1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Unicef in Stendal - das war's

Nach 20 Jahren Unicef in Stendal - das war's

Das Unicef-Team Stendal löst sich Ende Juli wegen Mitgliedermangel auf. Wegbegleiter reagieren mit Bedauern auf diese Nachricht.

Von Nora Knappe 15.07.2016, 01:01

Stendal l Hungerskatastrophen, Wassermangel, fehlende Sanitäreinrichtungen, Kindersterblichkeit, Kinderarbeit, Erdbeben und Dürrekatastrophen, Kinder, die in Kriegsgebieten aufwachsen – über all diese Zustände und Ereignisse, die meist in weiter Ferne von unserem komfortablen Dasein herrschen und passieren, erfuhren die Altmärker vor allem durch die Stendaler Unicef-Gruppe.

Mit Ausstellungen, Informationsständen, Vorträgen und Projekten in Schulen, mit der Adventstombola, der Aktion „Kinder laufen für Unicef“, mit der Unicef-Filmwoche im Uppstall-Kino, mit Grußkartenverkauf und immer wieder kreativen Spenden-Aktionen hat das Stendaler Team auf Not und Leid von Kindern weltweit, aber auch auf Kinderrechte generell aufmerksam gemacht. Unermüdlich. Nun aber hat es damit ein Ende: Wie gestern nach einer entsprechenden Pressemitteilung in der Volksstimme zu lesen war, löst sich die Stendaler Gruppe – die gerade erst im Juni dieses Jahres ihr 20-jähriges Bestehen feierte – zum 31. Juli auf.

Und dieser Termin ist kein Vielleicht, sondern ein Fakt, wie Wolfram Pfeiffer, der Unicef-Regionalbeauftragte Ost, der Volksstimme bestätigt. Durchaus mit Bedauern: „Das ist ein herber Einschnitt. 20 Jahre sind eine beachtliche Leistung für eine kleine lokale Gruppe. Frau Nellessen war mit ihrem Team spitze, vorbildlich vor allem in der Schularbeit.“

Das Stendaler Team, das zur Gründung aus zwölf Mitgliedern bestand und zuletzt noch vier aktive Mitglieder hatte, war eines von 50 lokalen Teams deutschlandweit, die wiederum einer von 97 Arbeitsgruppen in größeren Städten zugeordnet sind. „Die Arbeit dieser regionalen und lokalen Gruppen ist sehr wichtig, denn dadurch geben wir Unicef vor Ort ein Gesicht“, so Pfeiffer. Das deutsche Unicef-Komitee sei das einzige weltweit, das überhaupt mit Ehrenamtlichen arbeitet. „Nur dadurch können wir so stark vor Ort präsent sein, können die Gruppen schnell auf Anfragen von Schulen reagieren und eigene Projekte umsetzen.“

Dass sich das Stendaler Team auflösen würde, sei jedoch absehbar gewesen. „Wir haben seit drei Jahren versucht, einen Nachfolger für die Leitung zu finden“, sagt Pfeiffer, der die Zusammenarbeit mit Sigrid Nellessen als vorzüglich beschreibt und sie selbst im positiven Sinne als Leitwolf der Gruppe bezeichnet. „Und besser ein harter Schnitt jetzt, als dass die Unicef-Arbeit leiden würde, weil die Mitglieder doch nicht so können, wie sie gern wollten.“ Eine Neugründung in einigen Jahren sei ja zudem nicht ausgeschlossen.

Für Sigrid Nellessen, die die Stendaler Gruppe 1996 ins Leben gerufen hat und aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen kann, ist die Auflösung „ein schwerer Schritt“, wie sie der Volksstimme am Mittwoch sagte. „Es fällt allen sehr schwer, aber wenn es nur noch vier Mitglieder sind und sich niemand findet, der die Leitung übernimmt, dann kann die Gruppe auch für Unicef Deutschland kein verlässlicher Partner mehr sein.“ Sie hoffe dennoch, dass Unicefs Anliegen in Stendal und der Altmark – es gibt in beiden Landkreisen kein weiteres lokales Team – nicht aus dem Blick geraten und dass auch Aktionen wie die Tombola und der Lauf für Unicef trotzdem weitergeführt werden.

Den Blick auf die Kinderrechte behält in jedem Fall weiterhin der Verein Kinderstärken, der vielfach mit den Stendaler Unicef-Akteuren zusammengearbeitet hat. „Die Gruppe hat sehr viel Informationsarbeit geleistet, und das alles ehrenamtlich, das können wir kaum auffangen“, schätzt Geschäftsführerin Susanne Borkowski ein. „Aber es ist wichtig, dass wir weiter in den Schulen aktiv sind“, sagt sie und könnte sich vorstellen, auch Studierende über ein Projektstudium einzubinden oder auch intensiver mit dem Kinderschutzbund zusammenzuarbeiten.

Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) gibt gleichwohl die Hoffnung nicht auf, „dass sich vielleicht doch noch Bürgerinnen und Bürger finden, die die Arbeit der Gruppe fortsetzen“. Er bedauert es „zutiefst, dass sich die Unicef-Gruppe Stendal auflösen wird“, sagte er gestern auf Volksstimme-Anfrage. „Die Arbeit der Gruppe war sehr zielführend auf das Kindeswohl orientiert und alle Veranstaltungen hervorragend in der Vorbereitung und Durchführung. Überregional strahlte das soziale Engagement als Botschafter weit über die Grenzen der Hansestadt Stendal hinaus.“