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Wahlfälschung Reaktionen auf Ermittlungen zum Wahlbetrug

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Stendaler Wahlbetrug werden in Politik und Verwaltung unterschiedlich diskutiert und bewertet.

Von Thomas Pusch 28.06.2016, 01:01

Stendal l Die fast zweijährigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Stendaler Wahlbetrug sind fast abgeschlossen (Volksstimme berichtete). In mindestens 178 Fällen soll die Wahl vom Mai 2014 gefälscht sein. Ein Stimmungsbild aus Politik und Verwaltung: „Für uns hatten schon die ersten Anzeichen gezeigt, dass die Verwaltung grottenschlecht handelt“, sagte Reiner Instenberg, Vorsitzender der Fraktion SPD/FDP/Piraten/Ortsteile, im Gespräch mit der Volksstimme. Zu klären sei gewesen, wie sehr durch das Geflecht Verwaltung/CDU versucht worden sei, zu vertuschen. „Und das Fatale ist doch, dass es keine Konsequenzen gegeben hat“, klagte Instenberg.

Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) lasse die Verwaltung schleifen, habe keine klare Linie, was sich auch an anderer Stelle zeige. Instenberg denkt dabei an die verstrichene Gewährleistung bei Baumängeln an der Grundschule Nord und die Mängel an der Juri-Gagarin-Grundschule. Und schließlich prangerte er an, dass Schmotz die Situation verharmloste, als die SPD einen Antrag auf Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Axel Kleefeldt eingebracht hatte: „Das Vertuschen und Verharmlosen in der Verwaltung ist schlimmer, als einen Fehler zuzugeben“.

„In den vergangenen zwei Jahren haben wir bereits in verschiedenen Gremien unsere Kritik geäußert“, meinte Joachim Röxe, Vorsitzender der Fraktion Die Linke-Bündnis 90/Die Grünen. Vor allem herrsche in der Verwaltung ein Informationsdefizit, das den Betrug überhaupt erst ermöglicht und ihn erleichtert habe. Seine Fraktion wolle den Betrug aufarbeiten, aber zunächst müsse alles bekannt werden. „Da wir auch Anzeige erstattet haben, sind wir Verfahrensbeteiligte und werden wohl ab Mitte Juli Akteneinsicht nehmen können“, schätzte Röxe.

Hardy Peter Güssau, Fraktionsvorsitzender von CDU/Landgemeinden, wollte sich nach dem Volksstimme-Bericht vom Montag nicht noch einmal zum Gebaren der Verwaltung äußern. „Ich kommentiere das nicht“, fasste er sich kurz. Oberbürgermeister Klaus Schmotz sah auf Volksstimme-Nachfrage die Bewertung bereits abgeschlossen. Es sei sehr bedauerlich, dass es zu dem Fehler kam. Der Fehler in der Verwaltung sei mit allen an der Wahl Beteiligten umfassend ausgewertet worden. Auch an seiner Einschätzung, Kleefeldt sei als Wahlleiter „wenn überhaupt eine leichte Verletzung der Leiterpflicht“ vorzuwerfen, hält er fest. „Der Wahlleiter kann nicht jederzeit jeden Bediensteten der Verwaltung überwachen“, meint Schmotz. Der Fehler sei ohne Zutun und ohne Kenntnis des Wahlleiters erfolgt.

Der hatte nach dem Betrug die politische Verantwortung übernommen, personelle Konsequenzen gab es jedoch keine, die sieht Kleefeldt nicht als erforderlich an. „Verantwortung zu übernehmen bedeutet, dass man zu dem Fehler steht. Seiner Verantwortung gerecht zu werden, bedeutet auch, Fehler zu analysieren und notwendige Veränderungen auf den Weg zu bringen“, beantwortete er eine entsprechende Nachfrage.

Während CDU-Landesvorsitzender Thomas Webel der Staatsanwaltschaft volle Kooperation zugesichert hatte, hat sich Kreischef Wolfgang Kühnel trotz Vorladung noch nicht gegenüber der Staatsanwaltschaft geäußert. Darin sieht er allerdings keinen Widerspruch. „Da gibt es keinen Zusammenhang, ich habe einem Anwalt mein Mandat gegeben, der kümmert sich um die Sache“, sagte er. Der Kreisverband seiner Partei habe der Polizei alle Unterlagen und Medien zur Verfügung gestellt, nichts zurückgehalten.