Kita-Spätbetreuung Geteiltes Echo

Der Stadtrat debattierte über verlängerte Kita-Öffnungszeiten. Ein Antrag der SPD belebte die alte Diskussion neu.

Von Katja Tessnow 26.01.2016, 00:01

Magdeburg l Einhundert Millionen Euro stellt die Bundesregierung unter dem Schlagwort „KitaPlus“ zur Förderung flexibler Kitabetreuungszeiten zur Verfügung. Das Programm zielt auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ab. Die SPD-Fraktion im Stadtrat findet die Sache gut und will möglichst Fördergeld für Magdeburg abschöpfen. „Das Geld ist da und wenn wir es nicht nehmen, nehmen’s andere“, argumentierte SPD-Fraktionsvize Falko Grube logisch. Seine Fraktionskollegin Birgit Steinmetz hatte noch handfestere Argumente aus eigenem Erleben parat: „Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, wie schwer sich für eine alleinerziehende Mutter Beruf und Familie vereinbaren lassen. Ohne eine gute Freundin, die mir damals bei der Kinderbetreuung half, wäre mir die weitere Ausübung meines Berufes unmöglich gewesen.“ Steinmetz ist als Laborassistentin im Gesundheitswesen tätig.

Die Forderung der SPD: Von den aktuell drei kommunalen Einrichtungen sollen zwei bis 19 Uhr und eine bis 21.30 Uhr ihre Türen offen halten. In der Regel schließen Magdeburger Kitas heute zwischen 16 und 18 Uhr. Eine Abendbetreuung über 18 Uhr hinaus wird nur sehr vereinzelt – wie im „Abenteuerland“ (Träger: Kita-Gesellschaft) und bei den Campuskids (Träger: Studentenwerk) angeboten.

Die drei 2014 eröffneten kommunalen Kindertagesstätten sollten eigentlich regelmäßig eine Betreuung bis 20 Uhr anbieten. So hatte es der Stadtrat bereits 2013 auf Antrag der SPD beschlossen, doch dazu kam es nicht.

Eine Bedarfsabfrage unmittelbar vor der Eröffnung hatte ergeben, dass Regelöffnungszeiten von 6 bis 18 Uhr (montags bis freitags) dem Elternwunsch genügten. Mit Verweis auf diese Umfrage und darauf, „dass ab 17 Uhr zum Teil nur noch ein Kind in der Einrichtung ist“, bügelte die Verwaltung nun auch den neuerlichen Vorstoß der Fraktion ab. Allerdings versprach die Verwaltung eine neue Bedarfsumfrage zum Jahresschluss. Allein: Deren Ergebnisse lagen zur Ratssitzung in der Vorwoche noch nicht vor.

Heike Ponitka, Gleichstellungsbeauftragte in der Stadtverwaltung, meldete im Rat Zweifel am Wert solcher Umfrageergebnisse an. „Fragt man die Eltern, deren Kinder jetzt diese Kitas besuchen, dann fragt man ja jene, die mit dem aktuellen Angebot gut leben können.“ Mit Blick auf heutige Anforderungen zum Beispiel an Verkäuferinnen könne sie sich, so Ponitka, allerdings nicht wirklich vorstellen, dass da kein Bedarf sei.

Dem widersprach der Oberbürgermeister zwar nicht, jedoch bekannte sich Lutz Trümper einmal mehr zur Skepsis gegenüber Kita-Öffnungszeiten über 18 Uhr hinaus. „Für die Kinder ist das Mist!“ Viel besser sollten sich Arbeitgeber an den Bedürfnissen junger Familien orientieren als umgekehrt. „Da fehlt nur noch das Amen“, konterte Alfred Westphal (Grüne). Sein SPD-Kollege Grube wurde noch direkter: „Klar ist das für die Kinder Mist, aber man kann es sich eben nicht immer aussuchen. Und noch mistiger ist es für die Kinder, wenn ihre Eltern arbeitslos sind. Da sind wir beim Thema Kinderarmut.“

Ein zerrissenes Meinungsbild zum Thema gab die Linke ab. Fraktionsvize Oliver Müller erklärte sich zur Sache als „zwischen Baum und Borke“. Seine Fraktionskollegin Monika Zimmer teilte so richtig kontra Spätbetreuung aus und sprach von „verwahrlosten Kindern“. Das Attest löste ein fassungsloses Raunen unter einigen anderen Ratsfrauen aus. Die CDU gab zur Ratssitzung keine Meinung zur Sache ab.

Am Ende fasste der Stadtrat keinen Beschluss zum Antrag auf längere Kita-Öffnung mit Bundesfördergeld. Eine Ratsmehrheit sieht weiteren Beratungsbedarf und vertagte die Debatte auf Antrag der Linken Jenny Schulz in den Ausschuss für Familie und Gleichstellung.