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Transportdrama Schlaganfallpatient muss warten

45 Minuten musste ein Schlaganfallpatient bei Oschersleben auf einen Spezialwagen warten. Für den „normalen“ Rettungswagen war er zu schwer.

Von Yvonne Heyer 04.11.2016, 00:01

Oschersleben l „Sind die Rettungsdienste nicht verpflichtet, einen jeden Patienten mitzunehmen, erst recht in einem Notfall?“, fragen sich die noch immer geschockten Angehörigen nach den Ereignissen der vergangenen Wochen.

Der 52-jährige Vater unserer Leserin erlitt einen schweren Schlaganfall. Die Angehörigen riefen den Rettungsdienst samt Notarzt. Doch es stellte sich heraus, dass der Patient zu schwer für den Transport mit einem „normalen“ Rettungswagen war. Ein sogenannter Schwertransporter musste angefordert werden. Nach quälenden 45 Minuten sei dieser aus Haldensleben eingetroffen. Wie die Leserin (Name ist der Redaktion bekannt) weiter berichtet, hätte sich die Diagnose für ihren Vater bestätigt. Ein schwerer Schlaganfall wurde diagnostiziert. Bis heute könne der Mann weder sprechen noch sich bewegen. Nach einigen Tagen der Behandlung in Magdeburg sollte der Mann zur Frührehabilitation nach Helmstedt verlegt werden.

Das Transportdrama begann von vorn. „Geschlagene fünf Tage sollten ins Land gehen, ehe ein Spezialtransport organisiert werden konnte. Mein Vater war im klassischen Sinne nun kein Notfall mehr und deshalb fühlte sich niemand so recht verantwortlich. Schlussendlich konnte das Fahrzeug auch nicht in Sachsen-Anhalt aufgetrieben werden, sondern kam aus Hannover. Wiederum ist wertvolle Zeit für meinen Vater sinnlos verstrichen“, berichtet die verzweifelte Tochter. „Müssen die Rettungsdienste nicht jeden Menschen mitnehmen?“, lautet ihre Frage erneut.

Diese Frage leitete die Volksstimme an das Innenministerium Sachsen-Anhalt weiter. Dieses Ministerium ist auch für die Organisation des Rettungswesens zuständig. Pressesprecher Christian Fischer beantwortete unsere Frage wie folgt: „Die Tragen bzw. besonders die sogenannten Tragentische der Rettungswagen in Sachsen-Anhalt sind in der Regel bis ca. 180 Kilogramm belastbar. Dies reicht üblicherweise auch für den Transport schwergewichtiger Patienten aus.

Einzelne Rettungsdienstbereiche wie Landkreise oder Kreisfreie Städte verfügen über Sonderfahrzeuge, die für noch schwergewichtigere Patienten geeignet sind. Soweit solche Fahrzeuge erforderlich sind, müssen sie im Einzelfall auch über längere Strecken zum Ort des Geschehens fahren, so dass Wartezeiten entstehen können. Das Land hat in Zusammenarbeit mit der Stadt Halle am 1. Oktober ein Pilotprojekt ITW (Intensivtransportwagen) gestartet. Dieses Fahrzeug ist auch für Schwerlastpatienten über 180 Kilogramm geeignet. Das besondere Fahrzeug verfügt über ein Lkw-Fahrgestell und eine Ladebordwand. Nach Unterzeichnung einer Zweckvereinbarung kann jeder Träger des Rettungsdienstes über dieses Fahrzeug verfügen. Die Auswertung des Pilotprojektes wird zeigen, ob landesweit ein Bedarf an solchen Spezialfahrzeugen besteht“, soweit die Antwort des Innenministeriums.

Erfahrene Rettungskräfte berichten, dass die Trage eines Rettungswagens laut TÜV bis 250 Kilogramm ausgelegt sei. Doch nicht allein das Gewicht eines Patienten müsse beim Transport beachtet werden. So sei eine Trage recht schmal, habe nicht die Breite eines Krankenhausbettes. Zudem müssen der Sicherheitsgurt angelegt und die Sicherheitsbügel ausgefahren werden können, um der Fahrsicherheit zu genügen. Daher sei der Transport eines schwergewichtigen Patienten immer auch eine Entscheidung von Fall zu Fall.

Eine Nachfrage im Landkreis Börde zum Umgang mit schwergewichtigen Patienten ergab, dass in der Rettungswache Haldensleben seit Dezember 2015 ein Rettungswagen für den Transport von schwergewichtigeren Patienten zur Verfügung steht.

„Der Rettungswagen mit einer elektrohydraulischen Rolle hat eine Tragfähigkeit von 300 Kilogramm und steht für den Landkreis Börde zur Verfügung“, so Pressesprecher Uwe Baumgart.

„Manchmal ergeben sich am Ereignisort auf Grund des gesundheitlichen Zustandes eines Patienten und der örtlichen oder baulichen Gegebenheiten besondere Situationen. Kann der Rettungsdienst den Transport aus dem Haus nicht allein realisieren, dann kommt in der Regel die zuständige freiwilligen Feuerwehr als sogenannte ,Tragehilfe‘ zum Einsatz“, erklärt er weiter.