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Gaststätten-Aus Schlusspunkt am Silvestertag

Mit dem Jahresende schloss in Mahlwinkel die letzte historisch gewachsene Dorfkneipe der Region ihre Türen.

Von Birgit Schulze 02.01.2017, 00:01

Mahlwinkel l Viele Freunde und Bekannte aus dem Dorf und Nachbarorten fanden am Sonnabend noch ein letztes Mal den Weg ins Mahlwinkler „Linde Stübchen“ samt Kiosk. Schließlich geht mit Edda Schulle eine echte Institution am Rande der Altmark in den Ruhestand. Und auch ein Stück Familiengeschichte endete am Silvestertag 2016 in Mahlwinkel, denn seit mehr als 90 Jahren war in dem Objekt schräg gegenüber der Kirche ein Geschäft ansässig gewesen – Großeltern und Eltern von Edda Schulle hatten bereits eine Bäckerei mit Verkaufsladen, in dem später auch Eis verkauft wurde.

„Mit Roheis hat meine Mutter damals noch angefangen“, erzählt Edda Schulle. Der Meisterbrief ihrer Mutter Reni Köppe (geborene Judenhan) hängt bis heute in der Gaststube. Edda Schulle selbst erlernte ab 1970 den Konditorberuf, in dem auch die Eis-Eignungsprüfung enthalten war und führte ab 1976 selbständig ihr Eiscafé. Ihr damaliger Mann sei noch mit dem Auto über die Orte gefahren und habe Eis verkauft, aber auch in die Eisdiele nach Mahlwinkel kamen viele Leckermäuler für ihr Eis.

Im Winter, wenn in der eigenen Eisdiele nichts los war, habe sie dann in Magdeburg als Konditorin gearbeitet, erzählt die vierfache Oma. Später wurde das „Linde Stübchen“ zur Dorfkneipe mit Getränkeverkauf und zum Treffpunkt für Menschen aus allen möglichen Orten ringsum.

Seit der Wende wurde es schwieriger, viele Gaststätten ringsum schlossen nach und nach die Türen, Edda Schulle habe immer noch als Letzte durchgehalten, sagen ihre Gäste. Doch das sei nur durch viele Kompromisse, Einsparungen und manchmal auch das Einbinden der ganzen Familie bei der Beschaffung von Ware möglich gewesen.

Mit ihrem Partner Bodo Neugebauer will sich Edda Schulle jetzt mehr Zeit für ihr Privatleben nehmen. „Ich konnte an den Wochenenden ja nie weg, ich war zum Beispiel noch nie beim Burgfest in Tangermünde“, sagt sie. Und auch eine Urlaubsreise zur Tochter Jana in die Schweiz sei schon geplant.

Ihre zweite Tochter, Julia, hatte am Silvestertag mit der ganzen Familie eine schöne Überraschung für Mahlwinkels Gastwirtin Edda vorbereitet: Freunde und Stammgäste aus dem Dorf waren eingeladen und feierten mit ihr den Abschied. „Das ist keine Ente – Edda geht in Rente“ und: „Danke für 40 Jahre Herzlichkeit“ stand auf einem Plakat an ihrem Hoftor.

Für Edda Schulle ist die Zeit hinterm Tresen nun vorbei, die alte Gaststube aber will sie künftig auch mit der Familie und Freunden noch ab und an nutzen, die Gemütlichkeit wird ganz erhalten bleiben. Und mit dem Ruhestand ist das ja nun auch so eine Sache: „Ich werde regelmäßiger die Fenster putzen und Gardinen waschen und ich werde noch ein bisschen mehr Sport machen, ansonsten wird sich gar nicht so viel ändern“, versucht sie ihren inneren Zwiespalt zu überspielen. Denn eine ganze Portion Wehmut sei eben auch mit dabei, räumt sie ein.