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Verkehrsunfälle Radfahrer leben gefährlich

Welche Stellen sind in Haldensleben für Radfahrer besonders gefährlich? Dieser Frage geht die Volksstimme mit Nadine Oelze vom ADFC nach.

Von Annika Stock 13.04.2016, 01:01

Haldensleben l Eine Fahrradfahrerin fährt auf dem rechten Fahrradweg auf der Gerikestraße in Richtung Hagenstraße. Sie verhält sich bis jetzt richtig, schließlich soll ein Radfahrer auch in der vorgeschriebenen Richtung auf dem Weg fahren und nicht als „Geisterfahrer“ im Verkehrsgeschehen unterwegs sein.

Doch dann kommt sie in Höhe der Rottmeisterstraße an der Ampel an, die für die Autofahrer rot zeigt. Die Radlerin fährt unbeirrt weiter und überquert die Straße – ein Fehler, den viele Radfahrer machen.

Schließlich gilt laut Paragraph 37 Absatz 2 in der Straßenverkehrsordnung (StVO), dass für den Radfahrer die allgemeine Verkehrsampel und nicht die Fußgängerampel gilt. „Durch solches Fehlverhalten können Unfälle passieren“, sagt Nadine Oelze, stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Jerichower Land des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Und es stimmt: An der Kreuzung Gerikestraße/Rottmeisterstraße haben sich laut Statistik der Polizei im Jahr 2014 zwei Unfälle mit Radfahrern ereignet.

Auch an der Kreuzung Gerikestraße/Köhlerstraße fallen Rad- und Autofahrer mit ihrem Fehlverhalten auf. Die Autofahrer halten meist auf dem Radweg, der die Nebenstraße kreuzt, um nach links und rechts zu schauen, um den Verkehr auf der Hauptstraße zu beachten. Der Radfahrweg sollte jedoch in der Regel immer freigehalten werden – dies geht auch aus der StVO hervor. Ein einziges Fahrschulauto hält vorschriftsgemäß vor dem Radweg und lässt die Radfahrer passieren.

An dieser Kreuzung hat es im Jahr 2014 zwei Unfälle mit Radfahrern gegeben – im Jahr 2013 sind es drei gewesen. Bei allen Unfällen ist die Vorfahrtsmissachtung die Ursache gewesen.

Als Nadine Oelze einen älteren Radfahrer dabei beobachtet, wie er auf dem Fußweg die Köhlerstraße hinunter fährt, spricht sie ihn kurzerhand auf sein Verhalten an. „Sie wissen schon, dass sie sich dort nicht richtig verhalten haben?“, hakt die gebürtige Haldensleberin nach. Der Radfahrer soll schließlich in diesem Abschnitt auf der Straße fahren und nicht den Fußweg benutzen.

Der Mann lacht. Er zeigt Verständnis, spricht aber auch aus, was sich wohl viele Radfahrer denken. „Ich fahre lieber auf dem Fußweg, auch wenn es verboten ist. Auf der Straße habe ich Angst vor den Autos, vor allem, wenn so viel Verkehr ist wie jetzt“, erklärt er. „Ich weiß, dass mein Verhalten falsch ist“, fügt er hinzu und verabschiedet sich freundlich. „Genau dieses uneinsichtige Verhalten ist aber ein Problem“, sagt Oelze.

Was viele nicht wissen – solch eine Ordnungswidrigkeit kann schon ein Bußgeld von 15 Euro nach sich ziehen. Auch das Fahren auf der falschen Straßenseite eines Radweges kann ein Bußgeld von 20 Euro zur Folge haben – bei Unfallfolge sogar bis zu 35 Euro.

Das Fehlverhalten, sowohl vom Auto- als auch vom Radfahrer, spiegelt sich auch in den Unfallzahlen wider: An vier der fünf Unfällen in 2013 und 2014 an der Kreuzung Gerikestraße/Köhlerstraße sind Auto- und Radfahrer beteiligt gewesen, nur bei einem Fall stießen zwei Radfahrer aufgrund einer Vorfahrtsmissachtung zusammen.

