1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Führungen gehen in jüngere Hände

Kloster Hadmersleben Führungen gehen in jüngere Hände

Mit 87 Jahren zieht sich Dr. Walter Merfert zurück, gibt die Führungen im Hadmersleber Kloster in andere, vor allem jüngere Hände.

Von Yvonne Heyer 27.05.2016, 01:01

Hadmersleben l Schon als Kind hat sich Walter Merfert für Geschichte interessiert. Studiert hat er allerdings Landwirtschaft, er wurde Wissenschaftler, züchtete Hybridweizen.

Nach seinem Studium „landete“ er als landwirtschaftlicher Betriebsleiter auf der Burg Gersdorf. Und neben seiner eigentlichen Arbeit setzte er sich schon damals dafür ein, die „Burgruine“ zu erhalten. Auch an seiner zweiten und endgültigen beruflichen Station sollte Dr. Walter Merfert wiederum die Verbindung von wissenschaftlicher Arbeit und Historie finden. 1965 kam Walter Merfert nach Hadmersleben in das Institut für Getreidezüchtung und dieses befand sich im ehemaligen Kloster, wo mit dem ehemaligen Besitzer Ferdinand Heine vor mehr als 100 Jahren die Getreidezüchtung ihren Anfang nahm.

Merfert als Leiter der Hybridweizenzüchtung eingesetzt, lag das Kloster, dessen Erhalt und dessen Bedeutung als romanisches Bauwerk, sehr am Herzen und begann schon damals mit Führungen durch die historischen Mauern des Klosters samt der angrenzenden Kirche. „Für mein Interesse für Geschichte und Denkmäler war Hadmersleben der perfekte Ort, jeden Tag hatte ich die besondere Historie vor Augen“, erinnert sich der heute 87-Jährige. Als Höhepunkt seines Wirkens für das Kloster sieht er die Gemäldegalerie, die anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns der Getreidezüchtung geschaffen wurde und noch heute existiert. Die Einweihung 1989 fiel in eine Zeit, als der Untergang der DDR längst eingeläutet war.

Mit der Wende folgte auch die Auflösung des Institutes für Getreidezüchtung, der Getreidezüchter Merfert wurde in den Vorruhestand geschickt. Doch Walter Merfert ging weiterhin „zur Arbeit“ in das Kloster. Jetzt drehte sich in seinen Forschungen alles um das Kloster, weiterhin bot er Führungen für Besucher an. Er brachte in dieser Zeit mehrere Publikationen heraus, schrieb später auch seine Biografie.

Mit Sorge betrachtete Walter Merfert seiner Zeit das Ansinnen der Treuhand, das Kloster zu verkaufen. Ein Hotel sollte daraus entstehen. Doch schließlich wurde mit Ulrich von Neumann ein Nachfahre Ferdinand Heines Besitzer der Klosteranlage. Der Dachdeckermeister wusste ganz im Sinne seiner Vorfahren und des historischen Erbes die Gebäude zu nutzen und vor allem zu erhalten.

Wenn sich Walter Merfert an die vergangenen 25 Jahre erinnert, in denen er teilweise jährlich mehr als 3000 Besucher durch das Kloster führte, dann steht für ihn fest, dass das Entstehen der Straße der Romanik, in die auch die mehr als 1000 Jahre alte Klosteranlage Hadmersleben integriert wurde, einen deutlichen Schub hinsichtlich der Besucherzahlen brachte.

Noch immer ist der Wissenschaftler von seiner ehemaligen Wirkungsstätte beeindruckt. „Das Kloster war schon immer eine Einheit von Wirtschaft und Religion. Es war ein katholisches Kloster in einem evangelischen Umfeld. Beeindruckend ist vor allem, dass hier alle Stilepochen von der Romanik, und mit der Gemäldegalerie, bis zur Moderne zu finden sind. Und dass ich in diesen historischen Räumen wirken und arbeiten durfte, war wirklich ein Glücksfall in meinem Leben“, fasst er zusammen. Über viele Jahre hat Dr. Walter Merfert Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen von seinem Wissen um das Kloster, um die Getreidezüchtung und um Ferdinand Heine abgegeben, ist mit den Besucher die Treppen auf und ab gestiegen. Der am weitesten gereiste Besucher kam aus China. Doch jetzt wollen die müden Knochen Walter Merferts nicht mehr.

In Zusammenarbeit mit Ulrich von Neumann konnte mit der Hadmersleberin Melitta Glötzl eine Nachfolgerin für Walter Merfert gefunden werden. Damit ist sein „Erbe“ angetreten und gesichert.

Ulrich von Neumann nutzte die symbolische Schlüsselübergabe im Kloster, um Walter Merfert für sein Wirken im Sinne des Klosters zu danken: „Er hat mit dazu beigetragen, dass eine mehr als tausendjährige Geschichte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Melitta Glötzl danke ich, dass sie das Erbe von unserem bisherigen Klosterführer angetreten hat.“

Sie konnte übrigens aktuell berichten, dass derzeit zahlreiche Führungen gebucht sind und nachgefragt werden.