1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Station in Benneckenstein: Königlicher Besuch im Harz: Was einen preußischen Monarchen in die Region verschlug

Station in Benneckenstein Königlicher Besuch im Harz: Was einen preußischen Monarchen in die Region verschlug

Große Aufregung und Begeisterung herrschte 1805 in Benneckenstein: Der preußische Monarch Friedrich Wilhelm III. zog mit Familie und Hofstaat durch die Stadt. Nur wenig später gab es erneut royale Gäste – diesmal auf der Flucht.

Von Jürgen Kohlrausch 09.03.2024, 14:00
Ganz im Geiste der preußischen Könige: Otto Ließmann zum 20. Stiftungsfest des Gardevereins Benneckenstein, 1932 in der Wildenbach. Die Frauen wollten nicht nachstehen und organisierten sich im Königin-Luisen-Bund.
Ganz im Geiste der preußischen Könige: Otto Ließmann zum 20. Stiftungsfest des Gardevereins Benneckenstein, 1932 in der Wildenbach. Die Frauen wollten nicht nachstehen und organisierten sich im Königin-Luisen-Bund. Archivfoto: Heimatstube

Benneckenstein. - Eintönig der Alltag der Altvorderen, ausgefüllt mit Arbeit und Sorge um den Lebensunterhalt der Familie. Für die in den Werkstätten, Schmieden, Gruben, Eisenhütten oder in freier Natur schuftenden Harzbewohner blieb nur wenig Zeit für Vergnügen. Abwechslung brachten hauptsächlich Kirmes, Schützen-, Oster-, Maien- und Weihnachtsfest. Übertroffen wurden diese Höhepunkte nur dann, wenn eine hohe Herrschaft ihren Besuch anmeldete, was selten genug vorkam.

In diesem Falle war alles im Ort Benneckenstein aus dem Häuschen, vom Schulkind bis zum Veteran. Welch eine Aufregung und Freude herrschte, als es im April 1805 hieß, dass König Friedrich Wilhelm III. nebst Gattin Luise auf einer Reise nach Bayreuth im Harz Station zu machen gedachte.

Von Wernigerode aus wolle Seine Majestät den Brocken besteigen, um über Elbingerode, Benneckenstein und Zorge in Ellrich Nachtquartier zu nehmen. Den Ellrichern wurde dazu die Ehre zuteil, für die standesgemäße Beherbergung des preußischen Königspaares sorgen zu dürfen.

Königlicher Besuch: Wohnen im Rathaus

Eine Ehre, die ziemliche Kopfschmerzen bereiten sollte: Die gewöhnlichen Gasthäuser kamen kaum für eine schickliche Unterbringung der hohen Herrschaften in Frage. Auch keines der überprüften „Privathäuser“ entsprach den königlichen Standards. Was blieb den Stadtvätern übrig, als ihre Ratsräume zur Verfügung zu stellen?

In aller Eile wurden Vorbereitungen getroffen, um dem Rathaus ein einigermaßen wohnliches Ambiente zu verleihen. „Aus allen möglichen Orten, wo reiche, vornehme Familien wohnten, wurden die Einrichtungen zusammengetragen“, heißt es in einer Schilderung des Ellricher Kämmerers. „… ebenso war Hausgeräth und Geschirr für das Schlafzimmer des Königs, für den Speisesaal und die übrigen Säle und Kammern, die dem auf dem Rathhause logierenden Gefolge zur Unterkunft dienen sollten, von allen Seiten herbeigetragen und gefahren worden …“.

Die zur Absicherung abgestellte Bürgerwehr erhielt von ihrem Wachtmeister R. Anweisung: „Meine Herrn und Bürger Werden Ersuchet, bey der An Kunft Seiner Königlichen Majestät Einen auf Zug mit zu machen, und finden sich um 1 Uhr mittags als den 31. May ein … die Flinten Rein geputzet, aber ja nicht geladen und nicht geschossen, Weillen Dieses bei großer Strafe Ver Bothen, und sind so gut und kommen so Viehl als Möglich mit 3 Eckigen Hüthen und guther Kleidung.“

Vorbereitungen in Benneckenstein für hohen Besuch

Auch in Benneckenstein sah man der Ankunft des so hoch verehrten Paares nicht unvorbereitet entgegen. Von „Feststunden erster Ordnung für die Bürger in Benneckenstein“ schreibt der Pastor und von einem festlichen Gewand, das die Stadt angelegt hätte. „Sie hatten girlandenumwundene Masten errichtet, von denen lustig die schwarz-weißen Preußenfahnen im Winde sich blähten, und festlich gekleidet zog alt und jung auf die benannte Chaussee, bis Hurrarufe und Hörnerklang die Ankunft der königlichen Reisewagen meldeten.“

Weiter schreibt der Pastor: „Freudig begrüßt von der jubelnden Volksmenge hielten die Wagen mit dem Gefolge vor dem Amt in der Oberstadt. Amtmann Neumcke begrüßt die königlichen Herrschaften mit warmen Willkommensworten. Freundlich grüßend stiegen die Majestäten im Amt ab, unterhielten sich mit den Standespersonen, und besonders die Königin gewann mit ihrer offenherzigen Liebenswürdigkeit die Herzen aller Benneckensteiner im Sturm. Der Bürger Holzapfel, ein alter Veteran aus dem Siebenjährigen Kriege, der bei den Halberstädter Kürassieren diente, wurde vom König besonders angeredet.“

Zwei weitere Reservisten erhielten ein Geldgeschenk. Königin Luise waren die Sympathien sicher, als sie eine ihr gereichte Saure Milch mit „dankbarem Blick und sichtlichem Behagen“ verzehrte. Die Begeisterung soll kein Ende gefunden haben, noch lange die Hoch-Vivat-Rufe hinter den in Richtung Hohegeiß rollenden Wagen hergeklungen sein.

Flucht vor Truppen Napoleons

An diesem Tag konnten die Harzer nicht ahnen, dass die Hoheiten sie nur wenige Monate später noch einmal beehren würden. Diesmal in umgekehrter Richtung – auf der Flucht vor den napoleonischen Truppen, die dem preußischen Heer am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt die größte Niederlage seiner Geschichte zugefügt hatten.

Die königliche Familie suchte samt Hofstaat eiligst in Königsberg Schutz. Bei den patriotisch gesinnten Benneckensteinern mag der spätere Spottvers über den in den Osten seines Reiches geflüchteten Monarchen „Unser Dämel sitzt in Memel“ sicher auf Ärgernis gestoßen sein.