Nationalpark Harz Wald im Wandel

Der Nationalparkwald im Harz ist stetig im Wandel - durch den Befall mit Borkenkäfern und Umforstung. Neuerdings auch durch Vandalismus.

Von Ingmar Mehlhose 30.08.2016, 01:01

Wernigerode/Ilsenburg l „Immer wieder erregt das Fällen der toten Fichten entlang der Bundesstraßen 4 und 242 Aufsehen“, sagt Sabine Bauling. Sie ist Leiterin des Fachbereichs Waldbehandlung und Wildregulierung der Nationalpark-Verwaltung Harz.

In diesen, meist innerhalb der Naturdynamikzone liegenden Gebieten, werden eigentlich keinerlei forstliche Arbeiten mehr ausgeführt. Prozesse wie zum Beispiel die Entwicklung des Borkenkäfers sollen ungehindert ablaufen können. Die Wernigeröderin: „Eine Ausnahme ist die Gewährleistung der Verkehrssicherung entlang von öffentlichen Straßen.“ Das bedeutet, die durch den Käferbefall abgestorbenen Bäume müssen zeitnah beseitigt werden. Sie verrotten rasch und werden instabil.

Seit Anfang 2016 sind rund 400 Fichten aus allein diesem Grund gefällt worden. Die meisten haben es auf ein Alter von 80 bis 150 Jahre gebracht. Sabine Bauling: „Die ältesten am Oderteich waren etwa 300 Jahre.“

Die Stämme bleiben liegen, weil in der Naturdynamikzone keine Aufarbeitung des Holzes erfolgt. Die Bereichsleiterin: „Wer die Dinge aufmerksam beobachtet, wird noch einen weiteren positiven Nebeneffekt beobachten.“ Im Verhau der gefallenen Riesen entwickeln sich neben den Nadelbäumen auch Ebereschen und andere Laubgewächse. Ungestört, denn das Wild kommt nicht an sie heran.

Sabine Bauling: „Es ist beeindruckend, wie rasch sich die Waldbilder entlang der Straßen verändern.“ Der zunehmende Lichteinfall beschleunigt die Entwicklung und das Wachsen neuen Lebens, natürlichere Strukturen entstehen.

Die Fällungen werden durch eigenes Personal vorgenommen. Acht Forstwirte inklusive Revierleiter gehören zu einer Rotte, wie solch ein Team fachlich bezeichnet wird. Unterstützt werden die Beschäftigten durch einen Unternehmer, der einen Rückeschlepper steuert. Die Verkehrssicherung ist sehr aufwendig und verlangt den Kollegen eine Menge ab. Die Leiterin: „Zum einen durch den Zeitdruck, da die Sperrungen nur befristet sind.“ Andererseits handelt es sich um Arbeiten in schwierigem Gelände.

Doch nicht nur entlang der Straßen nimmt der Nationalparkwald stetig ein anderes Aussehen an. Immer stärker wird die nadelige Monokultur durch Laubgehölze ersetzt. Sabine Bauling: „2014 haben wir 695 000 Buchen gepflanzt, im vergangenen Jahr 500 000 und diesem Frühjahr 200 000.“ Ab Oktober werden noch 500 000 weitere Setzlinge folgen.

Während die Waldentwicklung Anlass zur Freude gibt, wächst in einem anderen Punkt der Verdruss. Die Fachbereichsleiterin: „Wir haben es seit einigen Monaten zunehmend mit Vandalismus zu tun.“ Speziell im Raum Ilsenburg wurden zehn Fälle registriert. Weitere, noch unentdeckte dürften hinzukommen. Betroffen ist unter anderem der Borkenkäferpfad, wo Schilderbäume herausgerissen und zertrümmert wurden.

Kosten pro Stück inklusive Lohn, Fräsen und Transport rund 800 Euro. Anzeige bei der Polizei wegen Sachbeschädigung wurde erstattet. Bisher leider ohne Ergebnis. Sabine Bauling bittet Wanderer deshalb, genauer hinzuschauen und eventuelle Beobachtungen sofort zu melden. Auch im Sinne ihrer Kollegen in der Werkstatt im Drängetal. Die fortwährenden Reparaturen wirken sich negativ auf deren Motivation aus. Außerdem fehlt anderswo eigentlich dringend benötigtes Material.

Und: Ortsunkundige könnten wegen der fehlenden Ausschilderung schnell in eine gefährliche Situation geraten. Sich verirren oder sogar einen Abhang hi-nunterstürzen. Sabine Bauling: „Es heißt zwar, der Wald hat tausend Augen. Hier fehlen uns offensichtlich aber noch ein paar.“