BerufsbildungSchwarze Schifffahrt?

Die Berufsbildende Schule in Schönebeck hat ihre Türen geöffnet. Schulklassen konnten einen Einblick in die Berufswelt bekommen.

Von Jörn Wegner 24.02.2017, 00:01

Schönebeck l Duisburg oder Schönebeck – mehr Auswahl gibt es nicht. Zumindest für angehende Binnenschiffer, die nach einer Berufsschule für ihren Ausbildungsgang suchen.

Die Ausbildung zum Binnenschiffer ist wohl das Exotischste, das die Berufsbildende Schule (BBS) Schönebeck im Angebot hat. Am Mittwoch öffnete sie ihre Türen, vor allem, um Schulklassen Einblick in das Lehrangebot zu gewähren. „Wir sind eine außergewöhnlich starke Klasse“, sagt Claudia Penners. Die junge Frau lernt selbst im Lehrgang Binnenschifffahrt und soll den Schülern den Beruf näherbringen.

Und der ist ziemlich abwechslungsreich. Wer die Ausbildung erfolgreich abschließt, kann hinterher nicht nur fundiert auf einem Lastenschiff anheuern oder sein Geld mit Flusskreuzfahrten verdienen. Claudia Penners zum Beispiel wird bei der Wasserstraßenverwaltung arbeiten. Ihr Kollege Marcus Rautenberg hat andere Pläne: „Mein Traum ist die schwarze Schifffahrt.“ Die schwarze Flotte transportiert Güter, die weiße Personen. Der Berufsschüler versucht einer Schulklasse den Beruf schmackhaft zu machen: Das Schiff ist ein wichtiger Faktor der Wirtschaft, kein anderes Verkehrsmittel, nicht einmal die Bahn, kann so energieeffizient Güter transportieren. Die Kehrseite: lange Arbeitszeiten, und auch bei schlechtem Wetter geht es an Deck. Beim Saisongeschäft Passagierschifffahrt kommt noch hinzu, dass die Mitarbeiter über den Winter oft entlassen und im Frühling wieder eingestellt werden.

Großen Raum nehmen die sozialen Berufe an der BBS ein. Allgegenwärtig beim Tag der offenen Tür ist der Beruf des Erziehers, besser der Erzieherin.

Denn die Ausbildung ist noch immer vor allem für Frauen attraktiv. „Wir sind froh, wenn wir zwei Jungs pro Klasse haben“, sagt Ralph Jäsche, der Erzieher ausbildet. „Es wird wahrscheinlich immer ein Frauenberuf bleiben.“

Dabei sind vor allem männliche Erzieher gern gesehen, erklärt Jessica Ganzer, selbst angehende Erzieherin. Die Berufsaussichten sind sehr gut, allerdings ist der Einstieg in den Beruf nicht der leichteste. „Man sollte vorher schon etwas Praxis gehabt haben“, sagt die Berufsschülerin. Voraussetzung für den Beruf des Erziehers ist zum Beispiel eine Ausbildung als Sozialassistent, Kinderpfleger oder ein einjähriges Praktikum in einem Kindergarten.

Die Ausbildung des Erziehers, so zeigt der Tag der offenen Tür, ist ziemlich bunt. Auch künstlerische Fähigkeiten gehören dazu. „Man muss ein Instrument lernen“, erklärt Berufsschülerin Stefanie Steingrüber. Mit den Kindern Lieder singen, gehört zum Alltag der Erzieher. Sie lernen daher, auf der Gitarre einfache Akkordfolgen zu greifen, so dass sie später die Kinder begleiten können.

Auf andere Art handfest geht es bei den Mechatronikern zu. Auffällig ist auch hier die ungleiche Verteilung der Geschlechter. „Es sind größtenteils Männer, zu ungefähr 90 Prozent“, sagt Lehrer Joachim Felgenschmidt. Bei ihm können sich angehende Mechatroniker mit Schaltkreisen beschäftigen. Später sollen sie zum Beispiel Installationen in Gebäuden legen. In der hauseigenen Autowerkstatt erlernen die KfZ-Mechatroniker ihre Fertigkeiten. Den ölverschmierten Schrauber sucht man hier vergeblich, stattdessen lernen die Berufsschüler den Umgang mit komplexer Computertechnik.

Was auffällt beim Tag der offenen Tür: Viele jugendliche Migranten wandern durch die Klassen und lassen sich über die Angebote informieren. An der BBS gibt es schon jetzt spezielle Klassen für Einwanderer, in denen die Jugendlichen zuerst einmal die deutsche Sprache erlernen können. Doch die Situation ist nicht einfach, Schuld ist oftmals die deutsche Bürokratie, die die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu einer Herausforderung macht. „Wir haben hier ein Mädchen, das spricht fünf, sechs Fremdsprachen, nur eben kein Deutsch. Sie ist völlig überqualifiziert“, berichtet Claudia Cameroni. Trotzdem muss das Mädchen nun den Hauptschulabschluss nachholen. Fachbereichsleiter Christoph Stahnke berichtet von einem Techniker, der in seiner Heimat selbst schon Lehrlinge ausgebildet hat. In Deutschland muss er noch einmal die Gesellenprüfung ablegen. Grund ist die Nicht-Anerkennung ausländischer Abschlüsse, selbst bei EU-Ausländern ist dies ein Problem.