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Geburtstag Epochale Chronik dank Dieter Engelmann

Der Barbyer Historiker Dieter Engelmann wird 80. Das geschieht unweit von jenem Ort, wo er aufwuchs: In der Bahnhofstraße.

Von Thomas Linßner 23.05.2017, 16:49

Barby l Neben verschiedenen geschichtlichen Fachpublikationen machte sich Dieter Engelmann besonders durch die Herausgabe der „Chronik der Stadt Barby 1900 bis 2000“ verdient, bei der er von dem gebürtigen Barbyer Heinz Ulrich unterstützt wurde. Das 360-seitige Werk schließt im wesentlichen dort an, wo der Chronist Karl Höse vor dem Ersten Weltkrieg endete. (Lediglich Studienrat Ludwig kündigte für 1961 eine solche Weiterführung an. Aus heute unbekannten Gründen wurde sein Werk nie veröffentlicht, das Manuskript gilt als verschollen.)

Engelmanns Vater Karl war Arbeiter, Mutter Martha (geb. Behrendt) Hausfrau. Erstes Interesse für die Barbyer Regionalgeschichte weckte in ihm sein Großvater, der Steinsetzmeister Albert Behrendt, der noch im März 1933 bei der Gemeindewahl für die Kommunistische Partei kandidierte und einen der beiden KPD-Sitze im Stadtrat errang. Wie der heute 80-Jährige seinen Großvater verehrt, zeigt, dass er noch heute sein Grab auf dem Barbyer Friedhof pflegt.

Für die Barbyer Chronik war Dieter Engelmann „Stammkunde“ in der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, die eine umfangreiche Sammlung der „Barbyer Zeitung“ (bis 1899 „Elb- und Saal-Bote“) und des „Barbyer Hauskalender“ besitzt. Daraus ließen sich zeitgenössische Fakten schöpfen. Auch das Barbyer Stadtarchiv, das zwar in einem relativ ungeordneten Zustand ist, lieferte so manchen historischen Fakt. Die Barbyer Hauskalender, die zwischen 1900 und 1938 jährlich im Verlag von Hermann Kropp erschienen, waren weitere gute Quellen.

2010 erschien nach der Chronik des 20. Jahrhunderts ein Nachfolgewerk, das die Niederschriften Barbyer Geschichtsschreiber des ausgehenden 18. und gesamten 19. Jahrhunderts vereint. Das Sammelwerk heißt „Stadt und Grafschaft Barby in alten Chroniken.“ Mit Unterstützung des Sammlers Rüdiger Frenzel folgte 2011 der kleine Bildband „Barby, Bilder von gestern“. Dank Dieter Engelmann konnte die Geschichte der Stadt Barby in den vergangenen hundert Jahren festgehalten werden. Dafür gebührt ihm ein großer Verdienst. Denn überwiegend ist es so, dass die regionale Geschichtsschreibung Anfang des 20. Jahrhunderts endet. Politische Systeme wie die des Dritten Reiches und der DDR waren wenig dazu geeignet, objektive Geschichtsschreibung zu dokumentieren.

Dieter Engelmann wohnt zusammen mit Ehefrau Sigrid in einer kleinen „AWG-Wohnung“, wie alte Barbyer die 60er-Jahre-Blöcke am Bahnhof nennen. Vom Balkon hat man eine schöne Aussicht. Dorthin schwebt das Bim-Bam der Barbyer Bahnhof-Schranke herüber, die sich nur noch bei seltenen Güterzugfahrten bewegt. Die habe er schon als Kind gehört. Der Klang habe sich kaum verändert, so der Geschichtsprofessor. Damals wohnte er nur knapp hundert Meter von der heutigen Zweieinhalb-Zimmerwohnung entfernt. Es war die Zeit, als Züge noch im Stundentakt Barby passierten, rangierten, über die Elbbrücke rasselten. Dieter Engelmann legte 1955 an der Barbyer Friedrich-Engels-Oberschule im „Edelhof“ sein Abitur ab. Gute Erinnerungen hat er an Lehrer Dr. Wilhelm Annecke, der die Fächer Geschichte und Gegenwartskunde unterrichtete. Er sei es gewesen, der das Geschichtsinteresse in ihm verdichtete.

In diese Richtung stellte das Leben dann auch seine Weichen. Der junge Barbyer nahm das Schicksalsangebot an und wurde Lehrerstudent an der Uni Leipzig. Es zeichneten sich für die Zukunft zwei Möglichkeiten ab: Lehrer werden oder an der Uni als Dozent arbeiten. 1961 gelang Dieter Engelmann letzteres: Er wurde wissenschaftlicher Assistent an der Karl-Marx-Universität, promovierte 1965 dort. Nach Dissertation und einem Studienaufenthalt an der Lomonossow-Universität Moskau wurde er 1984 zum ordentlichen Professor berufen. Bis 1992 hielt er in Leipzig Vorlesungen als Historiker. Mit dem Ruhestand zog es Sigrid und Dieter Engelmann 1996 in die alte Heimat zurück. An dieser Stelle beginnt auch die Geschichte der neuen Barbyer Chronik. Wäre das Paar in Leipzig geblieben, gäbe es das Buch nicht.