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Musik Hinter Häuserecken lauert die Melancholie

Die Band Isolation Berlin tritt am Mittwoch, 1. März, in Magdeburg im Moritzhof auf. Die Volksstimme sprach mit Sänger Tobias Bamborschke.

Von Massimo Rogacki 01.03.2017, 00:01

Berlin/Magdeburg l Möglicherweise ist es Understatement. So wirklich verstehen kann es Tobias Bamborschke nicht, dass er immer wieder mit Rio Reiser verglichen wird. „Ich denke, da gibt es eher nicht so viele Gemeinsamkeiten“, sagt der Sänger der Indierock-Band „Isolation Berlin“ und lächelt stillvergnügt.

Der Vergleich kommt natürlich nicht von ungefähr. „Aus den Wolken tropft die Zeit“ lautet der Titel des Debütalbums der vier Jungs aus Berlin. Bamborschke singt mit lakonischer Stimme über das Dasein in der großen Stadt. Und über die innere Tristesse, die ihn auf Schritt und Tritt begleitet.

„Aufstehn, losfahrn, Tränen in der S-Bahn, Psychodoc, Theater, Kneipe, ausgetrunken, wieder pleite. Und aus dem Zapfhahn quillt der Rausch“, heißt es in einem dieser Songs. Aus seiner Schwermut macht Bamborschke keinen Hehl. Wer einen der Titel hört, mag auch deshalb an „Ton Steine Scherben“ denken. Der nächste Hörer konstruiert für die Band eine Verwandtschaft zu „Ideal“ oder „Element of Crime“.

All diese Zuschreibungen beweisen nur eines: Die Musik von „Isolation Berlin“ ist vielschichtig. Die Bandbreite reicht von etwas gefühligen Singer-Songwriter-Nummern über New Wave, Deutsche Welle bis hin zu Punk. Bamborschke sieht seine Musik am ehesten von Bob Dylan, Zarah Leander und Nina Hagen beeinflusst. Die Bandmitglieder labeln ihre eigene Musik mit „Protopop“. Was genau sich dahinter verbirgt? „Eben eine Art Pop“, sagt Bamborschke.

Im Moment kann die Band ohnehin kein noch so schräger Vergleich aus der Bahn werfen. Es läuft gut. Alben und die EPs werden von der Musikpresse gefeiert. Im vergangenen Jahr hat das Quartett europaweit über 100 Konzerte gespielt. „Ich habe unserem Booker gesagt, nimm alles, was du kriegen kannst“, erinnert sich Bamborschke. Und deshalb waren sie 2016 in ihrem kleinen Tourbus fast pausenlos unterwegs.

Auch in Sachsen-Anhalt hat die Gruppe bereits für einen Mini-Gig Station gemacht. Das Resultat dieses Abstechers sind die Zeilen „In Bernburg fällt der Weltschmerz kalt vom Himmel“ in dem Song „In manchen Nächten“. „Etwas trübsinnig kam mir die Stadt und die Nacht im Hotel vor. Davon habe ich mich inspirieren lassen“, entsinnt sich Tobias Bamborschke.

Bernburg kann im übertragenen Sinne natürlich überall liegen, wenn die Traurigkeit zuschlägt. Darüber singt der 28-Jährige und brüllt seinen Gram, wenn es sein muss, auch mal heraus. Wie in dem Song „Körper“ oder in der Indiepop-Nummer „Annabelle“.

Die Live-Auftritte leben von der Präsenz Tobias Bamborschkes. Dann bewegt sich der Sänger mit seiner Stimme zwischen fiebriger Gespanntheit und melancholischem Eskapismus. Diese Präsenz hat – wie er selbst sagt – zu großen Teilen mit seiner Schauspielausbildung zu tun. Auch wenn er sich heute nicht mehr als Schaupieler sieht, am Mikrofon ist er eine Erscheinung.

Im Moment schreibt Bamborschke an Texten für ein neues Album und für einen Gedichtband. Und: Es stehen weitere Konzerte an. Eines unter anderem heute im Moritzhof. „Isolation Berlin“ sollte man live erlebt haben. Kann sein, dass sich der eine oder andere dann wieder an Rio Reiser erinnert fühlt. Es gibt definitiv Schlimmeres.

„Isolation Berlin“ am Mittwoch, 1. März, ab 20 Uhr im Moritzhof. Karten gibt es an der Abendkasse für 17 Euro.