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Wahlskandal In Stendal konnte man sogar doppelt wählen

Offenbar war es bei der Kommunalwahl im Mai 2014 in Stendal bedingt durch den Wahlbetrug möglich, doppelt zu wählen.

27.03.2017, 23:01

Stendal l Es war nur eine Randnotiz, die Staatsanwältin Annekathrin Kelm in ihrem Plädoyer im Wahlfälschungsprozess gegen den ehemaligen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt vortrug – für das Strafverfahren ohne größere Bedeutung, für eine ordnungsgemäße Wahl hingegen schon: Bei der Kommunalwahl im Mai 2014 war demnach in Stendal sogar eine doppelte Wahl möglich.

Nach Recherchen der Ermittler konnte in sieben Fällen am Wahltag im Wahllokal gewählt werden, obwohl dies zuvor bereits zuvor per Brief geschehen war. Demnach hatten sieben Personen ihre Stimmen im Wahllokal abgegeben, von denen die Ermittler entweder eine gefälschte Vollmacht oder einen gefälschten Wahlschein sichergestellt hatten.

Bislang war nur bekannt, dass von zehn Wählern, die am Wahltag wählen gehen wollten, dann die zuvor eingereichten Briefwahlunterlagen im Rathaus aussortiert worden waren. Diese sichergestellten Dokumente waren alle gefälscht und trugen entscheidend zur Überführung von Holger Gebhardt bei. Dass diese zehn Wahlberechtigten mit ihren originalen Wahlbenachrichtigungskarten für die Kommunal- und Europawahl am Wahltag im Wahllokal standen und bei ihnen lediglich für die Kommunalwahl ein Sperrvermerk wegen vorheriger Briefwahl verzeichnet war, hatte die Wahlorganisatoren im Rathaus damals nicht stutzig werden lasen.

Erst nachdem sich mit Florian M. einer der zehn nach Bekanntwerden der Verwaltungspanne von zuviel ausgereichten Wahlunterlagen an zwölf Bevollmächtigte Anfang Juli 2014 bei der Stadt meldete, die Vollmacht als Fälschung identifizierte und dies eidesstattlich versicherte, stellte der damalige Stadtwahlleiter Axel Kleelfedt (CDU) Strafanzeige.

Staatsanwältin Kelm sprach mit Blick auf die reihenweise gerissenen Sicherungssysteme im Rathaus von einem „puren Zufall“, dass die zehn Wahlunterlagen überhaupt aussortiert worden waren: „In sieben Fällen war es nicht so. Hier sind die Unterlagen ins Wahlergebnis eingeflossen.“ Wie konnte es dazu kommen und welche Konsequenzen hat das im Rathaus?

In der Stadtverwaltung hält man sich bei den von der Volksstimme gestellten Fragen wie diesen derzeit zurück. „Da uns bis zum heutigen Tage keine antragsgemäße Einsicht in die Ermittlungsakte gewährt wurde, ist der von Ihnen behauptete Sachverhalt nicht nachvollziehbar“, erklärte Stadt-Sprecher Klaus Ortmann.

Im Rathaus geht man bislang noch „davon aus, dass eine mehrfache Stimmabgabe nicht erfolgt sein kann, da das Wahlergebnis dann rechnerisch nicht korrekt wäre“.