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KatasterAbweichung von Realität

Fördermittel für den ländlichen Wegebau in Barby? Schwierig: Die Feldwege verlaufen oft nicht dort, wo sie laut Kataster sein müssten.

Von Thomas Linßner 30.09.2016, 19:00

Barby l Zu Beginn der Sitzung stellte Bürgermeister Jens Strube den Antrag, zwei Punkte von der Tagesordnung zu nehmen und in den nächsten Stadtrat zu verschieben. Darin geht es um die bereit gestellten 92.500 Euro Eigenmittel für den Radweg Barby-Pömmelte. Weil die beantragten Landes-Fördermittel nicht kommen, würde das Geld für anderweitig notwendige Investitionen freigegeben werden. Der Bundestagsabgeordnete Burkhard Lischka will einen Gesprächstermin bei Bauminister Webel einfädeln, ob nicht doch noch irgendwo Geld für den Radweg aufgetrieben werden kann. Also soll erst dieses Gespräch abgewartet werden, ehe die 92.500 Euro anderweitig verplant würden. Einen Termin gibt es allerdings noch nicht.

Die Stadtratsmitglieder stimmen diesem Antrag zu. (Um dieses Problem kümmert sich seit Monaten unabhängig davon auch Gunnar Schellenberger; am Mittwoch gibt es dazu ein Gespräch zwischen der Stadt und ihm.)

Danach brachte Projektsteuerer Joachim Stübner die Anwesenden auf den aktuellen Stand der Hochwasserschadensbeseitigung.

Er räumte gleich zu Beginn ein: „Bisher wurden fünf Millionen Euro verbaut. Ich hätte gerne das Doppelte verbaut.“ Dennoch seien von den 263 Einzelmaßnahmen 68 endgültig oder vorfristig beschieden: 24 seien erledigt, 23 im Bau und 93 in Planung befindlich.

Joachim Stübner machte am Beispiel „Ländlicher Wegebau“ deutlich, wie kompliziert die Vorbereitungen sind, ehe sich der erste Bagger dreht. Zwar seien alle Zuwendungsbescheide da, aber sie hätten „aufhebende Frist“. Soll heißen: Werden die Maßnahmen nicht in einem bestimmten Zeitraum begonnen, verfällt das Geld. Da die Wege über mehrere Dutzend Privatgrundstücke verlaufen, müssen die Eigentümer einen „Baugestattungsvertrag“ eingehen. Tun sie das nicht, ist die gesamte Sanierungsmaßnahme in Gefahr. So ist es bei einem Grundstück südöstlich von Barby, bei dem eine Erbengemeinschaft kein grünes Licht gibt. (Problemlos ist es, befinden sich ländliche Feldwege auf kommunalem Eigentum.)

Hinzu komme ein weiteres Problem: Wie Stübner an einem Luftbild deutlich machte, verlaufen die Feldwege oft nicht so, wie sie im Kataster eingezeichnet sind. Streift so ein Weg ein Privatgrundstück gerade mal um 20 Zentimeter, muss mit den Eigentümern verhandelt werden. Das Hochwasser und die damit verbundene Sanierungsaufgaben spülten so manches Ungemach frei, das seinen Ursprung in der DDR-Zeit hat. So „entstand“ bei Lödderitz ein Feldweg, der über ein Dutzend Privatflurstücke verläuft. Da der Fördermittelgeber, in diesem Falle das Amt für Flurneuordnung, Rechtssicherheit verlangt, haben die Kataster-Recherchierer den Kopf voll.

Joachim Stübner konnte sich am Ende seines Vortrags einen Seitenhieb auf Kommentare im Sozialen Netzwerk Facebook nicht verkneifen. Hier hatte jemand zum Sportplatz Barby geschrieben: „... wenn der Bauablauf so weiter geht, hat mein 7-jähriger Sohn sein Abitur in der Tasche, wenn der Sportplatz wieder in Betrieb genommen wird.“ „Das auf dieser Baustelle Zäune, Schrott und belastetes Altholz geklaut wurden, das beim Verbrennen vielleicht Dioxine frei setzt, liest man nirgendwo“, so der Projektsteuerer. Er empfahl Kritikern, sich im Rathaus oder bei entsprechenden öffentlichen Sitzungen vorher zu informieren. Aber diese Möglichkeit werde nur sehr selten genutzt.