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InvestitionQuietschbunte Straßenbahnen in Magdeburg

Ein bunter Fahrschulwagen und ein grelloranger Schienenschleifzug sind ab sofort in Magdeburg unterwegs.

Von Martin Rieß 24.02.2017, 11:59

Magdeburg l Frische Farbe bringen drei Tatra-Triebwagen auf die Magdeburger Straßen: Die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) haben am Freitag die Fahrzeuge offiziell in ihrer Werkstatt in der Herrenkrugstraße in Betrieb genommen. Zum einen handelt es sich um einen grünen Fahrschulwagen, zum anderen um zwei Fahrzeuge, die in entgegengesetzter Richtung zum Schienenschleifzug aneinandergekoppelt sind. 

MVB-Geschäftsführerin Birgit Münster-Rendel sagt: „Der neue Fahrschulwagen ist ein echtes Unikat. Unsere Mitarbeiter der Abteilung Technik haben nicht nur den Umbau des Straßenbahnwagens zum Fahrschulwagen übernommen, sondern auch die gesamte Planung dafür."

Wie Frank Rathsack, Leiter der Abteilung Technik bei den MVB, berichtet, soll die Ausbildung angehender Straßenbahnfahrer mit dem neuen Fahrzeug effektiver gestaltet werden. Betriebsleiter Andreas Busch erläutert: „Der neue Fahrschulwagen hat ähnliche Fahreigenschaften wie unsere Niederflurbahnen, die wir im Linienverkehr einsetzen." Im bisherigen Fahrzeug kam noch die Technik aus den 1960er Jahren zum Einsatz.

Maßgeblich am Umbau des Fahrzeugs beteiligt waren Bernd Eberhard, Bereichsleiter Straßenbahninstandhaltung, Schlosser Frank Perlitz, Elektroniker Ingo Abraham und Ralf Jordan als Koordinator der Werkstätten. Die besondere Herausforderung? Ralf Jordan sagt: „Wir standen vor der Aufgabe, eine Inneneinrichtung zu schaffen, die so stark wie möglich der Technik in den Niederflurfahrzeugen ähnelt." Bislang mussten die Fahrschüler sich in dem alten Fahrschultatra erst mit einer Uralttechnik vertraut machen, die sie im Berufsleben nie wieder gebrauchen konnten.

Frank Perlitz blickt zurück: „Eine besondere Herausforderung war sicher auch, für den Fahrlehrer ausreichend Platz zu schaffen." Klar: Normalerweise ist der Führerstand in einer Straßenbahn nur für eine Person ausgelegt. Hinzu kommt sogar noch ein dritter Platz – der für den Prüfer hinter den beiden.

Ingo Abraham sagt: „Da es sich um eine Eigenentwicklung handelt, haben auch nicht alle Ideen von vornherein funktioniert. Wir mussten immer wieder nach neuen Lösungen suchen." Bernd Eberhard meint: „Eine echt anspruchsvolle Aufgabe, mit deren Ergebnis wir voll und ganz zufrieden sind."

Die Geschäftsführerin berichtet, dass das Fahrzeug mindestens 20 Jahre auf den Gleisen der Verkehrsbetriebe rollen soll.

Nicht in Magdeburg, wohl aber nach den Vorgaben der MVB in Hennigsdorf durch das Unternehmen FWM umgestaltet wurden die beiden Tatrawagen, die Heck an Heck aneinandergekoppelt den neuen Schienenschleifzug ergeben. Mit einem Anpressdruck von etwa 4 Kilowatt auf die Schleifsteine werden sie sehr viel besser als das alte Fahrzeug die Schienen bearbeiten. „Der neue Zug sorgt dafür, dass Magdeburgs Schienen leise sind", sagt Frank Rathsack.

Aufgrund der Ausrichtung der Wagen könne der Zug mehrfach eine Strecke absolvieren, ohne erst zu einer Wendeschleife fahren zu müssen. Notwendig ist das Schleifen der Schienen, da im Laufe der Zeit Unebenheiten entstehen, die wiederum als Rattern und Scheppern spür- und hörbar sind, und die nicht zuletzt auch für eine stärkere Abnutzung der Räder und daher zu einem erhöhten Arbeits- und Materialaufwand führen.

Im Gegensatz zum alten Schienenschleifwagen hat der neue orangefarbene Schienenschleifzug Wassertanks, dank derer während des Schleifens ein Sprühnebel verteilt wird. Dieser verringert die Staubbildung. Zusätzlich fangen Magnete die abgeschliffenen Späne ein. Einziger Nachteil: Die farbenfrohen sprühenden Funken beim Schienenschleifen wird es nun so nicht mehr geben.

Neu an dem Fahrzeug ist auch eine Schmieranlage, die das Quietschen zwischen Rad und Schiene vermindern soll. Zudem soll mit dem Zug die Oberleitung inspiziert werden. Dazu ist eigens ein Arbeitsplatz mit Blick auf die Oberleitung und Kamera eingerichtet worden.

Der alte Fahrschulwagen, der in seinem leuchtenden Rot in den vergangenen Jahrzehnten auf der Straße zu sehen war, soll verkauft werden. Der alte Schienenschleifwagen, der in den Nächten funkensprühend auf den Gleisen der Verkehrsbetriebe zu beobachten war, soll weiter im Unternehmen bleiben. Frank Rathsack sagt: „Er verfügt über eine Technik, mit der im Winter unsere Anlagen betriebsbereit gehalten werden."

Der Umbau der Fahrzeuge fand  2015 bis 2017 statt. In die Fahrschulwagen wurden rund 100.000 Euro investiert, in den Schienenschleifzug etwa 800.000 Euro.