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BundeswehrübungWasserballett mit Fähren und Panzern

1400 Soldaten der Panzergrenadierbrigade 41 haben in 400 Fahrzeugen die Elbe bei Hohengöhren/Storkau auf Fähren überquert.

Von Andrea Schröder 04.05.2017, 13:20

Havelberg l Schon am Mittwochnachmittag drehen drei Fähren ihre Kreise auf der Elbe auf dem Übungsgelände der Bundeswehr bei Hohengöhren/Storkau. Sie setzen Sicherungskräfte über und fahren sich warm. Kompaniechef Major Matthias Bucke vom Schweren Pionierbataillon 901 ist Leiter der Übergangsstelle.

Seine Kompanie ist beim Panzerpionierbataillon 803 Havelberg angesiedelt. 122 Frauen und Männer hat er im Einsatz. Bis in die Morgenstunden des Donnerstags hinein sorgen sie dafür, dass die 1400 Soldaten der Panzergrenadierbrigade 41 „Vorpommern“ in ihren 400 Fahrzeugen, darunter 40 Panzer, sicher über die Elbe setzen. Sechs Besatzungen bedienen im Schichtsystem die Fähren.

Um 20 Uhr ist Start der Elbüberquerung. Von der Hohengöhrener Seite aus haben sich Dutzende Medienvertreter, darunter auch von MDR und RTL, auf den Weg zur Berichterstattung über eine nicht alltägliche Übung gemacht. Es kommt nicht oft vor im Leben eines Soldaten, dass er eine solche Flussüberquerung per Fähren erlebt, sagt ein Soldat. Eine Fähre setzt die Journalisten rüber ans westliche Elbufer in Storkau. Dort haben sich schon Zuschauer eingefunden.

Darunter zehn Mitglieder der Jugendfeuerwehr Hohenberg-Krusemark mit ihrem Leiter Thomas Schwarzlose und weiteren Betreuern. Sie haben ihren Ausbildungsabend verlängert und freuen sich auf interessante Fotos. „Vielleicht ist es ja auch ein mögliches Berufsfeld, das sie hier entdecken“, sagt Thomas Schwarzlose. Eine weitere Fähre setzt zivile und militärische Gäste der Panzergrenadierbrigade über. Eine Übung in dieser Größe ist eine Seltenheit.

„Grandios“, beschreibt der Kommandeur der Havelberger Pioniere, Oberstleutnant Markus Schulze Harling, kurz und knapp dieses Manöver. Gemeinsam mit Brigadegeneral Oliver Kohl beobachtet er das Geschehen. „Das ist für mich das Highlight und für unsere Jungs das Kerngeschäft. Solch eine Übung ist zwar sehr anstrengend, aber eben was Besonderes“, sagt der Kommandeur. Es sind nicht nur Jungs, auch Soldatinnen sichern den Fährverkehr mit ab. Neben den Aktiven hat Major Bucke auch einige Reservisten mit im Einsatz.

Drei Siebenfachfähren hat seine Kompanie aus dem Faltschwimmbrückengerät aufgebaut. Mit jeweils fünf Innenabschnitten und zwei Rampen bietet jede Fähre eine nutzbare Länge von 33,5 Meter und Breite von 4,5 Metern. Etwa 140 Tonnen Last kann sie aufnehmen. Wie vermeintlich locker die von drei Motorbooten gesteuerte und betriebene Fähre drei Panzer vom Typ „Marder“ aufnimmt, können die Zuschauer mehrfach beobachten. Wer genau hinschaut, sieht aber schon, dass die Soldaten, die die Fähren beim Anlanden am Ufer mit Stahlseilen sichern, die Winden etwas kräftiger bedienen müssen. „Es geht aber“, sagt ein Soldat auf die Frage, wie groß der Krafteinsatz ist.

Ein Umlauf dauert 15 Minuten, das heißt, alle fünf Minuten nimmt eine Fähre Kräfte und Fahrzeuge auf beziehungsweise setzt sie ab. Das „Wasserballett“ folgt einer genauen Choreografie. Zwischendurch müssen Motorboote ausgetauscht werden. Sie werden aus Umweltschutzgründen per Lkw zum Betanken zur Schönhauser Tankstelle gefahren, wo ein militärisches Tankfahrzeug wartet.

Langsam bricht die Dunkelheit herein. Die Wolkendecke verdichtet sich. Nur ab und an schaut der Mond durch. Ein Tornado dreht seit dem Nachmittag seine Runden. Er macht Luftbildaufnahmen von der übenden Truppe. In der Nacht wird es stockfinster sein. „Das ist eine große Herausforderung für die Fährbesatzung und die Bootsführer“, sagt Matthias Bucke.

Sie haben sich noch im Hellen warm gefahren, damit jede Handbewegung sitzt. Die Übung erfolgt unter taktisch/gefechtsmäßigen Bedingungen. Licht gibt es so gut wie nicht. Während die Handzeichen der Fährführer bei Helligkeit gut zu sehen sind, ist im Dunkeln volle Konzentration gefragt. Ein rotes und ein grünes Knicklicht zeigen Steuer- und Backbord an.

Die Sicherheit steht an erster Stelle. Wohl jeder hat noch in Erinnerung, dass vor zehn Jahren ein Leopard-Panzer bei einer Übung an gleicher Stelle von einer Fähre in die Elbe gestürzt war. Die Vorkehrungen sind noch immer die selben, es musste nichts verschärft werden, sagt Matthias Bucke auf Nachfrage. Besonders Wert wird auf die Pflichtbelehrungen gelegt und dass die Kraftfahrer gut ausgebildet sind.

In der Art wie am Mittwoch findet die Übung für die Havelberger Pioniere zum ersten Mal statt. Erst seit Herbst 2014 verfügen sie wieder über das Faltschwimmbrückengerät – als einziges Bataillon in der Bundeswehr. In Minden gibt es zudem noch die Schwimmschnellbrücke Amphibie. Normalerweise haben die Pioniere zwei Fähren im Einsatz. Sie können auch eine Brücke bauen mit einer Länge bis zu 150 Meter. Geübt wird öfter auf der Havel auf dem Truppenübungsplatz Klietz. Dessen Leiter Oberstleutnant Michael Vormwald ist am Mittwoch auch vor Ort. Seit Dienstag vergangener Woche war die übende Truppe angereist, bereitete sich auf das Manöver vor. Von dort starten sie am Mittwoch Richtung Elbe nach Hohengöhren. Weil die Straße noch immer im Bau ist, nehmen sie den Weg über den Schönhauser Damm beziehungsweise über Schönhausen.

Besonders die Panzer bringen die Straßen zum Vibrieren, dröhnen auf dem Asphalt. Auch auf der anderen Elbseite, wo der Weg zum Verladebahnhof nahe Wischer führt. Von dort geht es in der Nacht 70 Kilometer weiter nach Knesebeck im Landkreis Gifhorn. Am Freitagvormittag sollen alle 1400 Soldaten und 400 Fahrzeuge auf dem Übungsplatz im niedersächsischen Bergen/Munster angekommen sein. Dort stehen bis 19. Mai im Rahmen der Gefechtsübung Haffschild Schießübungen auf dem Programm.