon mit „I Don‘t Want to Miss a Thing“ rein instrumental, ganz ohne Steven Tyler und Aerosmith. Und die Cellistinnen mit klassischer Ausbildung pfeifen auf Konventionen, ziehen für „Ghostbusters“ ein Ganzkörper-Kondom über und sich anschließend in die Pause zurück.

Zeit für das Publikum, kurz zu verschnaufen, denn die zweite Runde wird noch größer, wird noch mehr Hollywood. Das Solina-Cello-Ensemble intoniert „Skyfall“ und wechselt so gekonnt in das Hauptthema, dass es jedem Zuhörer spätestens da schlagartig klar wird: „Mein Name ist Bond, James Bond!“ Denn unter den Gästen finden sich auch Jahrgänge, die den vorletzten Fall des Doppel-Null-Agenten vielleicht nicht mehr verfolgt haben, sich wohl aber noch gut an seinen ersten erinnern können.

Ebenso an Winnetou. Katrin Banhierl reitet als großer Apachenhäuptling auf einem Stuhl, dahinter sitzt Kollegin Ulrike Müller als Winnetous Schwester Nscho-tschi. Beide befideln das Cello. Lisa Pokorny sitzt davor und klopft gegen das Instrument – sie ist Winnetous Pferd Iltschi. Und Michael Gundlach reitet auf seinen zwei Beinen durch die Prärie.

Überhaupt ist der einzige Mann im Ensemble eine Frohnatur. Charmant und witzig moderiert er sich und seine Damen von Filmmusik zu Filmmusik, lässt die Zuhörer lachen und staunen und beim „Pink Panther“ einfach mit den Fingern mitschnippsen. Oder komplett mitpfeifen – wie den Song „Always look on the bright side of life“ aus Monty Pythons „Das Leben des Brian“.

Die Musiker setzen auf Kontraste. Den Herzensbrechern „Stand by me“, „Dirty Dancing“ und „Comptine d‘un autre été“ aus der fabelhaften Welt der Amelie folgen die marodierenden „Pirates of the Caribbean“ und der martialische „Imperial March“ aus Star Wars. Und „Der Pate“ erklingt so originalgetreu, dass eigentlich jeden Augenblick Don Vito Corleone persönlich auf der Bühne erscheinen müsste. Oder zumindest Marlon Brandos Synchronsprecher.

Doch es kommen andere. Die Sängerinnen und Sänger vom Singkreis „Laudate“ und vom Männerchor „Liederkranz“ sind vom Solina-Cello-Ensemble eingeladen worden, sie stimmgewaltig zu unterstützen. Vier Wochen lang haben die Frauen und Männer vorher geübt und stehen nun zum Höhepunkt des Abends vor der Bühne.

Sie singen gemeinsam „Conquest of Paradise“. Das Lied des griechischen Komponisten Vangelis erlangte große Bekanntheit als Hauptmelodie zu Ridley Scotts Historienfilm „1492 – Die Eroberung des Paradieses“. Auch Boxer Henry Maske hatte es als Einlaufmelodie. Trotzdem ist Rocky Balboa bekannter, was mit Sicherheit auch an seiner Einlaufmelodie „Eye of the Tiger“ liegen dürfte. Die legt das Ensemble als Zugabe noch einmal obendrauf.