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Aufführung Schwere Kost mit Witz erklärt

Katharina Kutil hat sich in Schönebeck und Umgebung einen großen Namen gemacht. Nun hat sich die Wienerin an ein Solostück getraut.

Von Dan Tebel 08.11.2017, 05:33

Schönebeck l Katharina Kutil hat es gewagt. Nach 27 Jahren im Theater- und Schauspielgeschäft hat die Wienerin, bekannt vom Schönebecker Operettensommer, sich an ein Solostück gewagt. Grund genug, in ihrer – wie sie selbst sagt – zweiten Wahlheimat Schönebeck damit Halt zu machen.

Gespannt verfolgten die 72 Gäste im Weltrad am Elbufer den Auftritt des symphatischen Multitalents. Auf einer kleinen Bühne inmitten der Sitzreihen des Restaurant führte sie am Montagabend ihr Solostück „Kutils Zähmung“, abgekupfert von William Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“, auf. Um dem schweren Stoff auf die Pelle zu rücken, greift Katharina Kutil auf die Selbstreflexion zurück: Sie spielt eine Regisseurin, die sich selbst – und damit auch dem Publikum – das Stück vorspielt, um den Sinn besser zu verstehen.

Keine leichte Aufgabe, denn in zwölf verschiedene Rollen musste die Schauspielerin schlüpfen. Und zudem verzichtete sie nicht auf Shakespeares Sprache. Aber Katharina Kutil wäre nicht sie selbst, wenn sie diese Aufgabe nicht mit Bravour meistern könnte. Egal, ob Mann oder Frau, taffe Frau oder verwöhntes Gör, ob Greis oder Jüngling, ob edler Herr oder Trinker, der Schauspielerin gelang es, in jede Rolle zu schlüpfen und nur mit Mimik, Gestik und Stimme allen körperlosen Charakteren Leben einzuhauchen. Zur visuellen Unterscheidung griff sie dabei nur auf eine rote Decke sowie eine rote und schwarze Stoffmütze zurück.

Mit Witz und Humor hinterfragte sie immer wieder einige Ausdrücke Shakespeares, kommentierte einzelne Passagen und regte zum Denken an: „So viele wechselnde Namen. Aber das ist typisch Shakespeare: Die wenigsten sind das, was sie zu sein scheinen. Aber ist das nur bei Shakespeare so?“, fragte sie in die Runde und erntete so manchen Schmunzler. Und dabei sparte sie auch nicht an Kritik: „‚Dein Ehemann ist dein Herr‘ – da geht es doch eindeutig um Emanzipation. Da brauche ich keine Feministin sein, um das zu sehen“, sagte sie mit verzerrtem Gesicht. „Warum William?“, gen Himmel gewandt.

Und diese Frage verbunden mit der Sinnsuche einer Regisseurin, soll im Vordergrund ihres Stückes stehen, wie sie im Gespräch mit der Volksstimme erzählte. Auf die Idee, ein solches Solostück zu arrangieren, brachten sie die Schüler einer Wiener Theatergruppe, die sie unterrichtet. „Das haben mir zwei Personen unabhängig voneinander gesagt. Da dachte ich mir: Ich sollte es wirklich wagen“, erzählt Kutil.

Gemeinsam mit dem österreichischen Regisseur Jürgen Kapaun wurde das Stück geschrieben, und auch die Regie übernahm der Österreicher, damit sich Kutil voll der Schauspielerei hingeben konnte. Der besondere Reiz des Stückes lag für die Wienerin in der Darstellung der verschiedenen Figuren, erzählte sie vorab. Aber sie wolle auch der Frage nachgehen, ob das Stück denn aktuell noch so gespielt werden könne, erklärt Katharina Kutil weiter. „Bis zu einem bestimmten Punkt ist es noch eine Kömodie, aber darüber hinaus ...?“

Eine Stunde und 45 Minuten – mit Pause – hatte das Publikum am Montagabend im Weltrad Zeit, sich darüber Gedanken zu machen und vielleicht auch für sich diese Frage zu beantworten. Auf jeden Fall bekam Kutil anschließend viel Applaus für ihre Darbietung.Organisator Rene Wölfer zeigte sich zufrieden: „Für einen Montagabend sind viele Gäste gekommen“, sagte er.

Neben einer anderen Vorstellung von Kutil am morgigen Donnerstag im Salzlandtheater wird die Wienerin beim nächsten Operettensommer 2018 wieder zu sehen sein. Wenn sie nicht bis dahin ein Buch geschrieben oder ein weiteres Stück inszeniert hat.