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Fricopan  Betriebsrat sucht nach Alternativen

Viele Fragen zur Zukunft, keine endgültigen Antworten: So stellt sich die Situation für viele Fricopan-Mitarbeiter in Immekath dar.

Von Uta Elste 01.07.2016, 03:00

Winterfeld l „Pro Quartal darf eine Betriebsversammlung einberufen werden“, erklärte Gerda Hentschel, Vorsitzende des Fricopan-Betriebsrates. Eine Versammlung hatte es allerdings im zweiten Quartal bereits gegeben - am 9. Mai im Klötzer Altmark-Saal. Diese habe sie deshalb nicht beendet, sondern lediglich unterbrochen. Die Fortsetzung begann am Donnerstagmittag in der Festscheune Rustica. Etwa 300 der knapp 500 Mitarbeiter waren dafür nach Winterfeld gekommen.

Am Rand der Zusammenkunft verständigten sich die Mitglieder des Betriebsrates, wer von ihnen in der Einigungsstelle über Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt: Neben Gerda Hentschel und Wulf Garz als weiterem Betriebsratsmitglied die Rechtsanwältin Marion Burghardt und der Wirtschaftssachverständige Klaus Maack. Dass von Unternehmensseite nach dem Scheitern der Gespräche am 20. Juni (die Volksstimme berichtete) gleich der Vize-Präsident des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern, Björn Eckhardt, als Leiter der Einigungsstelle vorgeschlagen wurde, habe man als abgekartetes Spiel empfunden. Der Wunschkandidat des Betriebsrates war Josepf Molkenbuhr, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt.

Die Versammlung in Winterfeld habe der Betriebsrat auch genutzt, um seine bisherige Strategie während der ersten Gesprächstermine zu erläutern, so Gerda Hentschel weiter. „Es hat schon Fragen gegeben, warum es so lange dauert. Aber wir wollten genau wissen, warum das Werk schließt und haben konsequent nach Alternativen gesucht.“

Auch wenn der Schließungstermin 31. August seit nunmehr fast zwei Monaten bekannt ist, kann es Jutta Porzelle immer noch nicht fassen. „Ich begreife es wohl erst, wenn ich meine Kündigung in der Hand halte“, mutmaßt die 53-Jährige, die seit 14 Jahren in Immekath als Maschinenführerin tätig war. Das habe ihr so viel Spaß gemacht, sie sei sogar in ihren Freiwochen zur Arbeit gegangen, blickt sie wehmütig zurück.

Auch Kerstin Buchmann arbeitet seit vier Jahren als Maschinenführerin bei Fricopan, ihr Mann bereits seit 13 Jahren. Bevor sie ihren Job bei Fricopan antrat, habe sie schon leise Bedenken gehabt. „Aber ich habe mich schnell eingelebt. Wir sind ein großer Betrieb, aber mit Zusammengehörigkeitsgefühl. Man hat Hilfe und Unterstützung erfahren. Und das soll alles vorbei sein? Ich verstehe das immer noch nicht.“

Für viele Fricopaner ging es in Winterfeld um praktische Fragen wie Kündigungen, Anfindungen, etwaige noch bestehende Urlaubsansprüche und mehr. Zu diesen Fragen habe es auch in den zurückliegenden Tagen und Wochen zahlreiche Anrufe beim Betriebsrat gegeben, rekapituliert Gerda Hentschel. Ihre Kollegin Julia Dörwald und sie seien fast ausschließlich damit beschäftigt gewesen.

Die individuellen Rechte der Mitarbeiter müssen umgesetzt werden, befand Klötzes Bürgermeister Matthias Mann, der an der Betriebsversammlung teilnahm. Wichtig sei auch der Vertrauensvorschuss für den Betriebsrat.

Für Mann geht es jedoch auch um den Standort Immekath samt Infrastruktur und Personal. „Der darf nicht kaputtgeredet werden, damit es wieder zu einer Ansiedlung kommt und damit auch zu einer Chance für die Leute.“

Angesichts des drohenden Ausfalls von 400 000 Euro Gewerbesteuer bleibt Mann gelassen. „Gewerbesteuer ist eine Momentaufnahme. Das kann in einem halben Jahr schon wieder anders aussehen. Außerdem wird sie mit dem Finanzausgleich des Landes verrechnet. Wer sich auf die Gewerbesteuer verlässt, der ist verlassen.“ Klötze werde deshalb nicht übermorgen in finanzielle Schieflage geraten, so der Bürgermeister.

Viel wichtiger sei, den Standort wieder zu besetzen, damit die Leute in der Region bleiben und einen Kunden für Wasser und Abwasser zu haben. Sollte es einen Investor für das Fricopan-Gelände geben, müssten gegebenenfalls auch die bisherige Prioritäten geändert und Geld in die Hand genommen werden, um etwa für die Infrastruktur in Vorleistung zu gehen.