1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Auge in Auge mit der Gegenseite

EIL

Asylpolitik Auge in Auge mit der Gegenseite

Die beiden Demos am Sonntag in Stendal blieben friedlich. Die Polizei unterband eine direkte Konfrontation durch Sperrgitter und Fahrzeuge.

Von Bernd-Volker Brahms 27.10.2015, 00:01

Stendal l Als sich am späten Sonntagnachmittag Polizeifahrzeuge entlang der demonstrierenden Menschen auf dem Sperlingsberg formierten, da gab es einiges Kopfschütteln bei den Teilnehmern der Demo „Herz statt Hetze“. „Das habe ich auch noch nicht erlebt, dass wir von der Polizei beschützt werden müssen“, sagt Mitorganisator David Lenard spontan über Megaphon. Mehr als zwei Stunden lang war von rund 500 Menschen friedlich demonstriert worden.

Entlang des Absperrgitters, das die Demonstranten sowieso schon an einer direkten Konfrontation mit den erwarteten Demo-Teilnehmern der Bürgerbewegung Altmark hinderte, wurden die Polizeiwagen platziert. „Das ist eine durchaus gängige Form der Absperrung“, sagte Pressesprecher Marco Neiß gestern. Ob möglicherweise einige Antifa-Leute, die sich unter die Demonstranten gemischt hatten, die Polizei bewogen hatten, diese Form der Abriegelung vorzunehmen, wollte Neiß nicht kommentieren. Die Antifa hatte ein Transparent aufgespannt mit der Aufschrift „Blockieren statt Tolerieren“. Auch zur Anzahl der Polizisten wollte Neiß sich nicht äußern. Nach Volksstimme-Schätzung sind rund 100 Kräfte im Einsatz gewesen.

Beide Demos waren nach Polizeiangaben weitgehend friedlich geblieben. Bei der Bürgerbewegung gab es neben einer Beleidungsanzeige zwei Vorfälle, bei denen Teilnehmer ihre Personalien nicht feststellen lassen wollten. Außerdem war ein Teilnehmer mit Pfefferspray erwischt worden, was gegen das Versammlungsgesetz verstößt. Darüber hinaus musste ein Ordner der Bürgerbewegung aus dem Verkehr gezogen werden, da er stark alkoholisiert war. Ein anderer Teilnehmer urinierte in der Öffentlichkeit, ferner wurde Pyrotechnik während des Marsches verwendet.

Zu den Zahlen der Teilnehmer, die gestern in den Sozialen Netzwerken angezweifelt wurden: Die Polizei hat bei der Bürgerbewegung 210 Teilnehmer auf dem Winckelmannplatz gezählt, wobei sich im Umfeld viele aufhielten, die sich dem Marsch durch die Stadt anschlossen. Dort waren nach Polizeiangaben 370 losmarschiert. Am Ende kamen 330 auf dem Marktplatz an. Auf dem Sperlingsberg hatten sich rund 500 Menschen versammelt, wobei die Veranstalter genau durchgezählt hatten.

„Uns war wichtig, dass beide Seiten ihr Recht auf eine friedliche Demonstration ausüben konnten“, sagt Polizeisprecher Neiß. Dazu habe auch gehört, dass die Möglichkeit bestand, dass beide Seiten sich direkt gegenüberstehend artikulieren konnten. Daher war überhaupt die Gegen-Demo auf dem Sperlingsberg durch den Landkreis genehmigt worden.

„Wir können mobilisieren und waren kreativ“, sagte Linke-Bundestagsabgeordnete Katrin Kunert. „Es war ein großer Erfolg, wir konnten uns kräftig und deutlich abgrenzen zur Gegenseite“, sagte Mitorganisatorin Katrin Reimer-Gordinskaya von der Hochschule. Bei einer Spendensammlung waren 3600 Euro zusammengekommen. Das Geld soll für Begegnungsprojekte genutzt werden.

Von der Gegenseite war keine Stellungnahme zu erhalten. Die Kundgebung war weniger von Stendaler Akteuren bestimmt als von Auswärtigen. So trat unter anderem Martin Knaak ans Rednerpult, der auch bei „Magida“ in Magdeburg federführend ist. Dazu kam Viktor Seibel aus Kassel. Nach Volksstimme-Informationen gab es Teilnehmer aus dem rechten Spektrum aus Gardelegen, Rathenow und Magdeburg. Beim Marsch reihten sich zumindest zwei prominente Stendaler ein, nämlich der Geschäftsführer Bernhard Brauer von der Kreishandwerkerschaft und Ex-Linke-Stadtrat Susann Sommer.