In Haldensleben ist die Zahl der Unfälle mit Radfahrern gestiegen – im Jahr 2013 waren 38 Radfahrer in Unfälle in der Kreisstadt verwickelt, im Jahr 2014 sind es schon 52 gewesen. Als Ursache für den Anstieg vermutet Nadine Oelze mangelnde Kenntnis in Sachen Straßenverkehrsordnung. „Die meisten der Rad- und Autofahrer beachten die Vorfahrt nicht“, sagt die Haldensleberin. „Es gibt dabei Unwissenheit auf beiden Seiten. Ein Radfahrer ist jedoch genauso vorfahrtsberechtigt wie ein Autofahrer“, erklärt Oelze weiter.

An der Kreuzung Gerikestraße/Althaldensleber Straße leben Radfahrer ebenfalls gefährlich – auch hier ereigneten sich zwei Unfälle: Davon war ein Unfall ein Abbiegefehler eines Kraftfahrers gegenüber einem Radler und der andere ein Schulwegunfall.

Aus den Radfahr-Unfallzahlen der Jahre 2013 und 2014 geht zudem hervor, dass sich Zusammenstöße häufig an schlecht einsehbaren Kreuzungen und Einmündungen ereignen. Bestes Beispiel ist hierbei die Kreuzung Magdeburger Straße/Köhlerstraße/Burgwall. Hier liegt die Unfallzahl im Jahr 2013 bei zwei Verkehrsunfällen mit Radfahrern. Die Kreuzung ist auch mit Verkehrsspiegeln schlecht einsehbar. Eine genauso schlecht einsehbare Einmündung ist die Magdeburger Straße an der Althaldensleber Straße beim Friedhof. Hier wurden im Jahr 2013 zwei Radfahrunfälle registriert, beide Male ist wieder die missachtete Vorfahrt die Unfallursache gewesen.

Um als Autofahrer eine Übersicht über den Verkehr an dieser Einmündung zu bekommen, der aus Richtung Kaufland kommt, ist man als Fahrer gezwungen, mit seinem Auto auf den querenden Radfahrweg zu fahren und dort anzuhalten – wieder das Problem einer nur sehr einsehbaren Kreuzung. „Die Herunterdrosselung auf 30 km/h an diesem Punkt der Straße oder der Anbau ein Spiegel zur besseren Sicht der Autofahrer würde sicher an dieser Stelle helfen“, vermutet Oelze.

Friedbert Kloß, Mitarbeiter des Fachdienstes Straßenverkehr des Landkreises Börde, sieht solche Eingriffe in den Straßenverkehr kritisch. „Ein Verkehrsspiegel ist überhaupt keine Alternative. Die Autofahrer verlassen sich dann nur noch auf den Spiegel und schätzen dadurch die Geschwindigkeit des herannahenden Verkehrs falsch ein. Zudem ist die Sicht des Spiegels bei schlechten Witterungsverhältnisse wie beispielsweise Regen und Frost oft eingeschränkt“, so Kloß. Auch das Einführen einer Tempo-30-Zone in diesem Bereich hält er für wenig sinnvoll, schließlich solle die StVO weiter gewährleistet werden, sprich, dass der Straßenverkehr zügig bleibt.

Eine Unfallkommission, bestehend aus Polizei, Ordnungsamt, Verkehrswacht und Straßenverkehrsbehörde, tagt alle 14 Tage, um sich über die aktuelle Verkehrs- und Gefahrensituation auszutauschen und Unfallschwerpunkte zu entschärfen. Als Unfallschwerpunkte gelten laut Kloß Stellen, an denen fünf Unfälle im Jahr passieren. „Wir können so schnell reagieren. Wir schauen uns dann die Stellen mit Fachleuten an und stellen dort nach eingehender Prüfung Schilder auf oder tragen Haltelinien auf die Straße auf“, so Kloß weiter.

Sollte an einer Stelle ein Unfall mit Personenschaden vorkommen, würde innerhalb weniger Tage die Stelle kontrolliert. „Unfallstellen, an denen nur Blechschäden passieren, sind etwas anderes“, so Kloß.

Über mögliche Ursachen von Unfällen mit Radlern kann auch die Straßenverkehrsbehörde nur spekulieren. „Es können viele Ursachen sein, die zu Unfällen führen. Wir sind alle nur Menschen“, stellt der Mitarbeiter des Fachdienstes klar. Unfälle würden sich nie vollständig vermeiden lassen.

Über die Rechte und Pflichten von Fahrradfahrern informiert unter anderem die Internetseite des ADFC unter www.adfc.de.