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Theater der Altmark Diese Frau ist kein Traktor

Neu im Ensemble des Theaters der Altmark ist Michaela Fent. Die Österreicherin ist begeistert von Stendal, vermisst aber ihr Lieblingscafé.

Von Thomas Pusch 01.09.2016, 01:01

Stendal l Seit einer Woche ist Michaela Fent in Stendal zu Hause. Die Schauspielerin gehört seit dieser Spielzeit zum Ensemble des Theaters der Altmark. Fast schon klischeehaft findet das Gespräch mit ihr in einem Café statt. „Mir als Österreicherin ist Kaffee sehr wichtig“, gesteht sie, bestellt sich dann aber doch ein Wasser. Mit einer Scheibe Zitrone. „Es ist so schade, dass es in Deutschland nicht Soda-Zitrone gibt, Sodawasser mit Zitronensaft, in Österreich gibt es das fast überall“, bedauert sie.

Erfrischend wie das Getränk ist auch ihr Humor. Als die Unterhaltung auf das Thema falsches Schreiben von Namen kommt, erzählt die Oberösterreicherin, dass ihr Nachname häufig mit „dt“ geschrieben werde, so wie die Firma für Landmaschinen. „Dabei bin ich gar kein Traktor“, meint sie schmunzelnd. Dass aus ihr eine Schauspielerin würde, stand für sie schon als Kind fest. „Ich habe immer gerne auf der Bühne gestanden, unter anderem viel in Chören gesungen“, zählt Michaela Fent auf. Ihre Familie darf man gut und gerne als Künstlerfamilie bezeichnen. Die Mutter hat Gesang studiert, ihre Schwester ebenso, ihr Vater ist Schauspieler, der Bruder auch.

Nachdem sie sich gegen die Oper und fürs Theater entschieden hatte, begann ihre Schauspielausbildung, unter anderem an der Schauspielschule Krauss in Wien. 2007 bis 2008 studierte sie an der Staatlichen Theaterakademie in St. Petersburg. Eine Zeit, die sie sehr geprägt hat. Die russische Seele habe sie sehr begeistert, die Herzlichkeit der Menschen. Und sie stellte eine andere Wertschätzung gegenüber dem Theater fest. Einerseits vonseiten der Studenten, die einen großartigen Zusammenhalt gepflegt hätten. Andererseits auch vom Publikum. Während in Deutschland häufig das Bildungsbürgertum die Mehrheit des Publikums stelle, schien in Russland jeder ins Theater zu gehen. „Und sie bringen Blumen für die Schauspieler mit“, fügt sie hinzu.

Zurück in Österreich bekam sie in Innsbruck ein Engagement im Stück „Verliebt in Ischgl“. Für die Rolle war eine Schauspielerin gesucht worden, die Mitte 20 ist und Russisch spricht. „Das ist genau meine Rolle“, dachte sich die 25-Jährige. Wenig später erhielt sie einen Anruf aus Memmingen, vom Landestheater Schwaben. Sie folgte dem Ruf und blieb – sieben Jahre. Dann war es für sie an der Zeit, weiterzuziehen. Sie bewarb sich bei zahlreichen Bühnen, wurde zum Vorsprechen ans Theater der Altmark eingeladen.

Das war am 9. Dezember, einen Tag später begann der Weihnachtsmarkt. „Das war schade, denn ich liebe Weihnachtsmärkte, vielleicht aber auch ein Zeichen, dass ich wiederkommen muss“, überlegt sie. Das Vorsprechen vor Intendant Alexander Netschajew, Chefdramaturgin Cordula Jung und dem damaligen musikalischen Leiter Jakob Brenner verlief jedenfalls hervorragend, schon wenige Tage später erhielt sie die Zusage.

„Ich muss zugeben, dass ich vorher von Stendal noch nie etwas gehört hatte“, meint sie fast ein wenig beschämt. Allerdings hatte sie vor ihrem dortigen Engagement auch noch nichts von Memmingen gehört. Sie ist aber von ihren ersten Tagen in der Stadt schwer angetan. „Ich werde hier so nett behandelt und hatte nur schöne Erlebnisse mit zuvorkommenden Menschen“, ist sie begeistert. Wieviel Österreich in Stendal steckt, kann sie nach so kurzer Zeit noch nicht beurteilen. Das Stück Österreich in der Hansestadt hat sie noch nicht gefunden, „außer meinem Kollegen Hannes Liebmann“, merkt sie an. Mit ihm wird sie zusammen auf der Bühne stehen, wenn das „Weiße Rössl“ am 24. September, einen Tag nach ihrem 33. Geburtstag, wiederaufgenommen wird.

Dem werde sie den besonderen österreichischen Touch geben, hatte der Intendant bei der Spielzeiteröffnung angekündigt. Wie sehr sie aber ihren heimatlichen Dialekt anbringen wird, überlegt die Neu-Stendalerin noch, schließlich solle das Publikum nicht auf der Strecke bleiben. Denn: „Wenn es ein Miteinander von Schauspielen und Zuschauern gibt“, sagt sie mit verklärtem Blick, „dann wird es magisch.“