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Restaurierung Alte Fotos aus Sandauer Rathaus gesucht

Das Rathaus in Sandau soll saniert werden. Eigenmittel der Gemeinde sind da. Läuft alles wie erhofft, soll es noch dieses Jahr fertig werden

Von Ingo Freihorst 05.03.2016, 00:01

Sandau l Im Sandauer Bauamt wurden bereits viele alte Akten gewälzt, um die Sanierung des Gebäudes vorzubereiten. In einigen Dokumenten wurde ersichtlich, dass schon 1909 Pläne für eine Sanierung erstellt worden waren. Die Planzeichnungen stammten vom Ingenieurbüro Fritz Basedow und Carl Arp aus Ratzeburg, unter anderem sollte ein Uhrenturm auf dem Dach entstehen. Doch aus den Plänen wurde vorerst nichts, der Erste Weltkrieg kam dazwischen.

Einen weiteren Anlauf zu einer Sanierung unternahm der Magistrat im Mai 1927. In der Begründung heißt es: „Die jetzt im Obergeschoss untergebrachte Spar- und Kämmereikasse genügt seit langem nicht mehr den an sie gestellten Anforderungen. Da eine Ausdehnungsmöglichkeit im gleichen Geschoss nicht angängig ist, ... ist sich der Magistrat darüber schlüssig geworden, beide Kassen in das Untergeschoss zu verlegen... Gleichzeitig mit dieser Verlegung ist ein Umbau der ins Obergeschoss führenden sehr steilen Treppe und die Anlage von Spülwasserklosetts innerhalb des Rathauses geplant.“

Ferner sollte der mit Zinkblech verkleidete schadhafte Dachreiter als Uhrturm hergerichtet werden und die Kassenräume eine Zentralheizung erhalten. Doch auch daraus wurde nichts, vom Juni 1928 findet sich in den Akten die Notiz: „Wegen Mangel an Mitteln Umbau nicht vorgenommen“. Lediglich der Dachreiter wurde 1929 zum Sirenenturm.

Aus den alten Planzeichnungen geht hervor, dass damals im Erdgeschoss das Gericht untergebracht war, mit Richterzimmer und Gerichtsschreiberei (heute Touristinfo), Grundbuchgewölbe (heute Bibliothek), Schreibstube und Wartezimmer (heute Bauamt). Das Gericht blieb übrigens bis 1952 in dem Gebäude, dann wurde der Kreis Havelberg gebildet und Sandau diesem zugeschlagen.

Im Jahre 1718 war das Rathaus nach mehrjähriger Bauzeit fertiggestellt worden, bereits vier Jahre zuvor hatte man Richtfest gefeiert. Im Laufe der Zeit wurden immer wieder Veränderungen vorgenommen. In einer Wand waren sogar Gitterstäbe eingelassen, hier befand sich der „bürgerliche Gehorsam“, das Gefängnis. Ausbrechen war also zwecklos.

Inzwischen fehlt auf zwei Seiten das Fachwerk – wohl eine Folge des 1870 begonnenen Umbaus. Treffer bekam das Haus auch beim Beschuss zum Kriegsende 1945. All dies fordert jetzt seinen Tribut: Ein Fachwerk funktioniert nur als komplettes Gerüst. Zahlreiche Balken sind morsch, die Fassade bröckelt, das Dachgeschoss musste 2013 sogar komplett geräumt werden.

Es war eine erste Schlussfolgerung nach der Bestandsaufnahme durch einen Stendaler Planer. Und es kam noch viel schlimmer: Eine Komplettsanierung ist dringend nötig, erste Schätzungen gehen von zwei Millionen Euro aus. Denn das Gebäude muss dabei komplett entkernt werden.

Durch den wegen der Deichrückverlegung notwendig gewordenen Verkauf eines Teils vom Stadtwald sieht sich Sandau nun in der komfortablen Lage, über die nötigen Eigenmittel zu verfügen. Der Rest der Bausumme soll über Fördergelder fließen.

Um überhaupt erst einen Antrag stellen zu können, muss für die Verbandsgemeinde ein überörtliches inte­griertes Entwicklungskonzept aufgestellt werden. Ende des Vorjahres wurde der Antrag dazu beim Land gestellt, jetzt wartet das Amt auf die Bewilligung. Laut Ausschreibung soll das Land-und-Leute-Büro aus Stendal dieses Konzept erarbeiten. Läuft alles wie erhofft, soll es noch dieses Jahr fertig werden – jede der sechs Kommunen kann dazu ihre Vorhaben einbringen.

Eine der ersten Maßnahmen, die aus dem Konzept umgesetzt werden, wäre dann die Rathaussanierung. Dazu muss auch ein Nutzungskonzept aufgestellt werden. Für die Umbauplanungen werden noch alte Fotos von der Touristinfo sowie vom Rathaussaal gesucht – bei letzterem zum Beispiel von Hochzeiten. Denn in diesem befinden sich Wandgemälde, welche in den 1920er Jahren vom Maler Otto Schwarzlose nach einem alten Stich von Sandau angefertigt wurden. Vermutet wird, dass die Gemälde gestiftet wurden, denn es finden sich Namen auf diesen. Die alten Fotos können auch gleich wieder mitgenommen werden, sie werden im Bauamt eingescannt.

Eine Besonderheit weist das Sandauer Rathaus mit seinem Mansarddach auf – es ist eines der ältesten in Deutschland. Benannt wurde diese Bauform nach dem französischen Architekten Francois Mansart und seinem Großneffen Jules Hurdin-Mansart. Die Bauform wurde durch deren Pariser Prunkbauten populär und ab dem 18. Jahrhundert vor allem in Preußen angewandt.

Mansarddächer wurden aber auch verwandt, um Steuern zu sparen: Damals wurde die Grundsteuer nach der Anzahl der Vollgeschosse erhoben. Mit dem Mansarddach konnten ein oder mehrere Wohngeschosse ohne merkliche Dachschrägen errichtet werden – dennoch wurde keine Steuer fällig.

Um die Bürgerbeteiligung beim Umbau zu sichern, soll sich auch noch ein Förderverein gründen. Denn ein Rathaus ist für die Daseinsvorsorge recht wichtig. Denkbar wäre, dass hier nach der Sanierung zum Beispiel der Seniorenklub einzieht oder aber der Jugendtreff – solche und weitere Ideen der Sandauer sind für das Nutzungskonzept gefragt.

Übrigens war nach dem Beschuss sogar ein Flächennutzungsplan für die Stadt aufgestellt worden. Doch an eine Umsetzung war damals überhaupt nicht zu denken – viele Sandauer waren obdachlos und hausten in Ställen.