Ehrenamt Der Netzwerk-Mann

Manfred Hain ist das Gesicht des „Netzwerkes Neue Nachbarn“ in Tangerhütte und hat den Volksstimme-Blumenstrauß des Monats April verdient.

Von Birgit Schulze 08.04.2017, 01:01

Cobbel l Manfred Hain ist ein unruhiger Geist, ein Mensch, der gerne lacht, und jemand, der durch Wände geht, wenn es sein muss. Und er hat in eineinhalb Jahren als Sprecher und engagierter Mitwirkender des Tangerhütter „Netzwerkes Neue Nachbarn“ viel erlebt. Er hat mit syrischen Großfamilien in einer kleinen Neubauwohnung getanzt, mit Afghanen Melonen und vieles mehr auf altmärkischem Acker angebaut und er hat Bilder von Kindern geschenkt bekommen, die ihn an viele der schönen Momente erinnern.

Doch es gab auch die anderen Momente. Kräftezehrende Auseinandersetzungen mit Behörden, Ärzten, Nachbarn, aber auch Problemen des täglichen Lebens. Das Netzwerk, das er verkörpert, ist seit September 2015 fest verwachsen, die meisten Helfer von Anfang an dabeigeblieben, bis heute wird durchgängig ehrenamtlich Deutschunterricht in Tangerhütte erteilt – aktuell dreimal pro Woche. „Es gehört schon viel Idealismus dazu, aber wir bekommen so viel zurück“, sagt er.

„Wir“, das sind vor allem Manfred Hain und seine Frau Anke, denn die ist eigentlich die treibende Kraft bei vielen Dingen. So war es auch beim Engagement für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, das Hains zusätzlich in Stendal angenommen haben. Oder beim Verein „Aus einem Guss“. Seit 1999 lebt Manfred Hain in der Altmark, seine Frau Anke stammt aus der Region und kannte die Schätze des Tangerhütter Stadtparkes und angrenzender Industrieanlagen längst.

Manfred Hain sagt: „Ich habe den Park mit dem Wasserfall, das Schloss mit dem Mausoleum und die Industriehallen von Anfang an als etwas ganz Besonderes empfunden.“ Als sich der Verein „Aus einem Guss“ wiederbelebte, war Manfred Hain voller Energie dabei.

Und das ist er auch, wenn es um die Demokratie geht. Bei der jüngsten Gegendemo von „Herz statt Hetze“ in Stendal und bei der Veranstaltung „Kunst für Demokratie“ in Schönhausen stärkte er mit Ehefrau Anke Gleichgesinnten den Rücken. „Es ist Zeit, Flagge zu zeigen“, sagt er mit Blick auf wachsende Anfeindungen gegen Flüchtlinge, aber auch gegen die Helfer.

Ihn und seine Frau, die noch zu DDR-Zeiten aufwuchs und Diskriminierung aus eigener Erfahrung kennt, verbinde ein großer Gerechtigkeitssinn, sagt der Cobbeler. Inzwischen ist Manfred Hain, der eigentlich aus den westlichen Bundesländern stammt, in die Partei „Die Linke“ eingetreten. Weil die besonders im Lokalen am besten zu seinen eigenen Einstellungen passe, sagt er.

Der pensionierte Luftwaffen-Mitarbeiter war auch schon Berater und Trainer und machte einen Internethandel auf – bis die Flüchtlingswelle auch in die Region Tangerhütte schwappte.

Für ihn war klar, dass er vom Moment der Ankunft der ersten Flüchtlingsfamilien bereitstand. Er erinnert sich an Kommunikationsschwierigkeiten der ersten Wochen, ein einfaches, per SMS gesendetes „Help“ rief den Cobbeler auf den Plan. Und er erinnert sich an den Anblick der Kinder aus Syrien und Afghanistan: „Man konnte an ihren Gesichtern ablesen, was sie erlebt hatten.“

Er hat vieles versucht zu ermöglichen, auch wenn er sich selbst manchmal vor große Aufgaben gestellt sah: Als eine seiner Familien auf der Suche nach frischem Grün für die traditionell gefüllten, gekochten Weinblätter war, da überlegte er lange, bis er über seine eigene Weinpflanze im Garten stolperte. Die wurde kurzerhand geplündert und anschließend Hunderte gefüllter Weinblätter zubereitet und eingekocht.

Inzwischen organisiert er mit Ehefrau Anke auch regelmäßige Begegnungskaffee-Runden in Tangerhütte, das Netzwerk plant auch ein festes kleines Café in der Innenstadt einzurichten.

„Ich bin ganz und gar kein Opa-Typ, aber ich arbeite gerne mit Kindern“, sagt Manfred Hain. Und wenn er die Kinder der Tangerhütter Flüchtlingsfamilien heute sieht, die in den Schulen angekommen sind und Freunde gefunden haben, dann geht ihm das Herz auf. „Die Kinder sind alle gut reingewachsen, lachen wieder. Sie heute so zu sehen, ist für uns die größte Belohnung!“