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Nach der Wahl Schwierige Machtverhältnisse in Magdeburg

Nach der Stadtratswahl in Magdeburg spricht Oberbürgermeister Lutz Trümper über Enttäuschungen, eine erneute Kandidatur und Erwartungen.

Von Katja Tessnow 20.06.2019, 01:01

Volksstimme: Die Machtverhältnisse im Stadtrat Magdeburg haben sich stark verschoben. Wird es schwerer, die Stadt zu regieren?

Lutz Trümper: Es wird für uns als Verwaltung auf jeden Fall anders, ja, sicher auch schwieriger. Die letzten 30 Jahre hatten CDU und SPD zusammen immer eine Mehrheit im Stadtrat, auf die wir bei wichtigen Entscheidungen immer bauen konnten. Die Mehrheit ist nun nicht mehr da. Wir werden mehr miteinander reden und mehr Kompromisse eingehen müssen.

Bei zum Beispiel welchen Themen?

80 bis 90 Prozent der Arbeit im Stadtrat ist reine Sachpolitik. Wenn es zum Beispiel um Schulstandorte geht, ist das keine ideologische Frage. Da hat jeder eine persönliche Meinung und da wurde auch in der Vergangenheit mitunter bunt gemischt abgestimmt, je nach dem, aus welchem Wahlbereich ein Stadtrat kommt. Daran wird sich nichts ändern und das macht mir auch keine Sorgen. Bei politischeren Themen, wie zum Beispiel die Bebauung am Stadtmarsch eines geworden ist, sieht die Sache schon ganz anders aus. Da müssen wir erst einmal abwarten, wie sich der neue Stadtrat positioniert. Oder bei so einer wichtigen Abstimmung, wie der zum Haushaltsplan. Da konnte uns doch bisher egal sein, was die Grünen darüber denken. Das geht jetzt so einfach nicht mehr.

Hat Sie das Wahlergebnis eigentlich überrascht?

Nein, überhaupt nicht. Das Ergebnis liegt im Bundestrend und in Relation etwa zu Dresden oder Leipzig sind wir noch gut weggekommen. Na gut, dass die AfD in Magdeburg auf über 14 Prozent kommt ...; ich hatte zehn Prozent geschätzt.

Wie enttäuscht sind Sie vom Abschneiden der eigenen Partei, die bundesweit im Sinkflug und auch in Magdeburg mit minus 8,5 Prozent am stärksten von allen Parteien von Einbußen betroffen ist?

Natürlich bin ich enttäuscht, aber auch ein bisschen ratlos. Es ist ein bundesweites Problem für alle, die an der Regierung beteiligt sind. Wenn Medien – das soll jetzt gar keine pauschale Schelte sein – über die Parteien in Regierungsverantwortung berichten, hören die Leute nur noch, die streiten sich, die treffen keine Entscheidungen ... Und im Internet, in den sozialen Netzen, die ich lieber asozial nenne, sind Politiker vollends zu Prügelknaben geworden. Wir müssen ertragen, dass unflätig über uns hergezogen wird und müssen schlimmste Beschimpfungen aushalten. Andererseits geht es den Deutschen heute so gut wie nie zuvor. Alle Welt will zu uns kommen, aber die Stimmung hier ist schlecht. Das passt doch nicht zusammen.

Die AfD zieht mit acht Mandaten in den neuen Stadtrat ein. Der alte Rat hatte sich auf ignorieren und boykottieren verständigt. Aus Ihrer Sicht: Ist das der richtige Weg?

Ich glaube nicht, dass man das endlos durchhalten wird. Wenn die AfD nun Anträge stellt, wie sie andere Fraktionen auch schon gestellt haben, zum Beispiel zur kostenlosen Kita, was dann? Das ist nicht so einfach in der Kommunalpolitik, wo es um handfeste Sachthemen geht. Die anderen Fraktionen müssen dem mit guter, eigener Arbeit beikommen und solche Anträge eben schon selbst gestellt haben, bevor sie in Bedrängnis geraten.

Richten Sie sich auf einen raueren Ton im Stadtrat ein?

Kann schon sein, dass der kommt, aber ich will das auch nicht herbeireden. Kommt es zu Ausfälligkeiten, bleibt uns natürlich nur, strikt darauf hinzuweisen, dass wir das in unserem Stadtrat nicht dulden.

Aus Ihrer Sicht, welche Themen werden die kommenden fünf Jahre, in denen der neue Stadtrat die Macht hat, dominieren?

Themen, die schon auf dem Weg sind. Zum einen ist da unsere Bewerbung zur Kulturhauptstadt, wo noch in diesem Jahr entschieden werden wird, ob wir in der nächsten Runde dabei sind. Zum anderen, natürlich, die großen Baustellen die uns sämtlich länger als erwartet beschäftigen. Viel mehr wird der Haushalt nicht hergeben. Ich denke 2023 ist ein Jahr, da ist dann hoffentlich alles fertig.

Wollen Sie die obligatorischen Bänder zur Eröffnung noch selbst durchschneiden?

(Trümper lacht auf.)

Haben Sie also eine Vorentscheidung getroffen, ob Sie 2022 mit dann 66 Jahren noch einmal als Oberbürgermeister kandidieren?

Die Entscheidung werde ich nicht drei Jahre vorher treffen, sondern 2021. Das hängt dann von meinem Gesundheitszustand ab und auch davon, wie sich die Dinge im Stadtrat bis dahin entwickeln. Das wird schon spannend. Schauen wir mal.