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Bildung Hat die Schulsozialarbeit (k)eine Zukunft?

Die Schulsozialarbeiter machen sich Gedanken um ihre Zukunft. Auch die Lehrer sehen die Zukunft weniger rosig ohne diese Arbeit.

Von Alexander Rekow 23.04.2017, 10:00

Salzwedel l Emsig huschen die jüngeren Schüler der Lessing-Grundschule über die großen Gänge der Bildungseinrichtung. Manch einer hat Schulschluss und macht sich auf den Weg nach Hause, andere bleiben noch für die Nachhilfe oder ein klärendes Gespräch vor Ort. Wieder andere wollen noch das eine oder andere Problem besprechen. Sie alle eint: ihr Weg führt sie in die Räumlichkeiten von Dörthe Klopp, die Schulsozialarbeiterin der Grundschule. Doch ob Klopp das auch bleibt, ist derzeit nicht abzusehen.

Seit knapp zwei Jahren ist Dörthe Klopp für die Schüler der Lessing-Grundschule ein vertrautes Gesicht. Für ihre Kollegen, allen voran Schulleiterin Christine Dürrenfeld, ist Klopp ein wichtiger Grundpfeiler an ihrer Schule. Doch die Förderperiode aus dem Programm „Schulerfolg sichern“ – und somit das Gehalt für Klopp – endet zum 31. Juli 2018. Für ihre Chefin ein unhaltbarer Zustand. „Das Thema gehört in die Öffentlichkeit“, erklärt Christine Dürrenfeld und erläutert die Schwerpunkte und Wichtigkeit ihrer Schulsozialarbeiterin. „Schulerfolg fängt bei den Kleinen an, darauf gilt es aufzubauen, um sie auf die fortführenden Schulen vorzubereiten“, weiß die Schulleiterin. Für sie steht auch fest, dass Schulerfolg nicht an den Abschlüssen zu messen sei. Bei manch einem Kind sei es schließlich ein Erfolg, wenn es täglich zur Schule kommt. Auch dafür ist Dörthe Klopp zuständig.

„Die Lehrer haben immer weniger Zeit, aber die Schüler, und gerade die Jüngeren, brauchen Wärme und Zuwendung“, weiß die Sozialarbeiterin aus ihrer Erfahrung. Daher stehen die Schüler bei ihr im Mittelpunkt.

Dass für Dörthe Klopp jeder Schüler gleichermaßen wichtig ist, zeigt sich auch an ihren weiteren Aufgabenfeldern. So kümmert sich Klopp um das Schülerstartpaket, führt Aufnahmegespräche, kümmert sich um Förderprogramme, organisiert eigenständig Projekte und Workshops und entlastet die Lehrkräfte. Diese Liste ließe sich noch beliebig erweitern. Dörthe Klopp ist gewissermaßen der Knotenpunkt zwischen Schülern, Eltern und Lehrkräfte. Sie vermittelt, beschwichtigt, organisiert und trocknet weinende Kinderaugen.

„Wenn Dörthe wegfällt, haben wir große Einschränkungen. Benachteiligten Kindern würde ihre Unterstützung fehlen, keine Hausaufgabenhilfe, Einzelfallberatungenn und individuelle Förderung – all das wäre nicht mehr möglich“, klagt Schulleiterin Dürrenfeld und weiß genau: „Das können wir unmöglich alles selbst bewältigen!“ Daher wünscht sich Dürrenfeld, dass die Schulsozialarbeit an jeder Schule etabliert wird und mehr Personal für die individuelle Förderung gewährleistet wird. Denn, so weiß Christine Dürrenfeld, brauchen nicht nur leistungsschwache Schüler eine individuelle Förderung, sondern auch hochbegabte.

In das gleiche Horn bläst auch die Schulleiterin der größten Schule im Altmarkkreis Salzwedel, Heike Herrmann. Die Chefin der Lessing-Ganztagsschule Salzwedel weiß: „Schulsozialarbeit ist eine unverzichtbare Komponente unserer Schulalltages. Was sie abfängt und leistet, ist inzwischen nicht mehr zu ersetzen.“ Explizit geht es Herrmann um folgende Aufgaben ihrer Schulsozialarbeiterin Irene Barth: Anrufe bei Eltern, Gespräche und Betreuung verhaltensauffälliger Schüler, Elterngespräche, Kontakte zum Jugendamt, Seelsorger für die Schüler, Leitung des Streitschlicht-Kurses, organisatorische Aufgaben und die enge Zusammenarbeit mit dem Kollegium. Wenn es ab dem 18. Juli nächsten Jahres keine weitere Förderung mehr gibt, fehlt auch der Ganztagsschule ihre Sozialarbeiterin.

„Die Schulsozialarbeit ist mir enorm wichtig, weil wir im Umgang mit verhaltens-auffälligen Kindern unterstützt werden – in der Arbeit mit dem Schülerrat oder auch bei der Betreuung der Mediatoren (Anm. Red.: Konfliktmanagmant)“, wird die Biologielehrerin der Lessing-Ganztagsschule, Birgit Michelfeit, deutlich.

Neben den Schulleitern und Lehrern machen sich auch die Schüler für eine langfristige Schulsozialarbeit an ihrem Haus stark. „Ich finde es gut. Uns wird geholfen bei Problemen in der Schule oder mit Mitschülern“, sagt der 14-jährige Maximilian Kreft. „Sie unterstützt uns auch immer bei Projekten“, ergänzt Aileen Glaubitz (14). Ganz pragmatisch betrachtet es der 14-jährige Leon Müller: „Sie hört mir zu!“

Diese lobenden Worte nimmt die Schulsozialarbeiterin der Lessing-Ganztagsschule dankbar entgegen. „Das ist mein Lohn – meine Bestätigung, dass ich etwas richtig mache“, sagt Irene Barth. Auch sie macht sich Gedanken über ihre Zukunft. „Ich liebe diese Arbeit“, sagt Barth und wendet sich wieder ihren Schützlingen zu.