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Salzwedel „Wir sind hier die Dorfpolizei“

Verlässt ein Produkt das Firmengelände von Paradiesfrucht in Salzwedel, ist es zuvor bis aufs kleinste Detail untersucht worden.

Von Fabian Laaß 27.08.2015, 03:00

Salzwedel l Wenn Urte Küster über ihre Arbeit berichtet, merkt man sofort, für sie ist es nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Seit elf Jahren ist sie Qualitätsmanagerin bei der Paradiesfrucht GmbH in Salzwedel. „Wir sind hier sozusagen die Dorfpolizei. Jeder Wareneingang, die Produktion und natürlich die fertigen Produkte werden von uns genau unter die Lupe genommen“, erklärt sie. Doch das ist nur ein kleiner Teil des Aufgabenbereichs der Qualitätsmanagerin.

Sie und ihr Team müssen die Einhaltung der Hygienevorschriften überwachen, weltweit Lieferanten überprüfen und auswählen. „Wir müssen auch immer genau informiert sein, wo es auf der Welt Probleme mit Früchten oder anderen für uns wichtigen Rohstoffen gibt und ob wir davon betroffen sein könnten“, so die Salzwedelerin. Erst am vergangenen Wochenende waren beispielsweise Noroviren in ägyptischen Erdbeeren festgestellt worden. „Gleich am Montagmorgen konnten wir Entwarnung geben. Unsere Erdbeeren waren nicht davon betroffen.“

Paradiesfrucht Salzwedel stellt gefriergetrocknete Produkte für den Weltmarkt her. Bei Temperaturen von minus 20 Grad Celsius wird Früchten, aber auch Fleisch und anderen Rohstoffen das Wasser entzogen. „Sobald das Produkt dann mit Wasser oder Milch zusammengebracht wird, saugt es die Flüssigkeit wie ein Schwamm auf. Das Tolle daran ist, dass die Nährstoffe dabei fast alle erhalten bleiben“, erklärt Geschäftsführer Bernd Wiesner. Auch wenn sein Unternehmen vielen Salzwedelern noch immer unbekannt ist, aus der Nahrungsmittelindustrie sind Paradiesfrucht-Produkte nicht mehr wegzudenken.

„Wir beliefern fast alle namhaften Schokoladen- und Müslihersteller. Mittlerweile haben wir Büros in China, England, Polen, Moskau sowie zwei in den USA“, sagt Bernd Wiesner. Lieferungen gehen aber auch nach Australien, Südkorea, Japan oder Südafrika.

Und der Erfolg des Salzwedeler Unternehmens, das in elf Jahren von 24 auf 160 Mitarbeiter gewachsen ist, kommt nicht von ungefähr. Bei der sogenannten BRC-Zertifizierung erreicht Paradiesfrucht jährlich 99 Prozent. „Das können nicht viele Unternehmen von sich behaupten“, sagt Bernd Wiesner stolz. Großen Anteil daran haben Urte Küster und ihr Team. Mindestens zwei Mal jährlich und bei Bedarf werden alle Mitarbeiter geschult, um den hohen Qualitätsstandard erhalten zu können.

„Wir zeigen auch immer wieder die Endprodukte. Wenn die Mitarbeiter sehen, bei welchen Top-Marken unsere Erzeugnisse verarbeitet werden, wissen sie auch, warum wir so hart und genau kontrollieren“, erklärt Urte Küster. Und diese unangekündigten Kontrollen können auch mal nachts oder am Wochenende nach einem Kinobesuch stattfinden, wie die Ingenieurin der Milchwirtschaft erzählt. Schließlich stehen die Maschinen bei Paradiesfrucht nur an Weihnachten, Silvester und zum Betriebsfest für einige Stunden still.

Abschalten, das war auch für Urte Küster jahrelang kaum möglich, war sie doch allein für die Qualitätssicherung verantwortlich. „Selbst im Urlaub hatte ich mein Handy immer parat. Mein Mann hatte Gott sei Dank immer Verständnis dafür, da er selbst aus der Hy-gienebranche kommt“, berichtet die Salzwedelerin.

Mittlerweile hat ihre Abteilung acht Mitarbeiter, die laut Urte Küster zu einer kleinen Familie zusammengewachsen sind. „Ich bin froh, so motivierte und kompetente Mitarbeiter zu haben, die genau wie ich den Ehrgeiz haben, die Qualität unserer Produkte ständig zu verbessern und die Zertifizierung jedes Jahr wieder mit mindestens 99 Prozent abschließen zu wollen“, freut sich Urte Küster, während sie in ihrem Labor zwei Pappkartons entgegennimmt. „Dort sind Shrimps in Cocktail-Qualität drin. Die Probe hatte ein wenig zu viel Restfeuchte, deshalb überprüfen wir sie vor der Auslieferung nochmal. Landen werden sie später in Katzenfutter“, sagt Urte Küster mit einem Lächeln.

Damit auch die Salzwedeler künftig Paradiesfrucht-Erzeugnisse erwerben können, ist das Unternehmen derzeit dabei, einen Internetversand ins Leben zu rufen. „Ab Herbst sollen 100-Gramm-Becher mit unseren Produkten von A wie Apfel bis Z wie Zitrone erhältlich sein“, erklärt Bernd Wiesner. Langweile werden Urte Küster und ihr Team also nicht bekommen. „Qualitätsvorschriften, Klima, Ernten – alles ändert sich ständig. Es bleibt also spannend.“