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Kriminalität Selbstbedienungsladen Baustelle

Das Baugewerbe hat ständig mit Diebstahl zu kämpfen. In einem Rohbau in Magdeburg-Nordwest bedienten sich Diebe nun besonders dreist.

09.10.2015, 01:01

Magdeburg l Wo am Tag zuvor noch ein Fenster war, klafft nun ein Loch. Diebe haben bei einem Rohbau an der Robert-Koch-Straße über Nacht ein bereits eingebautes Fenster wieder ausgebaut. „Das ist aber längst nicht alles“, sagt Bauplanerin Marion Epperlein. Gestohlen wurden auch Werkzeuge, Dachpappen, Mörtel, Bewehrungseisen, Kabelbäume und sogar ganze Schornsteine. Der Schaden beträgt mehrere tausend Euro. „Unser Zeitplan ist sowieso schon straff. Jetzt müssen wir uns auch noch mit massivem Diebstahl herumärgern“, sagt die Unternehmerin. Gestohlen wird auf der Baustelle seit Baubeginn im Frühjahr dieses Jahres. Dass nun sogar bereits installierte Dinge wieder ausgebaut werden, ist eine neue Qualität in der Klau-Serie.

Umgeben von Kleingärten, Wohnhäusern, einer Hundewiese und einer Hauptverkehrsstraße entstehen hier mehrere Einfamilienhäuser, die alle schon verkauft sind. Ziel ist, dass die ersten Familien im Dezember einziehen können.

Der Ausbau des Doppelfensters muss mindestens eine halbe Stunde gedauert haben. Die Schornsteine sind Hunderte Kilo schwer. Doch mitbekommen hat niemand etwas. Kurios: Jemand muss in den verschlossenen Rohbau gelangt sein. Einbruchsspuren gab es nicht. „Wir und die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben einen Generalschlüssel für alle unsere Baustellen“, sagt Epperlein. Eine Anzeige bei der Polizei wurde gestellt.

Bitter für Bauträger und Unternehmen ist, dass sie oft auf den Kosten sitzen bleiben. Handelt es sich nicht um einen sehr großen Schaden, lohnt sich eine Regulierung über Versicherungen oft nicht, da die Beiträge steigen würden.

Klau am Bau ist seit Jahren ein Dauerthema. „Die Zahlen sind sehr hoch. 80 Prozent der von uns befragten Unternehmen wurden schon bestohlen“, sagt der Geschäftsführer des Bauindustrieverbandes Sachsen und Sachsen-Anhalt, Robert Momberg. Seit langer Zeit mache man auf das Problem aufmerksam. „Wir verbinden damit auch die politische Forderung nach mehr Schutz - zum Beispiel durch mehr Streifenfahrten der Polizei“, so Momberg weiter. In Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Jahr knapp 2000 Baustellendiebstähle erfasst. Die Dunkelziffer ist laut Verband sehr viel höher. „Es wird längst nicht mehr alles angezeigt“, sagt Momberg.

Ein Eindruck, den auch Giso Töpfer, Hauptgeschäftsführer vom Baugewerbeverband Sachsen-Anhalt, bestätigt. „Es wird alles geklaut. Betroffen sind fast alle Gewerke und Unternehmen“, sagt er. Oft werde auch auf Bestellung gestohlen. „Wir haben auch schon beobachtet, dass Firmen sich untereinander bestohlen haben“, sagt Töpfer.